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Uznerin hütet Kinder aus aller Welt

Sonja Kamer-Kühne sorgt für Rind und Kind. Früher lebte sie in Uznach und spielte bei der Musikgesellschaft Schmerikon Saxofon, heute betreut sie auf ihrem Bauernhof an der Goldküste Kinder von Prominenten.

Milena
Caderas
07.05.17 - 10:00 Uhr
Leben & Freizeit
Die «Heugümper» liegen ihr am Herzen: Sonja Kamer-Kühne und «ihre» Kinder verbringen die meiste Zeit draussen – auch bei Regen.
Die «Heugümper» liegen ihr am Herzen: Sonja Kamer-Kühne und «ihre» Kinder verbringen die meiste Zeit draussen – auch bei Regen.
MILENA CADERAS

An diesem Morgen hat Sonja Kamer-Kühne mit ihren Spielgruppen-Kindern Salzigel gebastelt. Anton möchte seinen Igel unbedingt mit nach Hause nehmen. Kamer bleibt nichts anderes übrig, als ihm mehrfach ruhig und mit jedem Mal noch nachdrücklicher zu erklären, das Ergebnis des Bastelmorgens müsse erst trocknen.

Immer mit einem Lächeln

Es regnet und ist kalt. Meistens ist Kamer mit den «Heugümper»-Kindern draussen. Wegen des schlechten Wetters wird heute zum Abschluss drinnen gespielt. Familie Kamer hat einen Teil des Stalls, der zu ihrem Hof in Herrliberg gehört, zu einem Spielgruppenzimmer umgebaut. Die Buben und Mädchen rennen wild im Kreis herum. Die Leiterin lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und lacht fröhlich.

Die Zeit ist um: Die Gruppe verabschiedet sich mit einem Lied.
Die Zeit ist um: Die Gruppe verabschiedet sich mit einem Lied.
MILENA CADERAS

Aufgewachsen ist Sonja Kühne, wie sie damals noch hiess, in Uznach, in einem Einfamilienhaus am Haselgässchen. Die Nähe zur Kreuzkirche und damit zu den Uzner Störchen bot Nachteile. «Die Störche haben regelmässig auf unsere Kleider geschissen, die zum Trocknen auf der Wäscheleine im Garten gehangen haben,» sagt sie. Kamers Bauernhof-Spielgruppe «Heugümper» in Herrliberg geht mittlerweile ins zehnte Betriebsjahr. Acht bis zehn Kinder betreut sie an Wochentagen. Und am Mittag wird gegessen – und zwar «das, was auf den Tisch kommt».

Internationale «Heugümper»

Als Mutter von drei Kindern und Spielgruppenleiterin hat sie gelernt, die Bedürfnisse des Nachwuchses zu respektieren. Die Kinder können sich zurückziehen, wenn sie keine Lust haben, selber kreativ zu werden oder sich an gemeinsamen Aktivitäten zu beteiligen. Die meisten der Bauernhof-Spielgruppenkinder stammen aus vermögendem und nicht selten bekanntem Elternhaus – viele haben ausländische Abstammung.

Die Störche haben regelmässig auf die Kleider im Garten geschissen.

Seit zwei Jahrzehnten lebt die Uznerin nun schon in Herrliberg. Mit der Goldküsten High Society kommen sie und ihr Mann jedoch «nöd immer z gang». Einige seien zwar ganz nett. Damals, in Schmerikon, absolvierte Kamer eine Ausbildung als Charcuterie-Verkäuferin. In der Freizeit musizierte sie. Ihr Instrument war das Saxofon. Nach der Lehrabschlussprüfung nahm sie eine Stelle in Küsnacht an, wo sie ihren späteren Mann Daniel kennenlernte.

Kinder lernen von den Tieren

Wegen Daniel verliess sie ihre Heimat Uznach endgültig. Ihr neues Zuhause sollte die Goldküste werden. Seit 20 Jahren leben die beiden mittlerweile auf Daniels 14 Hektar grossem Hof oberhalb von Herrliberg. «Um von der Landwirtschaft zu leben, ist das zu klein», erklärt Kamer. Trotz dieser Schwierigkeiten hielt die Familie am Bauernhof fest.

Fünferpack: Die Familie von Sonja Kamer-Kühne ist glücklich oberhalb des Zürichsees.
Fünferpack: Die Familie von Sonja Kamer-Kühne ist glücklich oberhalb des Zürichsees.

Um sich ihre kleine Kinder-Bauernhof-Welt zu erhalten, arbeitet Kamer hart. Sie steht jeden Morgen um fünf Uhr auf. Dann versorgt sie die Kleintiere im Stall. «Es wird nie langweilig.» Kamer sieht überall Arbeit, packt sofort an. Manchmal sei sie nach so einem Spielgruppentag schon so geschafft, dass sie sich zuerst einmal hinlegen müsse für eine kleine Siesta. Manchmal gönnt sie sich etwas Besonderes. «Man muss auch zu sich selber schauen», hat sie gelernt. Vor Kurzem hat sie sich einen grossen Traum verwirklicht und mit ihren Töchtern eine Mittelmeer-Kreuzfahrt unternommen.

Seesicht als Konstante

Treu geblieben ist sie praktisch ihr ganzes Leben lang dem Zürichsee. «Ich mag den See wahnsinnig gern.» Er sei eine wichtige Konstante in ihrem Leben. Nichtsdestotrotz ist Kamer überzeugt, jeder und jede müsse sich ständig weiter entwickeln. Auch wenn beim Gedanken an die Heimat Wehmut aufkommt. Noch in Uznach zu leben, kann sie sich nach all den Jahren an der Goldküste aber nicht mehr vorstellen. «Wäre ich noch in Uznach, hätten meine Kinder die gleichen Lehrer gehabt, wie ich damals.»

Im Moment habe ich ganz lässige Kinder im Kindergarten.

Trotzdem ist  Uznach ist in Sonja Kamers Leben nach wie vor sehr präsent, nicht nur wegen der Eltern. Sie hängt an der Heimat, muss aber zugeben, dass sie das letzte Klassentreffen im Städtli verpasst hat. Aber bei den früheren Zusammenkünften sei sie dabei gewesen. Über Facebook und durch persönliche Kontakte mit Verwandten und Bekannten hält sie sich gerne und regelmässig über die alte Heimat auf dem Laufenden.

Von den Kleinen lernen

Die Ideen gehen Kamer nicht aus. Inspiration komme von vielen Seiten. Natürlich lerne sie immer wieder auch von den Kindern. Jeden Tag. Zum Beispiel in Sachen Direktheit. So habe letzthin ein Bub zu seiner Mutter gesagt: «Du chönsch au wieder mal lache». Kamers wache, von leichten Sommersprossen umrahmten hellblauen Augen strahlen, als sie das erzählt. «Im Moment habe ich wirklich ganz lässige Kinder.»

Kleintiere im Stall: Im Moment gehören Schweine, Wachteln und Hasen dazu.
Kleintiere im Stall: Im Moment gehören Schweine, Wachteln und Hasen dazu.
MILENA CADERAS

Was auch immer noch an Schönem und Spannedem oder an Schwierigkeiten  auf die dreifache Mutter  zukommen möge: Kamer wird sich den Herausforderungen und Widrigkeiten mit Tatkraft und Lebensfreude stellen. Und eben auch mit einem offenen freundlichen Lachen – selbst, wenn es draussen stürmt.

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