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Gruppe D: Kein enger Titelanwärter

England und Frankreich sind auf Wiedergutmachung aus, Gastgeber Ukraine und Schweden in der Aussenseiterrolle: Keines der vier Teams der Gruppe D wird zu den engsten Titelanwärtern gezählt.

Südostschweiz
07.06.12 - 02:00 Uhr

Von Christian Finkbeiner

Fussball. – Gleich im ersten Gruppenspiel kommt es am 11. Juni in Donezk zum Aufeinandertreffen der beiden Favoriten. Die Engländer qualifizierten sich ohne Niederlage für die Endrunde (unter anderem gegen die Schweiz) und machten damit die Schmach von 2008, als sie in der Qualifikation gescheitert waren, teilweise vergessen. Nichtsdestotrotz hat der Verband bewegte Zeiten hinter sich. Der Ausfall von Wayne Rooney für die ersten zwei Gruppenspiele nach seiner Tätlichkeit im letzten Qualifikationsspiel in Montenegro, die Rassismusvorwürfe gegen John Terry, der Trainerwechsel von Fabio Capello zu Roy Hodgson und diverse verletzungsbedingte Ausfälle in den letzten Tagen sorgten regelmässig für Gesprächsstoff.

Hodgson als «Mr. Average» betitelt

Die überraschende Nomination Hodgsons für den wichtigsten Trainerjob auf der Insel wurde kritisch beäugt. Als «Mr. Average» wurde der 65-Jährige vom heimischen Boulevard betitelt, der grosse Wurf wird ihm nicht zugetraut. Hodgsons erster Auftritt, die Ernennung des EM-Kaders Anfang Mai, wurde allerdings wohlwollend aufgenommen, die Spieler loben die verbesserte Kommunikation, und sportlich starteten die «Three Lions» mit einem 1:0 in Norwegen erfolgreich in die «Ära Hodgson». Dieser gab auch bereits den Tarif durch und stellte für seine Crew, die als einzige Mannschaft der Gruppe in Polen (Krakau) logiert, einen Benimm- und Verhaltenskodex auf. «Die einzige Chance, etwas zu erreichen, haben wir, wenn wir als Team auftreten», sagte Hodgson.

Frankreich: Jung und hungrig

Auch Frankreich ist in erster Linie auf Wiedergutmachung aus. Es gilt die Schmach von Südafrika zu tilgen, als es im Camp der «Equipe tricolore» zum Aufstand kam, welcher zur Staatsaffäre wurde. Interne Querelen, ein Streik der Spieler und Beschimpfungen, die an die Öffentlichkeit gelangten, prägten das schändliche Bild der Mannschaft am Kap der Guten Hoffnung. Dass Frankreich wie bereits an der EM 2008 in der Schweiz und Österreich sang- und klanglos in der Vorrunde ausschied, ging im allgemeinen Chaos beinahe unter. Dem Welt- und Europameister Laurent Blanc wurde die Aufgabe anvertraut, den von Raymond Domenech hinterlassenen Scherbenhaufen aufzuräumen – was ihm bisher vorzüglich gelang.

Unter anderen wurden die Nationalteams von England, Brasilien und Deutschland besiegt. Blanc setzt auf eine junge, hungrige Mannschaft (Durchschnitt: 26,5 Jahre, 20 Länderspiele), die mit einigen Routiniers ergänzt wird.

Ukraine: Schewtschenkos Abschied

Die Ukraine hofft bei ihrem ersten Auftritt an einer EM-Endrunde auf die Unterstützung des ganzen Volks. «Sie werden uns zusätzlich Kraft geben», sagt Trainer Oleg Blochin, der aus der einheimischen Liga 21 seiner 23 Spieler berief, allein zehn von seinem Stammverein Dynamo Kiew. Blochin selber, der 1975 den «Ballon d’Or» für Europas Fussballer des Jahres gewonnen hatte, die beiden Stürmer Andrej Schwetschenko (35) und Andrej Woronin (32) sowie der Rekord-Internationale Anatoli Timoschtschuk (33) sind die bekanntesten Namen des Gastgebers. Für den gesundheitlich angeschlagenen Schewtschenko, den ehemaligen Star der AC Milan, bildet das Turnier womöglich den Abschluss einer grossen Karriere. «Ich träume vom EM-Final mit der Ukraine.»

Das Mindestziel des Gastgebers, der das Turnier in Kiew gegen Schweden beginnt, lautet Qualifikation für die Viertelfinals.

Schweden, der Aussenseiter

Wie die Ukraine steigt auch Schweden als Aussenseiter in die Gruppe D. Seit 2000 sind die Skandinavier immer dabei, wenn um die europäische Krone gespielt wird. Zum grossen Coup reichte es aber nie. Nur einmal, 2004, erreichte Schweden die K.-o.-Runde. Unumstrittener Star der Mannschaft ist Zlatan Ibrahimovic von der AC Milan, der im Team von Erik Hamren als hängende Sturmspitze alle Freiheiten geniesst. Mit fünf Toren war Ibrahimovic der beste Torschütze in der Qualifikation, welche die Schweden als bester Gruppenzweiter abschlossen.

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