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Unis müssen Prestige-Denken ablegen

Manchmal muss die Politik sich einschalten, damit sich in eingefahrenen Systemen etwas ändert. So auch beim universitären: Heute besetzen meist ausländische Professoren mit ihrem mitgebrachten Staff die Lehrstühle.

Südostschweiz
04.12.14 - 01:00 Uhr

Von Rinaldo Tibolla

Den Nachteil dieses Systems tragen viele Postdocs. Das sind jene, die nach dem Doktortitel an den Universitäten wissenschaftlich arbeiten, aber keine Chance erhalten, Professor zu werden. Kommen sie schliesslich mit 45 Jahren aus diesen Strukturen heraus, sind sie für die Wirtschaft oft auch nicht zu gebrauchen. Den Unternehmern haben sie zu wenig praktische Erfahrung, sind zu spezialisiert und überqualifiziert. Dieser Ressourcenverschleiss ist in einer Phase, in welcher die Politik nach inländischen Fachkräften hächelt, alles andere als logisch. Mit der Erhöhung der Assistenzprofessuren und der Reduktion der Postdoc-Stellen könnte dem entgegengewirkt werden. Sie erhalten eine bessere Aussicht auf eine Professur und damit eine sichere und unbefristete Stelle.

Aber gerade die steilen Hierarchien an den Hochschulen mit wenigen Professuren haben dafür gesorgt, dass die Schweiz «Leuchttürme» beherbergen kann. Mit der Rekrutierung der besten Wissenschaftler aus aller Welt kämpft die Schweiz um die weltweite Spitzenposition in der Forschung. Die Ansprüche müssten also bei einem Systemwechsel wohl heruntergeschraubt werden. Klar haben die Universitäten daran kein grosses Interesse. Der Bundesrat hat den Handlungsbedarf erkannt und will ein Anreizprogramm für Schaffung von Assistenzprofessuren prüfen. Wenn nun auch noch der Ständerat weiter Druck ausübt, ist die Chance grösser, dass die Universitäten ihr Prestige-Denken ablegen.

rtibolla@suedostschweiz.ch

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