×

Endlich können Unternehmen frei entscheiden

Das kam nun wirklich überraschend: Der bürgerlich dominierte Ständerat sagte gestern Ja zur Berufslehre für Sans-Papiers. Der Entscheid ist ein Gebot der Gerechtigkeit, denn er schafft endlich gleiche Voraussetzungen für gute und weniger gute papierlose Schüler.

Südostschweiz
15.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Sermîn Faki

Jenen, die das Gymnasium abgeschlossen haben, ist es nämlich schon lange erlaubt zu studieren. Warum Real- und Sekundarschülern bislang eine Berufsausbildung verwehrt blieb, war vor diesem Hintergrund nur schwer nachvollziehbar.Zudem eröffnet, und auch darauf wurde in der Debatte im Stöckli hingewiesen, eine Lehre den Jugendlichen Perspektiven und könnte helfen, Kleinkriminalität zu verhindern. Und letztlich zeigt das Schweizer Parlament mit diesem pragmatischen Entscheid – der Nationalrat stimmte der Vorlage bereits in der Frühjahrssession zu – sein Herz für jene, die es ohnehin schon schwer haben: Hinter dem Terminus «Sans-Papier» stecken Schicksale von Menschen, mit denen wohl niemand tauschen möchte. Auch wenn das die Ständeräte der SVP gestern wieder trefflich ausblenden konnten, als sie von «Gesetzesbrechern» sprachen.Wenn nun der Direktor des Gewerbeverbandes den gestrigen Entscheid kritisiert, weil dieser Unternehmen in eine «rechtsfreie Zone» hineinmanövriere, hat er etwas grundsätzlich falsch verstanden: Vielmehr schafft die Politik nun Rechtssischerheit für Unternehmen, denn diese können zukünftig papierlose Lehrlinge einstellen, ohne sich strafbar zu machen. Hans-Ulrich Bigler sollte sich lieber ein Vorbild an Arbeit- geber-Direktor Thomas Daum nehmen, der genau darauf hinwies. Jetzt ist es allein den Unter- nehmen überlassen, ob sie Sans-Papiers ausbilden wollen. Und einige werden Ja sagen, weil sie die Jugendlichen im Rahmen von Praktika kennen- und schätzen gelernt haben. Und vielleicht werden es später die Unternehmen sein, die eine «Legalisierung» von papierlosen Auszubildenden fordern – weil sie diese gerne auch als Angestellte behalten wollen.

sfaki@suedostschweiz.ch

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Zeitung MEHR