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Was sind denn «starke Gemeinden»?

Die Forderung «Wir brauchen starke Gemeinden» und ähnliche Worthülsen in Zusammenhang mit Strukturreformen kann ich allmählich nicht mehr hören! Diese Begriffe stammen aus der Wirtschaft, und das angestrebte Ziel der «grossen und starken Gemeinden» ist die flächendeckende Zentralisierung.

Südostschweiz
05.03.11 - 01:00 Uhr

Den bisher gut funktionierenden, kleinräumigen und dezentralen Strukturen wird der Kampf angesagt.

Sollen die Schweizer Strukturen den EU-Normen angepasst werden? Soll der Professionalisierungswahn unser Milizsystem schwächen und den Bürgerinnen und Bürgern die aktive Mitwirkung in öffentlichen Belangen entzogen werden? Ist zu viel direkte Demokratie und Autonomie nicht mehr erwünscht?

Die angestrebte Reduktion der Anzahl Gemeinden auf unter 50 ist der falsche Ansatz und wurde vermutlich von Globalisierungsstrategen, die hauptsächlich mit ökonomischen Konzepten operieren, am Schreibtisch ausgedacht. Nur die Grösse einer Gemeinde garantiert noch lange keine Qualität. Dass Gemeinden zu Verwaltungsgebilden mit 3000 bis 4000 Einwohnern zusammengelegt werden sollen, nur um eine sogenannte ideale Grösse zu erreichen, ist absurd. Es darf nicht sein, dass die lebendige Vielfalt unserer Gemeinden durch mit kantonalen Steuergeldern forcierte Fusionen auf einen Schlag beseitigt wird.

Wesentliche Qualitätsmerkmale einer starken Gemeinde sind nicht ihre Grösse, sondern ihre Nähe zur Bürgerschaft, ihr vielfältiges Angebot an Möglichkeiten, aktiv an der Gestaltung des eigenen Gemeinwesens mitzuwirken, und ihre Fähigkeit, den Bewohnern Geborgenheit und Identifikation zu vermitteln. Die kleinräumigen Strukturen unseres direktdemokratischen Systems sind ein historisch gewachsenes Juwel, bewähren sich seit Jahrhunderten und bringen uns Wohlstand und Stabilität. Klein, aber fein ist unsere Stärke!

Rico Calcagnini, Buchen

Zum Artikel «Pro Idioms: Pioniere fürchten ‘Kniefall’» in der Ausgabe vom 9. Februar.

Der oben genannte Artikel hat es auf die Frontseite wie auch auf Seite 3 geschafft. Gibt ein Journalist einem Thema dieses Gewicht, so darf der Leser seriöse, umfassende Recherchen erwarten. Betrifft das Thema das Kindeswohl – und das tut das Rumantsch Grischun in der Schule schwer –, dann umso mehr. Der genannte Artikel erfüllt diese Voraussetzungen in keiner Weise. Die Recherchen sind unzureichend, einseitig.

• Zu Wort kommen nur Personen, die dem Rumantsch Grischun gegenüber positiv eingestellt sind.

• Eltern, die ihre Kinder am besten kennen, die sich zusammen mit ihren Kindern bei den Hausaufgaben abmühen, die von ihren Kindern nach dem Sinn des Erlernens von Rumantsch Grischun gefragt werden, kommen nicht zu Wort.

• Am meisten zu Wort – dann noch warnend – kommt der Schulratspräsident von Laax, Roman Cathomas. Uns ist bekannt, dass dessen Bruder Rico Cathomas Projektleiter der neuen Rumantsch-Grischun-Schulbücher «Puntinas» ist. Die Frage nach der Objektivität des Schulratspräsidenten von Laax sollte Teil der Recherchen eines Journalisten sein.

• Als Korrespondent für diese Region weiss Jano Felice Pajarola, dass Falera und Laax schulische Gemeinsamkeiten haben. Warum wurde in Falera nicht nachgefragt? Wir wissen es.

