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Von Herrinnen, Knechten und Vögten ...

Grossratskollege Jon Domenic Parolini greift mich für eine Meinungsäusserung an, in welcher ich den Zusammenhang zwischen der ALV-Abstimmung und dem Geschäftsgebaren der Ems-Chemie und ihrer Chefin Magdalena Martullo-Blocher aufzuzeigen versuchte.

Südostschweiz
21.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Zum Leserbrief «Das Negativbeispiel der SP – beim Ja bleiben» in der Ausgabe vom 18. September.

Das ist sein gutes Recht.Aufhorchen lässt aber seine Implikation, wonach ich in einer Debatte zum Thema Arbeit und Sozialwerke keine Glaubwürdigkeit hätte, weil ich selbst keine Arbeitsplätze schaffe. Hinter dieser Meinung steckt ein sonderbares, fast schon feudalistisches Wirtschafts- und Politikverständnis. Da gibt es einerseits die gnädigen Herrinnen und Herren Konzernchefs, die in ihrer unendlichen Güte bereit sind, Arbeitsplätze zu schaffen. Und andererseits gibt es die Knechte, die in unendlicher Dankbarkeit für die geschaffenen Arbeitsplätze den Mund zu halten haben. Wehe die Knechte würden so frech, zum Thema Wirtschaft etwas zu sagen! Wehe ein Knecht würde sich erdreisten, darauf hinzuweisen, dass die Herrinnen und Herren ihren Reichtum nur dank der Arbeit der Knechte erlangen konnten! Ob dieser Dreistigkeit muss der mit den Herrinnen und Herren loyale Vogt aus Scuol einschreiten, um den frechen Knecht zurechtzuweisen ...Ja, lieber Jon Domenic, dieses Bild ist überspitzt, übertrieben und nicht wirklich ernst gemeint. Das Thema an sich scheint mir aber sehr ernst. In einer demokratischen Auseinandersetzung ist keiner Herr, keiner Knecht und keiner Vogt. Man begegnet sich auf Augenhöhe. Und dabei zählt eben nicht der (Berufs-)Stand des Sprechenden, sondern sein Argument.In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass Parolinis Aussage, wonach bei einer Ablehnung der ALV-Vorlage am 26. September nicht einmal das Solidaritätsprozent für die Einkommen zwischen 126 000 und 315 000 Franken erhoben würde, schlicht falsch ist. Das Solidaritätsprozent wird in jedem Fall erhoben. Das sieht das geltende Recht vor. Aber nur bei einem Nein erhalten wir die Chance, dass das Parlament über die Bücher geht und in einer neuen Vorlage nicht die wichtigen Leistungen kürzt, sondern auch die «Herrinnen und Herren» zu einem gerechten Beitrag für die Sanierung der Arbeitslosenversicherung bittet.

Jon Pult, Präsident SP Graubünden, Chur

Zum Bettagsmandat von Regierungspräsident Claudio Lardi in der Ausgabe vom 18. September.

Ich habe den Artikel unseres Regierungspräsidenten Claudio Lardi über den Dank-, Buss- und Bettag gelesen, doch ich vermisse einiges!Wenn Regierungspräsident Lardi von Dankbarkeit spricht, so darf er ruhig sagen, dass wir zuallererst unserem Gott Dank schulden und nicht in erster Linie den Menschen! Wenn er über Busse nachsinnt, so kann ich mich auch hier des Eindrucks nicht verwehren, dass er auch hier den Bezug nur auf weltlicher Ebene herstellt. Und um wachsen zu können, brauche ich nicht in erster Linie den Austausch mit Menschen, sondern die Beziehung und das Gebet zu meinem Gott, von dem ich alles erhalte!So verstehe ich diesen Dank-, Buss- und Bettag.

Familie Matthias Prinz, Samnaun-Ravaisch

Zum Leserbrief «Gedanken einer Sportlerin zur Jagd» in der Ausgabe vom 13. September.

