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Simon Kindschi: Mehr als nur der «Schatten» des Vorbilds

Simon Kindschi ist der Aufsteiger des HC Davos. Der 18-jährige Verteidiger hat sich aus dem «Nichts» einen Fixplatz beim Stammklub erkämpft. Erst eine Handverletzung stoppte ihn vor einem Monat. Heute steht er vor dem Comeback.

Südostschweiz
12.12.14 - 01:00 Uhr

Von Kristian Kapp

Eishockey. – Simon Kindschi überrumpelte Mitte September fast alle in und um den HC Davos. Der 18-jährige Verteidiger schien bei den Junioren fix eingeplant. Auch im offiziellen HCD-Kader auf der vereinseigenen Homepage suchte man seinen Namen vergebens. Und doch war Kindschi beim Saisonauftakt im NLA-Team dabei. Auch er selbst war baff: «Zwei Tage vor dem Spiel sagte mir Arno, dass ich beginnen würde. In der Vorbereitung hatte nicht viel darauf hingedeutet.» Und da war mehr. Trainer Arno Del Curto setzte Kindschi neben seinem Abwehrchef Félicien Du Bois im ersten Verteidigerpaar ein. Und das wirklich Unerwartete: Er behielt diese Rolle, bis er sich Anfang November an der Hand verletzte. Kindschi staunt: «Wenn mir das jemand vor einem Jahr gesagt hätte …»

Heute wohl das NLA-Comeback

Kindschis Verletzung kam zur Unzeit. Nachdem Del Curto seine Eiszeit zunächst dosiert hatte, wuchs Kindschi immer mehr in eine Fixrolle hinein, mit dem Heimspiel gegen Genf als Höhepunkt, als er vom Trainer gar erstmals forciert wurde. Eine Woche später war die Hand gebrochen. Gestern Abend spielte Kindschi erstmals wieder mit den Junioren, falls alles rund lief, steht dem NLA-Comeback heute Abend nichts mehr im Weg.

Kindschi hat seinen in dieser Form unerwarteten Aufstieg verdient. Bei erst sechs Gegentoren stand der Jüngste im Team auf dem Eis, der zweitbeste Wert im Team. «Wenig Gegentore. Das ist das Wichtigste für einen Verteidiger», sagte Kindschi. «Damit zahle ich dem Trainer das Vertrauen zurück.» Einen grossen Anteil an Kindschis Entwicklung haben auch andere. Besa Tsintsadze zum Beispiel. Der Powerskating-Guru aus Georgien hetzte auch gestern die HCD-Spieler übers Eis. «Ich spürte effektiv die Verbesserungen im läuferischen Bereich», erzählt Kindschi von einem Erlebnis aus der Vorbereitung. «Ich glaube, ich konnte an jenem Tag auch Arno beeindrucken. Vielleicht spielte dies eine Rolle, dass ich im NLA-Team bleiben durfte.» Und da ist natürlich Du Bois. Praktisch jeden Shift absolvierte Kindschi neben ihm. Er bezeichnet den Neuenburger als eine Art Vorbild, auf und neben dem Eis. Du Bois ist derzeit verletzt, erstmals wird sich Kindschi nun auch ohne seinen Mentor zurechtfinden müssen.

Kindschi sorgt auch dafür, dass nach Jahren der «Dürre» immer mehr einheimische Namen im NLA-Team der Davoser auftauchen. Erst mit zwölf setzte er definitiv auf Eishockey, zuvor war der aus Clavadel stammende Bündner ein erfolgreicher Jungschwinger. «Ich gehörte zu den Besten meines Jahrgangs in der Nordostschweiz, gewann auch ein paar Zweige», erzählt er nicht ohne Stolz. Auf eine NLA-Karriere schielte er da noch nicht. «Ich schaute immer von Jahr zu Jahr», sagt Kindschi. Dies galt auch für seine Eltern. Nie sei er unverhältnismässig gepuscht oder kritisiert worden. «Vielleicht klappte es jetzt auch darum, weil ich es nicht zu verbissen angegangen bin», sagt er.

Wer ist die Nummer 1?

Nicht nur im HCD will sich Kindschi weiter behaupten. Das grosse Ziel ist die U20-WM in Montreal und Toronto Ende Jahr. In den ausverkauften NHL-Stadien der zwei hockeyverrücktesten Städte Kanadas zu spielen will Kindschi nicht verpassen. Die Konkurrenz ist gross, Kindschis WM-Chancen dennoch real. Er ist gross (192 cm), kräftig (98 kg) und dennoch mobil. Auf so ein Gesamtpaket will Trainer John Fust kaum verzichten.

Unter den besten jungen Verteidigern ist nicht nur dieser Konkurrenzkampf ein Thema, man diskutiert auch eifrig über das ultimative Vorbild in der NHL. Erik Karlsson sei im Moment für die meisten seiner Kollegen das Nonplusultra, sagt Kindschi. Der Schwede, offensiv vielleicht bester Verteidiger aller Zeiten, aber mit Tendenz zu monumentalen Aussetzern in der eigenen Zone, toppt Kindschis Liste indes nicht: «Ich schaue lieber bei Alex Pietrangelo ab.» Der Kanadier der St. Louis Blues ist einer der besten Allrounder der Gegenwart, Defensive inklusive. Diese Wahl passt in der Tat besser. Auch Kindschi steht eher für Zuverlässigkeit denn Offensivzauber. «Ich habe nie das Gefühl, es werde kritisch», sagt Del Curto über Kindschis Shifts. Es ist für einen 18-jährigen Verteidiger das vielleicht grösstmögliche Kompliment des Trainers.

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