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Zu teuer: Glarus zeigt im Ausland kaum Präsenz

Inmitten von Halle 4 der Stuttgarter Urlaubsmesse «Caravan, Motor und Touristik» (CMT) steht ein grosser roter Kubus: der Stand von Schweiz Tourismus.

Südostschweiz
31.01.15 - 01:00 Uhr

Dem Glarner Ernst Jenny, der die Tourismusmesse besucht, sticht dieser natürlich sofort ins Auge. «Aha», denkt er sich, «wollen wir doch mal sehen, was es für Angebote fürs Glarnerland gibt.» Die Ernüchterung folgt auf dem Fusse.

«Die wussten knapp mal, wo Glarus ist», so Jenny. «Doch Ferienangebote hatten sie keine. Dabei gab es am Stand viele Prospekte von den verschiedensten Regionen der Schweiz, auch von kleinen Dörfern.»

Ernst Jenny, der hauptsächlich in Stuttgart im Bundesland Baden-Württemberg lebt, ist nach eigener Aussage Glarner mit vorhandenem «Regionalpatriotismus». Deswegen habe es ihn ziemlich schockiert, dass das Glarnerland an «einer der wichtigsten Tourismusmessen Deutschlands» nicht vertreten war, so Jenny. Zumal der süddeutsche Raum, mit Stuttgart als Zentrum, eine gute Zielgruppe sein könnte.

«Die Leute dort sind sehr Schweiz- affin», erklärt Jenny. «Dazu liegt das Glarnerland praktisch vor der Haustür – ist eines der nächsten Skigebiete.» Ausserdem sei Baden-Württemberg eines der wirtschaftskräftigsten Bundesländer Deutschlands und könne sich die relativ teure Schweiz leisten, so Jenny weiter. «Wenn das Glarnerland irgendwo präsent sein sollte, dann an der CMT Stuttgart», ist er überzeugt. In diesem Jahr besuchten 241 000 Gäste die Urlaubsmesse. Rund 2012 Aussteller priesen ihre Destinationen an.

Roger Zogg, Geschäftsführer von Braunwald-Klausenpass Tourismus, kennt die CMT. Er war mit früheren Arbeitsstellen auch schon auf der Messe, gibt jedoch zu bedenken, dass diese Messeauftritte sehr teuer seien.

Auch Maya Kobi von der Ferienregion Elm kennt die deutschen Messen. «Normalerweise kommt man an diese Messen mit Partnerschaften oder Organisationen wie Schweiz Tourismus», so Kobi. Die Ferienregion Elm, wie auch verschiedene andere Ferienregionen, hätten zwar eine Mitgliedschaft bei Schweiz Tourismus (siehe Box links), damit habe man aber noch keine Leistungen gekauft. Diese kosten alle zusätzlich. Ausserdem bringe ein einzelner Auftritt an einer Messe kaum etwas, erklärt Kobi. «Damit es etwas bringt, ist eine langjährige Marktbearbeitung nötig.» In Leukerbad habe man beispielsweise den norditalienischen Raum bearbeiten wollen und während vier Jahren fast eine Million Franken auf den Markt geworfen. Dies, bevor überhaupt etwas reingekommen sei.

Im Pool des Produktmanagements Glarnerland kommen jährlich etwa 150 000 Franken zusammen (siehe Box unten). Dieser wird aus Kurtaxen und verschiedenen anderen Einkommen aus dem Tourismus gespeist. Es entsteht ein Teufelskreis: Der Tourismus bringt zu wenig ein, um Werbung im grossen Stil zu finanzieren. Und da man nicht im grossen Stil Werbung machen kann, gibt es auch nicht mehr Übernachtungen (siehe unten «Drei Fragen an Sabina Schlosser»).

Das Geld, welches dem Glarnerland für das Tourismusmarketing zur Verfügung stehe, sei nicht vergleichbar mit den Millionen, die beispielsweise das Heidiland habe, erklärt Maya Kobi. Dieses bekomme vom Kanton St. Gallen Geld. «Das Problem ist, dass bei uns auch beim Kanton das Geld fehlt», so Kobi. Ausserdem mache der Tourismus beim Bruttoinlandprodukt des Kantons gerade mal drei Prozent aus. In Graubünden sind es 14 Prozent.

Auch Kaspar Marti, Präsident Glarus Service, betont, dass diese beiden Kantone in Sachen Tourismus nicht vergleichbar sind. Es seien schlicht und einfach ganz andere Dimensionen.

Laut Stefan Elmer von der Standortentwicklung Kanton Glarus ist das Tourismusmarketing nicht Sache des Kantons. «Kantonsmarketing und Tourismusmarketing koordinieren natürlich ihre Massnahmen. Die touristischen Marketingmittel kommen jedoch aus den Regionen selbst», so Elmer. Der Kanton finanziere aber die Produktmanagementstelle, die zugunsten aller Destinationen arbeite.

Die Touristiker des Kantons sind sich darin einig, dass derzeit noch der Grossraum Zürich und die Ostschweiz prioritäre Zielmärkte sind. «Wir müssen hier grössengerecht arbeiten», so Kaspar Marti. «Es ist mir bewusst, dass grosse Hoffnungen und Erwartungen an das Tourismusmarketing geknüpft sind.» Man setze jedoch das wenige Geld, das zur Verfügung stehe, sehr effizient ein.

Roger Zogg schildert, dass selbst in den umliegenden Kantonen das Glarnerland nicht wirklich bekannt ist. «Bevor wir uns ins Ausland wagen, sollte das Glarnerland hier bekannt werden.»

Andreas Neumann von der Wirtschaft- und Tourismusförderung denkt aber auch, dass der süddeutsche Raum durchaus irgendwann ein Thema werden kann: «Gerade mit der zunehmend engen Zusammenarbeit der einzelnen Destinationen und des gemeinsamen Auftritts mit der Dachmarke Glarnerland können sich dort Chancen auftun.» Aufgrund der geografischen Nähe zum Einzugsgebiet Zürich sei das Glarnerland gegenwärtig vor allem auch für Tagestouristen sehr interessant. Mit einer noch engeren Zusammenarbeit, der konsequenten Nutzung von Synergien bei der Vermarktung und einer noch stärkeren Positionierung als Ferienregion könnten weitere Signale über die Grenzen des Glarnerlands hinaus gesendet werden.

Auch Maya Kobi denkt, dass Süddeutschland längerfristig zum Ziel werden könnte. «Wenn wir einen neuen Markt in Angriff nehmen, dann sollte dies definitiv der süddeutsche sein.» Nächstes Jahr ist die Schweiz Gastland an der CMT in Stuttgart. Doch derzeit bleibt es noch abzuwarten, ob das Glarnerland dann dort präsent sein wird.

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