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Piratensender bei Razzia im Hinterland aufgeflogen

Balz Wichser muss mit einer saftigen Busse rechnen. Ein Jahr lang betrieb er in Haslen einen eigenen Radiosender – Radio ViBuZu. Anfang März flog der Radiopirat auf.

Südostschweiz
13.04.11 - 02:00 Uhr

Von Marco Lüthi

Haslen. – Es war kurz nach 8 Uhr an diesem Donnerstag Anfang März. Ein grauer Kastenwagen mit Zürcher Kennzeichen fuhr auf den Parkplatz an der Dorfstrasse. «Zwei Männer stiegen aus, und es machte den Anschein, als suchten sie nach etwas», erzählt Landwirt Balz Wichser. Er stand gerade am Brunnen seines Hofes, als er die Männer bemerkte. Wichser beobachtete sie eine Weile und wollte dann von ihnen wissen, was sie im Weiler Zusingen suchen. Darauf stellten sich die beiden Herren als Mitarbeiter des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) vor. Sie seien auf der Suche nach einem illegalen Radiosender. «Ich habe innerlich gekocht und Angst gehabt», erinnert sich Wichser noch genau an den Moment. Denn er wusste sofort, welchen Piratensender sie suchten: seinen.

Für Busse müssen Kühe bluten

Ihm sei von Anfang an klar gewesen, dass er etwas Verbotenes tue, sagt Wichser. Als die Männer vom Bakom auftauchten, gab er deshalb sofort alles zu, zeigte ihnen die UKW-Anlage samt der einen Meter langen Antenne und half sogar mit, alles zu demontieren. Denn der Sender wurde beschlagnahmt, nachdem alles rapportiert worden war.

Es sei nie seine Absicht gewesen, einen konzessionierten Sender zu konkurrenzieren oder andere Frequenzen wie beispielsweise den Polizeifunk zu stören, betont der Radiopirat. Das hat er auch laut dem Bakom nie getan. Trotzdem war Wichser bewusst, dass der «Tag X» irgendwann kommen musste. Er vermutet, dass ihn jemand beim Bund angeschwärzt hat. Jetzt muss er mit einer saftigen Busse rechnen, was er mit Fassung trägt: «Allenfalls muss ich dem Metzger ein bis zwei Kühe ans Messer liefern.»

Wichser hofft, dass ihm das Bakom den Sender zurückgibt. Ein Jahr lang betrieb er den illegalen UKW-Radiosender unentdeckt. Dafür richtete er in seinem Haus ein kleines, improvisiertes Studio ein.

Thailand hat es ihm angetan

Für einen Bauer eher unüblich, spielte der 39-Jährige keine Ländler-, sondern exotische Musik aus Thailand. Mit dieser kam er erstmals in seinem Stammlokal, dem Restaurant «Schwert» in Schwanden, in Kontakt. «Jeweils am Ende eines Abends, wenn nur noch einzelne Gäste übrig blieben, lief ab und zu solche Musik», erzählt Wichser. Denn der damalige Wirt – ein guter Kollege von ihm – sei mit einer Thailänderin verheiratet.

Im Herbst vor zwei Jahren war Wichser dann selbst in Thailand in den Ferien, zum ersten Mal und für einen Monat. Die Kultur habe es ihm völlig angetan, sagt er, nicht zuletzt wegen der herzlichen Art der Menschen und ihrer Spiritualität. Bei einem weiteren Besuch lernte der Landwirt dann die Thailänderin Supaporn kennen. «Mit ihr bin ich buddhistisch gesehen verheiratet». Bald soll sie ihn im Glarnerland besuchen, um zu sehen, ob es ihr gefallen könnte.

Büffel vom Dienst mit einem Vogel

«Über die Nachrichten in der Schweiz rege ich mich nur auf. Deswegen höre ich viel lieber thailändisches Radio. Denn dort verstehe ich zum Glück fast nichts», sagt Wichser.

«Quai» ist eines der thailändischen Wörter, die er aber versteht. Er selbst bezeichnet sich so, da er von sich sagt, ein chaotischer Mensch zu sein. Auf Deutsch heisst «Quai» so viel wie «Büffel vom Dienst».

Mit dem Pseudonym «Quai mit Nok», also «Büffel vom Dienst mit einem Vogel», moderierte er täglich um 5 Uhr jeweils für fünf bis zehn Minuten. Zu Beginn seiner Sendungen übertrug er jeweils die Nachrichten von DRS 1. Danach verkündete er das Wetter aus der Schweiz, der thailändischen Region Buriram, Brisbane und dem amerikanischen Bundesstaat Wisconsin.

Musikwünsche per SMS

«Zum Abschluss habe ich jeweils Zitate des Tages verlesen», erzählt der Hobbymoderator. Sobald seine Sendung zu Ende war, schaltete er um auf ein thailändisches Webradio.

Doch manchmal sendete Wichser auch Ländlermusik, und wenn Kollegen ein Fest feierten, erfüllte der gelernte Elektromonteur auch gerne deren Musikwünsche. Sie schickten sie ihm per SMS.

Seinen Sender nannte Wichser «Radio Vize-Buddha-Zusingen» oder kurz: «ViBuZu». Empfangen konnte man das Piratenradio von Hätzingen bis nach Glarus und Engi.

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