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Glarner Trottoirs tragen eine einzige Liebeserklärung

Eine liebevolle Botschaft ziert momentan das Stadtbild von Glarus. Der anonyme Verfasser versucht auf unkonventionelle Weise, seine Angebetete zurückzugewinnen. Ob sie die Aktion auch «herzig» finden wird?

Südostschweiz
16.08.12 - 02:00 Uhr

Von Andrea Looser

Glarus. – 308 Wörter umfasst der «Liebesbrief» des poetischen Verfassers. Dieser ist an seine «Traumfrau» adressiert. Von einem Brief zu sprechen, ist in diesem Zusammenhang unpassend. Denn jede Passantin und jeder Passant kann die intime Botschaft mitlesen. Das scheint den Verfasser, der bis jetzt anonym bleiben will, nicht zu stören. Ganz offensichtlich hat er die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gesucht. Sonst hätte er wohl kaum um 3.22 Uhr, als er mit Zeichnen fertig war, eine Mail an die Redaktion der «Südostschweiz» geschickt. Nur leider ohne Namen. Ausser einer Mail-Adresse gibt der Verliebte nichts von sich preis.

Öffentliche Liebesbotschaft

Wer den 1,2 Kilometer langen Lettre d’amour abschreitet, der an der Ecke Gerichtshaus-/Zollhausstrasse bei Blumen Schweizer (und praktischerweise gleich neben der Redaktion der «Südostschweiz») beginnt, erfährt viel Persönliches: Zum Beispiel dass die Geschichte des Schreibenden und seiner Angebeteten vor genau 3500 Tagen mit einem Kuss vor ihrem Elternhaus begonnen hat.

Auf der Zollhausstrasse steht dann bedauernswerterweise auch geschrieben, dass der Poet von seiner Liebsten vor einiger Zeit verlassen worden ist. Ans Fernsehen habe er sich schon gewandt, wollte sie in den Sendungen «Nur die Liebe zählt» und «Happy Day» überraschen, doch leider habe das dann doch nicht geklappt.

In der Spitalgasse liest die Betrachterin dann, dass es in der Beziehung der beiden nicht immer nur «Friede, Freude, Eierkuchen» gegeben hat, und dass der reuige Liebende sie oft hat warten lassen.

Ob sich die Mühe lohnt?

Die erste Reaktion auf die lange Liebesbotschaft ist vor allem bei einigen Betrachterinnen: «Jöh, das ist aber schön», oder auch: «Oh, der hat sich aber viel Mühe gegeben». Viel Zeit und Mühe investiert hat der Schreiber und Zeichner bestimmt in die vergängliche Nachricht, die beim nächsten Sommergewitter weggewischt wird. Ob die Angebetete sie überhaupt sieht, ist also nicht sicher.

Und wenn sie merkt, dass das öffentliche «billet doux» für sie bestimmt ist, bleibt fraglich, ob sie sich darüber freut. Denn die Aktion ist insofern fragwürdig, da die eine Seite der beiden Betroffenen dabei kein Mitspracherecht hat. Schliesslich wird doch einiges aus ihrem Privatleben «breitgetreten». So könnte aus der geplanten romantischen Überraschung auch ein Schuss in den Ofen werden.

Nachdem der Inhalt der Botschaft genauer studiert worden ist, können denn auch bei anfänglich begeisterten Betrachterinnen Zweifel aufkommen. «Würdest du jemanden zurücknehmen, nur weil er dir so eine Nachricht schreibt?», fragen sie sich gegenseitig. Sie werden sich schnell einig, dass der «Strassenbrief» wohl kaum nützt, wenn die Adressatin schon mit dem Verfasser abgeschlossen hat. Dann wäre die Antwort wohl: «Sorry, eher weniger.» Ist sie sich ihrer Sache aber noch nicht sicher, gibt es vielleicht doch ein Happy End.

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