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«Ich brauche etwas, das ich mit den Händen machen kann»

Sie hat eine Leidenschaft für alle fummeligen Handarbeiten. In Internet-Kreisen ist sie unter dem Pseudonym «Linth Lady» bekannt. Rita Hildebrand aus Uznach ist intensiv mit ihrem Hobby beschäftigt, aber auch als Bloggerin äusserst erfolgreich.

Südostschweiz
17.07.12 - 02:00 Uhr

Von Nadine Rydzyk

Uznach. – «Handarbeit habe ich schon immer gern gemacht», erzählt Rita Hildebrand. Angefangen hat sie mit Patchwork-Arbeiten. «Ich habe spontan einen Einführungskurs besucht. Das war vor zirka 20 Jahren», erinnert sie sich. Damit entbrannte die Leidenschaft für ihr vielseitiges und kreatives Hobby.

Denn mittlerweile scheint nichts mehr vor ihr sicher, was aus Stoff oder Wolle ist und woraus sich etwas Schönes machen lässt. So entstehen fein gearbeitete und originell verzierte Nadelkissen, Nastüchli-Taschen, Necessaires, Sofakissen, Patchworkdecken, Nähbeutel, Handytaschen und Dekorationsstücke. Und nicht minder kreativ und informativ sind ihre vielen spannenden und schön bebilderten Blog-Einträge im Internet.

Mit viel Geduld, Fingerspitzengefühl und vor allem vielen Ideen lässt sie die kompliziertesten und filigransten Dekorationsartikel entstehen, strickt Pullover und Jacken, häkelt ganze Decken und aufwendig geblümte Kissenbezüge, näht, stickt und verziert allerlei Nützliches wie Nähbeutel oder Handytaschen.

«Eine Zeitlang habe ich auch viel getöpfert», erzählt sie. «Ich brauche einfach etwas, das ich mit den Händen machen kann. Das hat etwas Meditatives, und dabei kann ich abschalten.»

Und so findet sie ihre Familie häufig in ihrer eigens eingerichteten Werkstatt im Keller oder beim abendlichen Fernsehprogramm mit Wolle auf dem Schoss und Nadeln in den Händen.

Rita Hildebrands Hobby ist jüngst auch zu einer Internet-Erfolgsgeschichte geworden. Seit Januar 2011 ist sie als sogenannte Bloggerin aktiv. «Ich bin zufällig auf andere Blogs gestossen und eine dieser Bloggerinnen hat mich darauf gebracht, dass ich meine Arbeiten und Ideen doch selbst so zeigen könnte.»

Gesagt, getan. Und der Erfolg ihres Blogs belegt, dass dieser Rat ein guter war. «Ich bekomme wahnsinnig viele Reaktionen und Kommentare auf meine Einträge», darf sie sich freuen. «Für mich ist das eine tolle Möglichkeit, mich mit Gleichgesinnten, die Freude am selben Hobby haben, fachlich auszutauschen. Es sind dabei sogar schon einige Freundschaften entstanden, die darüber hinausgehen.»

Blog ist fast ein zweites Hobby

Mit ihren Blogeinträgen löst die passionierte Handarbeiterin aus Uznach weltweite Reaktionen aus. Die Kommentare und Anfragen kommen neben der Schweiz und Deutschland auch von Übersee und interessieren in Australien wie in Grossbritannien.

Nicht weniger als 240 regelmässige Leser sind täglich auf ihrem Blog unterwegs – darunter auch drei handarbeitsbegeisterte Männer. Bald 40 000 Aufrufe hat ihr Blog insgesamt. Mit ihren Einträgen, Tipps, Tricks, Schnittmustern, Anleitungen und schönen Bildern begeistert sie so, dass die Fans ihrer Seite ihr sogar eigene Handarbeiten zu ihrem Geburtstag geschickt haben.

Fast könnte man sagen, dass der Blog ein zweites Hobby geworden ist, nimmt er doch auch viel Zeit in Anspruch. «Am Anfang habe ich noch zu jedem Kommentar etwas antworten können. Das schaffe ich mittlerweile gar nicht mehr», räumt die «Linth Lady» ein. Auf die Frage, wie viel Zeit sie in der Woche durchschnittlich mit der Handarbeit auf der einen und dem Bloggen auf der anderen Seite verbringt, muss sie kurz überlegen. «Ich schätze, zwischen fünf und sieben Stunden», überschlägt sie und löst damit bei ihrem Ehemann ein spontanes und herzhaftes Lachen aus. «Das ist aber sehr optimistisch kalkuliert», meldet sich dieser dazu zu Wort.

Und so geht es der «Linth Lady» wie allen, die ein Hobby intensiv pflegen: Wenn etwas Freude macht, dann merkt man gar nicht, wie die Zeit verrinnt. Mit am aufwendigsten war bislang eine Handtasche, die unter Einsatz diversester Patchwork-Techniken entstanden ist. «Das ist ganz klar eines meiner Lieblingsstücke, das ich auch sehr oft benutze.»

Der Traum vom eigenen Geschäft

Durch ihre Internetpräsenz bekommt sie auch immer mehr Anfragen und Aufträge von Menschen, die eine ihrer filigranen Arbeiten kaufen möchten; also nicht die Geduld oder das Fingerspitzengefühl haben, den Anleitungen bis zum eigenen kleinen Kunstwerk zu folgen.

Für Rita Hildebrand ist dies wie ein kleiner Schritt in Richtung ihres grossen Wunsches: «Ich träume davon, einen Laden zu finden, der meine Arbeiten auf Kommission mit anbietet. Oder gar ein eigener kleiner Laden.» Aber im Vordergrund steht dies für sie nicht. Die Freude daran, etwas Schönes entstehen zu lassen, bildet nach wie vor den Mittelpunkt.

Die verschiedenen Formen und Techniken der Handarbeit sind zum Teil bereits sehr alt und ein Stück Tradition, wie beispielsweise die St. Galler Stickerei, die ihr als gebürtige St. Gallerin besonders am Herzen liegt. «Ich finde es schade, wenn ein altes Handwerk verschwindet», bezieht sie deshalb Position.

Mit ihren Arbeiten, ihrem Blog und durch Patchwork-Kurse, die sie leitet, leistet sie einem Beitrag, den Handarbeitskünsten Sorge zu tragen. Dabei fängt sie am liebsten dort an, wo andere frustriert alles in die Ecke schmeissen möchten, denn: «Ich liebe es, wenn es fummelig ist.»

Schon ihre Mutter hatte für sie zum St.Galler Kinderfest selbst Kleider genäht. Wie bei jeder Patchworkerin und Handarbeitsfaszinierten gibt es aber auch bei Rita Hildebrand sogenannte «UVOs», also «unvollendete Objekte», wie sie lachend erklärt.

Unvollendet wird ihr aktuelles Projekt aber sicher nicht bleiben. Derzeit arbeitet die «Linth Lady» an einer Häkeldecke, mit der sie sich an einem Hilfsprojekt für Frühchen in Afrika beteiligt. Damit reagiert sie auf einen Internetaufruf für das Projekt «Helfen mit Hand und Herz für Kombondo» aus Chur.

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