• Laut Pajarolas Bericht ist auch in Surmir, genauer in Salouf betreffend Rumantsch Grischun alles bestens. War da nicht in der «Südostschweiz» vom 10. Februar ein Leserbrief eines Vaters aus diesem Kantonsteil mit einer sehr kritischen Haltung zum Rumantsch Grischun?

• Der Schulratspräsident von Rueun spielt eine Nebenrolle, wird trotzdem zitiert. Wir haben uns auch gefragt, warum Rueun unter Pioniergemeinden figuriert. Das Warum ist uns klar. So hofft der Autor, seiner einseitigen Haltung mehr Gewicht zu geben.

• In seinem Artikel zitiert Pajarola einen Schulverbandspräsidenten so: «Die Kinder lernen in der Schule die Einheitssprache, und wenn sie nach Hause kommen, reden sie ihr Idiom.» Ach, wie wunderbar, wie leicht, wie einfach! Hat Pajarola nachgefragt, ob der zitierte Präsident selber schulpflichtige Kinder mit Rumantsch-Grischun-Unterricht hat?

• Vielleicht hätte eine Recherche bei der Pro Idioms Pajarola etwas auf- klären können. Die ersten Tabellen mit Beitrittserklärungen zu der Pro Idioms Surselva sind genau aus Gemeinden eingegangen, die er im Hauptartikel als «problemlos und sehr zufrieden mit Rumantsch Grischun» nennt. Komisch, nicht aber verwunderlich, wenn man schmalspurig für eine Doppelseite recherchiert!

Stellvertretend für zahlreiche Eltern schulpflichtiger Kinder aus dem Gebiet: Pia Däscher, Falera; Tresa Deplazes, Schnaus; Thomas Zinsli, Riein; Regula Casutt, Falera; Arno Cadalbert, Rueun; Nevin Arpagaus, Falera; Riccarda Cadalbert, Sevgein; Carmen Dermont, Rueun; Adrian Steiner, Schluein; Remo Dermont, Rueun; Tamara Casutt, Falera; Manfred Dermont, Rueun; Angelica Arpagaus-Scherrer, Laax; Helen Tschuor, Rueun; Rita Duff, Glion; Lia Heini, Siat; Claudine Dermont, Rueun; Ursina Casutt, Falera; Isabelle Knecht, Rueun; Rita Steiner, Schluein; Alexandra Zinsli, Riein; Rosita Janka, Rueun; Daniela Cabalzar, Falera

Man könnte meinen, da ist der Wohlstand ausgebrochen – für gewisse Herren schon, wenn sie Kosten und vor allem Verluste auf die anderen abwälzen, sehen die Bilanzen etwa für Bergbahnen hervorragend aus.

Da Ostern dieses Jahr sehr spät anfällt, haben gewisse Hoteliers, die einen Aus- oder Umbau vorhaben, zusammen mit den Herren Manager und Direktoren der Bergbahnen Motta Naluns, des Tourismus und der Gemeinde Scuol, die das Bad sanieren will, sich geeinigt, die Wintersaison vorzeitig zu beenden. Dies, obwohl der Zeitpunkt dieser Entscheidung rund acht Monate vor der Genehmigung des dafür benötigten Kredits zurückliegt. Auch markant: Die Bautätigkeiten tangieren weder die Bergbahnen noch die Zufahrten zu derselben.

Rücksicht auf die vielen Ferienwohnungsvermieter, Hotels und Pensionen, bei denen das Ostergeschäft zwischen acht und zwölf Prozent des Jahresumsatzes ausmacht, ist da Fehlanzeige. Zusammen mit anderen vom Tourismus direkt oder indirekt betroffenen Geschäften ergibt das ein nicht zu unterschätzender Verlust für die ganze Region, der von den Privaten und KMU zu tragen ist. Kein Entgegenkommen, die Gebühren und Abgaben werden voll verrechnet, obwohl die Leistungen dafür nur teilweise erbracht werden. Solche Praktiken werden normalerweise in diktatorischen Staaten ausgeübt, aber wie man sieht, sind wir im Unterengadin nicht weit davon entfernt.

Duri Pua, Sent

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