FA Raetia, die etwas andere Fussball-Nationalmannschaft

Von Jürg Sigel

Fussball. – Am 1. September 2010 wurde der FC Haldenstein gegründet. Am Schweizer-Meisterschafts-Betrieb nahm er aber nie teil. Irgendwie fehlte dafür der Reiz. Dann wurde Gian-Marco Schmid auf die New Federation Board (NFB) aufmerksam – den Verband, der mithilft, jenen Staaten, die zu einem späteren Zeitpunkt Fifa-Mitglied werden könnten, den Einstieg zu erleichtern. Schmid, bekannt als Rapper Gimma, reagierte. Am 1. August 2011 wurde aus dem FC Haldenstein die FA Raetia, und diese fand schliesslich nach eingehender Prüfung – die Raetier hatten ein Dossier mit historischen Hintergründen einzureichen – Aufnahme in der NFB. Bereits am 4. Dezember fand das erste Freundschaftsspiel statt. Raetia traf in London auf eine Auswahl von Chagos (Indischer Ozean).

Professionell geführt

Der NFB gehören weitere Mannschaften an wie Darfur United, Gibraltar, Grönland, Umbrien, Tibet, Nord Zypern oder die Insel Jersey. In deren Reihen gibt es keine Ballzauberer, doch das Spielniveau ist ordentlich. Wer für Raetia im Einsatz stehen will, muss mit dem Ball schon etwas anzufangen wissen, damit es zu einem Vertragsabschluss kommt. In der FA Raetia gibt es Spieler, die über 1.- oder 2.-Liga-Niveau verfügen. Neben dem Platz läuft alles professionell ab. Raetia-Vizepräsident Yacine Azzouz beispielsweise hat schon viel Zeit im Flugzeug verbracht. Er reiste etwa an eine Sitzung der NFB in den Nordirak oder rekognostizierte in Erbil, der Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan. Dort fand diesen Sommer vom 3. bis 10. Juni der von neun Mannschaften aus drei Kontinenten bestrittene Viva World Cup statt, die seit 2006 alle zwei Jahre durchgeführte inoffizielle Fussballweltmeisterschaft. Nord Zypern, die Provence, Darfur, Occitanien, die West-Sahara, Gastgeber Kurdistan sowie Zanzibar und Tamil Eelam, die Gruppengegner der CA Raetia, hiessen die Teilnehmer. Azzouz: «In unserer Gruppe wurden wir Zweite, am Ende resultierte der achte Schlussrang.» Doch das war irrelevant. Ein Erlebnis der besonderen Art war es trotzdem. Die Raetier, die sich selbst finanzieren, logierten in einem Fünfsternhotel und genossen das grosse Interesse am Turnier. 250 Medienvertreter waren vor Ort, gespielt wurde in Stadien vor insgesamt 60 000 (!) Zuschauern.

Das Ziel ist eine WM in der Schweiz

Ein fairer und respektvoller Auftritt ist den Raetiern und ihren Konkurrenten wichtig. Ebenso die Völkerverständigung und der kulturelle Austausch. Die Vertreter der FA Raetia sind stolz dazuzugehören. Sie sind stolz darauf, bei Spielen die Flagge präsentieren zu können, die sie gemäss den Vorgaben des Rätischen Museums in Chur originalgetreu erstellen lassen mussten. Und sie haben grosse Ziele. «Wir würden den World Cup 2016 gerne in die Schweiz holen», sagt Azzouz. Zuvor wird die Serie von Freundschaftsspielen fortgesetzt und sollen, nachdem im letzten Mai eine Reservemannschaft des Kultvereins FC St. Pauli in Ems gastierte, weitere internationale Begegnungen nach Graubünden gebracht werden. Die nächste Partie findet in einer Woche aber auswärts statt. Das monegassische Nationalteam wartet.

Aktuelles Kader FA Raetia

Torhüter: Patric Theus (Ems), Ugur Sihyürek (Chur United). – Feldspieler: Simone Fontana (FC Riva), Benjamin Solèr (Union Trin), Alexandro Del Rio (Union Trin/Captain), Fabrizio Daniele (Ems), Mike Heini (Ems), Fabio Pocas Martins (Bonaduz), Paul Gurt (Union Trin), Thomas Hausmann (SCR Scaletta), Serkan Karamese (Balzers), Alistair Jarvis (Ems), Marco Dudler (Taminatal), Nicola Quaceci (FC Riva), Mirco Oswald (Union Trin), Manuel Rodriguez (Chur United), Silvan Tomaschett (Chur United), Costantino Demenga (Ems), Devin Andreoli (Chur 97), Alan Egli (SC Luso), Beat Kofler (Aussersihl). – Coach: Costantino Demenga.