×

Die Glocken, die per iPad läuten

Die goldenen Zeiger am Kirchturm stehen still, die Glocken darin sind verstummt. Bis Anfang August wird der Glockenstuhl der reformierten Kirche in Luchsingen auf den neusten Stand gebracht.

Marco
Lüthi
07.07.17 - 05:00 Uhr
Leben & Freizeit
Schon bald gibt die neue Kirchuhrtechnik auch beim Uhrwerk den Takt vor.
Schon bald gibt die neue Kirchuhrtechnik auch beim Uhrwerk den Takt vor.
MARCO LÜTHI

Knapp 50 Stufen führen über eine schmale Holztreppe unter das steil in den Himmel ragende Turmdach mit dem goldenen Hahn oben darauf. Im darunterliegenden Glockenstuhl gibt es zwischen den alten Holzbalken und den Glocken fast keinen Platz zum Arbeiten. Und dennoch: Zwei Techniker der Glockengiesserei Rüetschi in Aarau haben vor wenigen Wochen drei der vier Glocken abgehängt und auf den Holzboden hinab gelassen. Dabei mussten sie jeweils bis zu 600 Kilogramm Gusseisen bewegen. Zuvor haben die Monteure die Klöppel im Glockeninneren entfernt. Diese werden allesamt durch neue ersetzt.

Entfernt wurden zudem die Aufhängevorrichtungen die für den nötigen Schwung der Glocken sorgen. Sie werden in Aarau gewartet. Damit sie aber überhaupt dorthin gebracht werden konnten, mussten die schweren Teile zusammen mit den Klöppeln aussen am Kirchturm per Seilwinde hinabgelassen werden.

Heli am Kirchturm im Einsatz

Vor zehn Jahren hat die reformierte Kirchgemeinde Grosstal an ihren Gebäude eine Bestandesaufnahme aller anstehenden Sanierungen der Kirchturmtechnik machen lassen. Und so die Dringlichkeit der Arbeiten festgelegt. Der Luchsinger Glockenstuhl ist nun als letztes Projekt dieser Liste dran.

«Insgesamt hat die Kirchgemeinde in den vergangenen fünf Jahren rund eine halbe Million Franken in neue Kirchenturmtechnik investiert», sagt Otto Wyss. Er ist Kirchenrat und zuständig für den Unterhalt der acht Gebäude der Kirchgemeinde Grosstal in Braunwald, Betschwanden, Linthal und Luchsingen. In letzterem Dorf wurden vor zwei Jahren Malerarbeiten gemacht, ebenfalls am Kirchturm. Die Schallläden, die den Glockenklang nach aussen leiten, bekamen einen neuen Anstrich. Dafür mussten sie zuerst per Seilwinde entfernt werden. Doch um sie wieder zu montieren, waren ganz andere Methoden nötig, wie Wyss erzählt: «Weil es um die Kirche herum keinen Stellplatz für einen Pneu-Kran gibt, musste der Heli bestellt werden.»

Der Computer übernimmt

Die aktuelle Sanierung im Luchsinger Gotteshaus wird laut dem Kirchenrat mehrere Zehntausend Franken kosten. Inbegriffen ist auch ein neues Computer-System, mit dem einen grossen Teil der Kirchentechnik automatisiert wird. Künftig werden in Luchsingen die Uhren, die Glocken, die Lautsprecher, das Licht und die Eingangstüre über ein iPad gesteuert.

Zu einem späteren Zeitpunkt soll auch die Heizung im System integriert werden, um Heizkosten zu sparen. «Das System rechnet beispielsweise im Winter aus, wann die Heizung vor einem Gottesdienst zu heizen beginnen muss, bis die 18 Grad Raumtemperatur erreicht sind», erklärt Wyss. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Anfang August werden die Monteure aus der Werkstatt in Aarau nach Glarus Süd zurückkehren, um die revidierten Aufhängungen, die neuen Motoren, die Klöppel und das neue Gebäudesystem zu installieren. Damit bald wieder die Zeit und die Glockenklänge in Luchsingen Einzug halten.

Marco Lüthi ist Redaktor und Produzent bei den «Glarner Nachrichten» in Ennenda. Mehr Infos

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Leben & Freizeit MEHR