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Lichterlöschen für 
die Sternwarte in Lü

Dem Alpine Astrovillage Lü Stailas steht Ende Monat eine Betreibung bevor. 
Falls nicht ein Wunder geschieht, verliert die Val Müstair eine Attraktion.

Corinne
Raguth Tscharner
21.04.17 - 06:00 Uhr
Leben & Freizeit

von Fadrina Hofmann

 

Im Jahr 2010 eröffneten Vaclav und Jitka Ourednik in Lü das Alpine Astrovillage Lü Stailas (AAV). Nun sieht es danach aus, dass sie noch in diesem Jahr von der Val Müstair wegziehen werden. Die Gemeinde droht mit einer Betreibung, falls das AAV bis Ende April nicht die 266 000 Franken zurückerstatten kann, welche die Gemeinde bis heute im Rahmen einer Bürgschaft an Amortisationen bezahlt hat.

 

Eine Bündner Erlebnisperle

 

Eine Bürgschaft von der ehemaligen Gemeinde Lü gegenüber Kanton und Bank machte es vor acht Jahren erst möglich, dass das Ehepaar Ourednik die öffentliche Sternwarte in Betrieb nehmen konnte. Die Bürgschaft betrifft rund eine halbe Million Franken. «Wir bringen die Technik und das Know-how, aber wir haben nicht genug Geld für die Konstruktion des Hauses», gibt Ourednik unumwunden zu.

 

Fast 1000 Besucher hat das AAV pro Jahr. Das Angebot gilt als Erlebnisperle in Graubünden und lockt Wissenschaftler und Gäste aus der ganzen Welt an. Die Kurse in Lü sind laut Ourednik gut gebucht. Um den Wert der Sternwarte für das Tal zu betonen, haben die Tourismusorganisation und die Biosfera Val Müstair im vergangenen Herbst Briefe an die Gemeinde geschrieben. Die Rede war von einem «einmaligen Angebot», von einem «exklusiven Attraktionspunkt» mit «hohem touristischen Potenzial» für das Tal.

 

Auf die Frage, weswegen Lü Stailas dennoch nicht wirtschaftlich betrieben werden kann, antwortet Ourednik: «Das AAV ist ein edukatives Angebot und kein gewinnbringendes Geschäft. Einnahmen von 150 000 Franken im Jahr reichen für den Betrieb, nicht aber für die jährlichen 
57 000 Franken Amortisationskosten».

 

Vor zwei Jahren kam die erste Betreibung vonseiten der Gemeinde. Daraufhin wurde erstmals die Möglichkeit erörtert, dass diese das Haus übernehmen könnte. Die Gemeinde machte Offerten. «Man diskutierte unterschiedliche Preisvorstellungen und zusammen wurde schliesslich ein Konsens gefunden, der jedoch an einer Sitzung des Gemeindevorstands im März abgelehnt wurde», erzählt Ourednik.

 

Laut Gemeindepräsident Rico Lamprecht hätte die öffentliche Hand bei den Forderungen der Hausbesitzer zu viele Schulden übernehmen müssen. Zudem seien die Betreiber der Sternwarte nicht auf Vorschläge eingegangen, wie man diese wirtschaftlicher hätte betreiben können. Diese Aussage dementieren die Ouredniks. Sie sind eher überzeugt, dass es sich um einen langen Interessenkonflikt handelt, was das Haus 
betrifft. Dafür hätten sie auch «klare Indikationen».

 

Neuer Anfang für die Sternwarte

 

Falls bis Ende April nichts passiert, wird die AAV Lü-Stailas AG die Bilanz deponieren, das Haus wird versteigert und das Ehepaar Ourednik zieht mitsamt der Sternwarte weg. Doch das AAV wird mit seinem Programm weiter bestehen. Einen alternativen Standort gibt es bereits. Wo, wird noch nicht verraten. Nur so viel: «Wir bleiben im Kanton Graubünden und unsere Kurse werden ohne Unterbruch weitergeführt.»

 

Ein grosser Vorteil werde sein, dass die Sternwarte unter fast den gleichen Himmelsbedingungen näher an den Leuten sein werde. Der Wegzug ist somit eine Chance für das AAV, weiter zu wachsen. Die Verliererin wird am Schluss die Val Müstair sein. «Wir bedauern, dass wir keine einvernehmliche Lösung finden konnten, denn Lü Stailas ist ein wichtiges Angebot für unser Tal», meint Lamprecht.

Corinne Raguth Tscharner ist stellvertretende Chefredaktorin Online und Zeitung und Chefin vom Dienst bei «suedostschweiz.ch». Zuvor erlernte sie das journalistische Handwerk als Volontärin in vier verschiedenen Redaktionen (Print, Online, Radio, TV) und war als Online-Redaktorin tätig. Mehr Infos

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