Marion Theus aus Klosters mag weder die Jagd noch Jäger. Das ist ihr gutes Recht. Aus dem Leserbrief spricht leider ein grosses Unwissen, was objektive Daten zu Wild und Jagd in Graubünden angeht. Dies kann nicht unkommentiert stehen gelassen werden.Die Autorin bedauert, dass «ganze Familienstrukturen auseinandergerissen werden». Dazu ist zu sagen, dass je nach Jahreszeit und Art unsere jagdbaren Wildtiere in verschiedenen Formationen leben: Gämsen bilden mehrheitlich Rudel von 20 bis 40 Tieren, ältere Böcke und Geissen leben allein oder in ganz kleinen Verbänden. Hirschwild trifft man ebenfalls in Rudeln an, die vornehmlich aus mittelalterlichen Stieren und allenfalls säugenden Kühen bestehen, Stiere und säugende Kühe sind jedoch häufig auch alleine anzutreffen. Rehe sind notorische Einzelgänger. Was aber keines dieser Tiere hat, ist eine mit dem Menschen zu vergleichende Familienstruktur, die demzufolge auch nicht zerstört werden kann.Theus ist zudem der Meinung, dass «viele Tiere nur angeschossen und verletzt werden und unter Umständen unter furchtbaren Schmerzen verenden müssen». Tatsächlich kann ein nicht tödlicher Schuss vorkommen. Für jeden Jäger ist das eine grosse Belastung. Er ist aber von Gesetzes wegen verpflichtet zur Nachsuche, wenn nötig mit einem Hundeführer. Dass Jäger verletzte Tiere sich selbst überlassen, ist eine infame Unterstellung. Die Nachsuchen sind in den meisten Fällen erfolgreich.Theus ist der weit verbreiteten Meinung, «die Wildbestände regulieren sich selber, wenn man die Natur nur machen liesse». Seit in Graubünden eine gut regulierte Jagd stattfindet, ist die Zahl der vor allem in strengen Wintern verendeten Wildtiere stark zurückgegangen. Die Wildbestände müssen, damit es keine Hungertoten gibt, an die Zeit mit dem mindesten Futterangebot angepasst werden. Gleichzeitig sind die Schäden an Wald und Feld dramatisch zurückgegangen, und die Abschusszahlen konnten sich auf einem guten Niveau einpendeln.Dem Wildtierschutz ist nicht gedient, indem man die Tierbestände einfach sich selbst überlässt. Denn das ursprüngliche regulierende Ökosystem im Grosstierbereich ist definitiv gestört, seit Bär, Wolf und Luchs verschwunden sind. Die Siedlungen und Verkehrswege sowie die Freizeitaktivitäten in der Natur sind die grössten Eingriffe des Menschen, denn sie drängen das Wild auf relativ engen Raum zurück. Diese Situation macht eine genaue Wildbeobachtung, Regulierung mittels Schutz (Wildruhezonen und Wildasyle) und Abschusseingriffe unabdingbar. Nur auf diese Weise haben wir weiterhin so schöne und gesunde Wildbestände. Nicht von ungefähr hat die Bündner Jagdplanung internationale Beachtung gefunden.

Thomas Wieland, Chur

Zum Artikel «Bundesratswahlen 2010: Wer gewinnt – Kopf oder Bauch?» in der Ausgabe vom 17. September.

FDP-Nationalrat Tarzisius Caviezel will bei der kommenden Bundesratswahl: «Intensiv in mich hineinhören, denn Kopf und Bauch sind genau gleich wichtig!» Bei allem Verständnis für das Ablenkungspotenzial solcher intensiven «Bauchreflexionen» sollte der Kopf des Parlamentariers nicht gerade alle politisch relevanten Fragen ausblenden.Der Beitrag sollte nochmals geschrieben werden und etwa erläutern: n ob die FDP-Kandidatin der Ostschweiz seine Unterstützung kriegt;• ob die FDP den/die Bundesrat/rätin wieder zurückzieht, wenn die Partei nach den nächsten Wahlen hinter die CVP an vierte Stelle zurückfällt;• ob die FDP wirklich Anspruch auf einen zweiten Sitz hat oder eher die Grünen auf einen ersten Bundesratssitz, und nicht zuletzt;• wann die FDP den Anspruch der wählerstärksten Partei (SVP) auf einen zweiten Sitz zu anerkennen gedenkt? Zur Erinnerung, die Grünen portieren Brigit Wyss (Solothurn), die SVP Jean-François Rime, Freiburger Unternehmer.

Fadri Gottschalk, Strada

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