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Goa-Party-Hochburg – Bündner Suchthilfe schlägt Alarm

Aus aller Welt strömen im Sommer Menschen nach Graubünden, um eines der beliebten Goa-Festivals zu besuchen. Im Gepäck haben einige Besucher aber auch verbotene Substanzen.

Patrick
Kuoni
24.05.17 - 12:43 Uhr
Leben & Freizeit
Boris Quednow,  Sebastian Kirsch und Susanna Gadient (von links) bei der Präsentation des Suchtberichts 2017.
Boris Quednow, Sebastian Kirsch und Susanna Gadient (von links) bei der Präsentation des Suchtberichts 2017.
YANIK BÜRKLI

In den letzten Jahren hat sich Graubünden immer mehr zu einem Mekka für Goa-Fans entwickelt. Inzwischen gehören die Partys mit elektronischer Musik im Kanton gar zu den grössten in ganz Europa. Unter anderem in Rona, Zernez, Lostallo und Filisur fanden mehrtägige Partys statt, bei denen viele Personen eine Zeit lang der Realität entfliehen wollen.

Doch nicht selten wird dieser Flucht aus dem Alltag mit verschiedenen Substanzen nachgeholfen. Dies hält die Suchthilfe Graubünden in ihrem am Dienstag vorgestellten Jahresbericht fest. Die Rede ist dabei nicht von Alkohol oder Cannabis, sondern von sogenannten Partydrogen wie Amphetaminen, Kokain oder Ecstasy.

«Wir wollen mit diesem Bericht zum Thema Partydrogen eine öffentliche Debatte anregen.»

Das Thema Partydrogen steht darum im aktuellen Jahresbericht besonders im Fokus. Gemäss der Präsidentin der Bündner Suchthilfe, Susanna Gadient, wolle man mit dieser Fokussierung auf das Thema die Leute darüber aufklären, welche Drogen an diesen Goa-Partys konsumiert würden und welche langfristigen Folgen dies für die Betroffenen haben könnten. «Wir wollen mit diesem Bericht zum Thema Partydrogen eine öffentliche Debatte anregen», erklärte Gadient.

Schnellster Weg zum Rausch

Um diese Debatte zum Laufen zu bringen, wurden darum zwar im Bericht einerseits die Risiken des Konsums von Partydrogen aufgezeigt, anderseits kommen aber auch Partygänger zu Wort.

So zum Beispiel ein 23-jähriger Bündner Schreiner, der 2016 bereits zum dritten Mal am viertägigen Goa-Festival «One Love» in Filisur dabei war und dabei unter anderem Ecstasy konsumierte. Er vergleicht im Bericht sein Gefühl während des Drogentrips mit dem eines Marathonläufers. Mit dem Unterschied, dass dieser einen grossen Aufwand betreiben müsse, um auf legale Weise zu solch einem Rausch zu kommen. Er nehme darum lieber die Abkürzung und könne dann sofort zu den Rhythmen der Musik abtanzen. Er sei sich aber auch des Risikos bewusst, welches der Drogenkonsum an solchen Festivals mit sich bringe. Die Festivalcommunity schaue aber aufeinander. Er schaue ausserdem auch auf die Menge, welche er konsumiere. «Wer denkt, dass er sich gleich am ersten Abend die Kante geben muss, der hat den Sinn eines solchen Festivals nicht verstanden», meint der junge Schreiner.

Testergebnisse als Prävention

Der Langzeitfolgen wirklich bewusst sind sich aber trotzdem die wenigsten Menschen, wie der Forscher an der Universität Zürich, Boris Quednow, anlässlich der gestrigen Medienkonferenz erklärte.

Quednow führte im Rahmen seiner Forschungen in den letzten Jahren regelmässig Tests mit Partydrogen-Konsumenten durch und besprach diese Ergebnisse dann mit den Testpersonen. Dabei sei den Probanden aufgezeigt worden, was die längerfristigen Folgen eines regelmässigen Konsums von Partydrogen seien, wie Quednow sagt. So erreiche zum Beispiel ein Maturand, der eine oder mehrere Partydrogen konsumiere, bei Merkfähigkeitsübungen meist Ergebnisse, die unter dem Durchschnitt liegen.

Die Besprechung der Testergebnisse sei darum in vielen Fällen die wirksamste Prävention, hält Quednow fest. Es habe auch Personen gegeben, die danach komplett auf den Konsum von Partydrogen verzichtet hätten.

Abstinenz kann viel bewirken

Quednow sieht für diese Aussteiger durchaus Hoffnung. Forschungen hätten gezeigt, dass bei einer längeren Abstinenz vor allem bei moderatem Konsum die Schäden reparabel sind. Er hält aber auch fest, dass es trotzdem keine Garantie gebe.

Besonders heikel sei jedoch der Konsum bei Minderjährigen. Bei Jugendlichen unter 18 Jahren sei auch bei einer längeren Abstinenz keine Verbesserung der verlorenen Fähigkeiten festgestellt worden. Kinder und Jugendliche müssten darum besonders auf die Gefahren aufmerksam gemacht werden, wie Quednow sagt.

Patrick Kuoni ist Redaktor und Produzent bei Südostschweiz Print/Online. Er berichtet über Geschehnisse aus dem Kanton Graubünden. Der Schwerpunkt seiner Berichterstattung liegt auf den Themenbereichen Politik, Wirtschaft und Tourismus. Wenn er nicht an einer Geschichte schreibt, ist er als einer der Tagesverantwortlichen für die Zeitung «Südostschweiz» tätig. Patrick Kuoni ist in Igis (heutige Gemeinde Landquart) aufgewachsen und seit April 2018 fester Teil der Medienfamilie Südostschweiz. Mehr Infos

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