×

Kohlekraft: Ein schmutziges Geschäft

An einer von Repower organisierten Ausstellung zu erneuerbaren Energien habe er einen Jungen sagen hören: «Eine Firma, die so etwas macht, kann ja nur anders sein.

Südostschweiz
21.11.12 - 01:00 Uhr

» Diese Anekdote, die mir ein Repower-Mitarbeiter in Beneveto erzählt hat, ist weniger sinnbildlich für Repowers Engagement als der Stolz, den der Erzähler verbreitete. Repower wäre gerne anders als ihre Mitstreiter auf dem Strommarkt. Grüner. Näher bei den Menschen. Ist sie aber nicht.

Vielmehr ist Repower ein Unternehmen, das sich im liberalen italienischen Strommarkt positioniert hat und diese Position jetzt festigen will. Gerade vor diesem Hintergrund spielt das Image eine entscheidende Rolle – der Grund für die Ausstellungen zu erneuerbaren Energien und den Versuch, sich als grüner Stromkonzern darzustellen. Es ist Teil der PR. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Natürlich setzt Repower in Italien auch auf erneuerbare Energien. Der neue Windpark in Lucera und der Pumspeichersee in Campolattaro sind Beweis genug. Auch wenn letzteres Projekt wegen der Flutung einer natürlichen Senke nicht unbestritten ist, Energie kann nicht erzeugt werden, ohne die Umwelt in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen. Und Pumpspeicherseen sind eindeutig ein kleineres Übel als viele andere Varianten, Energie zu erzeugen. Diese Projekte würden Repowers Bild eines grünen Unternehmens tatsächlich unterstreichen. Leider steht Saline Joniche aber im krassen Gegensatz dazu. So viel zum Bild, das Repower von sich selbst zeichnet.

Ebenso kritisch muss das Bild betrachtet werden, das die Kohlegegner von Repower zeichnen. Das Unternehmen ist weder des Teufels, noch verfolgt es böse Absichten. Repower ist ein Stromkonzern, der Profit machen und seinen Kunden eine diversifizierte Produktepalette anbieten will. Zu dieser soll künftig auch Kohlekraft aus Kalbrien gehören. Und dazu hat das Volk im kommenden September an der Urne mehr zu sagen, als Repower lieb sein dürfte.

Die Abstimmung über die Initiative «Ja zu sauberem Strom ohne Kohlekraft», mit der das Projekt in Saline Joniche verhindert werden soll, ist heikel. Denn direkt vom Kohlekraftwerk betroffen wären nicht wir, sondern die Bevölkerung von Kalabrien. Eine Bevölkerung, die schwer gezeichnet von Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen Fehlschlägen ist. Ja, das Kohlekraftwerk oder «Thermische Kraftwerk», wie es Repower lieber nennt, könnte Arbeitsplätze schaffen. Und Saline Joniche einen voll funktionstüchtigen Hafen bescheren.

Dass die Umfrage, die im Auftrag des WWF durchgeführt wurde, trotz dieser Aussichten eine deutliche Sprache spricht, sagt viel. 60 Prozent der Befragten haben sich gegen das Projekt ausgesprochen. Repower versucht, die Umfrageergebnisse herunterzuspielen. Die meisten der Befragten würden das Projekt gar nicht richtig kennen und hätten falsche Ängste. Das stimmt, aber: Von denen, die das Projekt gut kennen, sind 71 Prozent dagegen.

Repower kann die Umfrage so lange kleinreden, wie sie will. Bislang gibt es keinen anderen verlässlichen Bezugspunkt über die Meinung der Bevölkerung in Saline Joniche. Bleibt das so, sollten die Bündner das als Grundlage für ihre Entscheidung im September nehmen. Die Meinung in Kalabrien muss den Takt angeben, nicht jene in Graubünden.

Mit dem Versuch, auf Kohlekraft zu setzen, steht Repower nicht alleine da. Im Gegenteil. Während alles nach Energiewende und Atomausstieg schreit, erlebt die Koh- le einen unverständlichen Boom. Sie hat für die Stromkonzerne einen entscheidenden Vorteil. Kohle ist billig. In den letzten zehn Jahren ist der Kohleverbrauch weltweit um 57 Prozent angestiegen. Das ist bedenklich, schliesslich ist Kohle der Energieträger mit den grössten Auswirkungen aufs Klima.

Negativschlagzeilen hat Kohle vor einiger Zeit auch im Zusammenhang mit dem Abbau gemacht. Die «Weltwoche» hat in einer Reportage aufgedeckt, unter welchen Bedingungen Kohle in Mozambique abgebaut wird und wie die Einheimischen dort ausgebeutet werden. Auch wenn Repower von dort keine Kohle bezieht und der Rohstoff unter beispielhaften Bedingungen abgebaut wird – Kohlenenergie ist ein schmutziges Geschäft.

Das Bündner Stimmvolk kann im nächsten Jahr entscheiden, ob Repower in dieses Geschäft einsteigen soll oder nicht. Die Bevölkerung von Kalabrien scheint sich ihre Meinung gebildet zu haben, und auf diese sollten die Bündner hören. Denn es sind nicht sie, die mit dem Kraftwerk leben müssten.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR