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«Mehr Zeit in der Garage»

Vor acht Monaten hat Bob-Steuermann Beat Hefti mit dem Gewinn von Olympia- Silber im Zweier den grössten Erfolg seiner Karriere gefeiert. Nun muss der 36-jährige Appenzeller seine Zukunft aufgleisen.

Südostschweiz
30.10.14 - 01:00 Uhr

Mit Beat Hefti sprach Marco Ackermann

Beat Hefti, welchen Nutzen haben Sie aus dem Olympia-Silber von Sotschi gezogen?

Beat Hefti: In emotionaler Hinsicht hat mir die Medaille sehr viel gebracht. Diese tollen Erinnerungen können mir nie mehr genommen werden. Finanziell hat sich nicht wahnsinnig viel verändert. Ich hatte mich schon vor Sotschi mit meinen Partnern über die Vertragsverlängerungen bis 2016 geeinigt.

Ihr Team ist geschrumpft. Die Anschieber Thomas Lamparter und Jürg Egger sind nach Sotschi zurückgetreten, ohne dass sie ersetzt worden sind. Was sind die Konsequenzen?

Der aktuelle Stand ist, dass ich in der nächsten Saison sehr wahrscheinlich nur Zweier-Rennen bestreite und auf den Vierer verzichte. Die Situation war nicht einfach nach den Rücktritten von Thomas und Jürg. Die Suche nach Nachfolgern für die beiden gestaltete sich als schwierig. Da konnte uns auch der Verband nicht helfen. Schliesslich haben mein Stamm-Anschieber Alex Baumann und ich entschieden, die ganze Energie in den Zweier zu stecken. Im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Winterberg ist dies vielleicht gar nicht so schlecht. Denn dort wollen wir im Zweier um den Titel mitkämpfen. Unsere Chancen sind grösser, wenn wir uns im Vorfeld nicht im Vierer verzetteln.

Rico Peter, ein anderer Schweizer Steuermann, hat seine Lücke im Vierer mit einem Holländer geschlossen. Machten Sie sich auch Überlegungen, um einen Ausländer zu engagieren?

Nein, so etwas kam für mich noch nie infrage. Es geht ja darum, etwas auf Olympische Spiele hin aufzubauen. Und bei Olympia werden die Ausländer dann nicht mehr für die Schweiz startberechtigt sein. Deshalb bin ich dagegen.

Gegangen ist auch Ihr Mechaniker. Hansueli Schiess wechselte nach Südkorea. Ein happiger Verlust?

Ja, definitiv. Es ist sehr schade, dass er uns verlassen hat. Er hatte einen grossen Anteil an unseren Erfolgen. Er brachte Know-how, Erfahrung und Ruhe ins Team. Aber ich kann auch Verständnis aufbringen. Er hat in Südkorea, wo die nächsten Olympischen Winterspiele stattfinden, einen Vierjahresvertrag erhalten und konnte seinen Sohn Fabio mitnehmen. Das war natürlich ein lukratives Angebot.

Wie soll sein Abgang kompensiert werden?

Zum einen haben wir mit Wolfgang Stampfer einen Nationaltrainer erhalten, der sich in Material-Fragen auskennt. Zum anderen kann auch ich Hand anlegen, weil ich die jüngsten Entwicklungen hautnah miterlebt habe. Und da wir nur noch Zweier fahren, können wir uns bei den Einstellungen auf einen Schlitten konzentrieren. Diese Dinge erleichtern die Sache etwas. Aber das bedeutet halt auch, dass ich mehr Zeit in der Garage verbringen muss und mich weniger um das Sportliche kümmern kann.

«Nicht mit allem einverstanden»

Der neue Nationaltrainer war ein Wunschkandidat von Ihnen. Welche Inputs erwarten Sie von Wolfgang Stampfer?

Wolfgang ist wie sein Vorgänger Eric Alard einer, der in kniffligen Momenten kühlen Kopf bewahren kann. Das ist in diesem Business sehr wichtig. Neben seinem grossen Fachwissen im Material-Bereich weiss Wolfgang auch viel über das Piloten-Dasein. Er war ja früher selber ein sehr guter Steuermann. Er weiss, wie man die Bahnen dieser Welt befahren muss.

Mit dem Verband liegen Sie nicht mehr im Clinch?

Ich bin nicht mit allem einverstanden. Aber ich habe gelernt, dass es wichtig ist, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren, und das ist der Sport. Mit dieser Taktik sind wir in den letzten zwei Jahren gut gefahren. Wir wollen einfach immer aus einer Situation das Beste machen und die Freude am Bobfahren bewahren.

Was sind Ihre Ziele in der Zukunft?

Wir streben in der kommenden Saison eine Top-Platzierung im Gesamtweltcup an. Dafür benötigt man aber auch etwas Glück. Es muss Vieles rund laufen und man muss von Verletzungen verschont bleiben. Im Weltcup wird es auch darum gehen, sich mit starken Resultaten eine ideale Startnummer für die WM zu sichern. Dass die Startpositionen in Winterberg mitentscheidend sein können, hat man an den Europameisterschaften 2011 gesehen. Im WM-Rennen werden wir zum Favoritenkreis gehören. 2016 werde ich dann schauen, ob ich noch bis zu den nächsten Olympischen Winterspielen weitermache. Falls ich Chancen sehe auf eine Medaille in Pyeongchang, kann ich mir vorstellen, die Karriere bis 2018 zu verlängern.

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