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Ein Geschäftsmann auf leidenschaftlichen Abwegen

Er war Kurdirektor, Tourismusberater und Unternehmer. Seit drei Jahren befindet sich der Churer Schimun Murk im «Unruhezustand». So bleibt ihm mehr Zeit für eine seiner Leidenschaften: den Flamenco.

Südostschweiz
01.09.10 - 02:00 Uhr
Kultur

Von Olivier Berger

Chur/Moron. – Wenn Schimun Murk vom Flamenco erzählt, kommt er schnell ins Schwärmen. Erzählt von unvergesslichen Nächten, von der Leidenschaft der Musik und von Begegnungen mit Künstlern. Man spürt: Die andalusische Musik ist für den heute 68-Jährigen eine Herzensangelegenheit. Alle paar Monate, erzählt er, reise er für einige Tage nach Spanien – unter anderem, um sein eigenes Gitarrenspiel zu verbessern.

Erfolgreich im Geschäftsleben

Nun ist Schimun Murk, aus dem Münstertal stämmig und in Chur geboren, nicht von Haus aus Musiker. Bekannt geworden ist er in Graubünden vor allem als Touristiker und Unternehmer. Nach einer Kochlehre in Basel und dem Abschluss der Hotelfachschule in Lausanne arbeitete er vier Jahre lang als Marketingchef einer europäischen Hotelkette. Danach amtete er elf Jahre lang als Kur- und Verkehrsdirektor in Lenzerheide-Valbella.Von der Lenzerheide aus zog es den Bündner ins europäische Ausland und nach Zentralamerika, wo er verschiedene Beratertätigkeiten im touristischen Marketing ausübte. Ende der Achtzigerjahre gründte er eine Firma, die sich mit der Orientierung und Information für Wintersportler befasste und neue innovative Systeme entwickelte, die heute in den meisten Skigebieten etabliert sind. Seit drei Jahren befindet sich Murk im «Unruhezustand», wie er erklärt – die erwähnten Spanien-Reisen inklusive.

Kein spätberufener Amateur

Der Verdacht liegt also nahe, dass hier einer aufs Alter noch die Musik für sich entdeckt hat. Der Eindruck täuscht: Zum einen stammt Murk aus einer musikalischen Familie, die stets gesungen und musiziert hatte. Und auch mit dem Flamenco war er bereits Anfang der Siebzigerjahre in Kontakt gekommen – bei der Geburtstagsfeier der legendären Lola Flores in Madrid. «In dieser Nacht», sagt Murk, «ist in mir das Feuer für den Flamenco entbrannt.» Bis dahin habe er Flamenco bloss in seiner touristischen Variante gekannt – «einen Flamenco, der nicht aus echter Seele kommt». An Flores' Fest aber, «unter Ausschluss der Öffentlichkeit und Aussenstehender», habe er den puren, echten, ursprünglichen Flamenco der andalusischen Zigeuner kennengelernt.Die Faszination liess Murk fürderhin nicht mehr los. Nach diversen Recherchen reiste er im März 2007 nach Moron, um sich auf die Suche nach den heutigen grossen Gitarristen zu machen. Dank guter Spanischkenntnisse und seiner Begeisterung traf der Bündner im 30 000-Seelen-Städtchen bald die Grössen der aktuellen Szene, darunter Paco de Amparo, der heute auch sein Gitarrenlehrer ist. Dieser Verbindung ist es zu verdanken, dass de Amparo zweimal in der Region auftritt (siehe Kasten).

396 Stunden für eine Gitarre

Wie gross Murks Leidenschaft für den Flamenco ist, zeigt auch das Instrument, auf dem er spielt. Gebaut hat er es gleich selber, «in 396 Stunden Handarbeit im Atelier Gitarrahuus in Tamins». Dass die Gitarre Marke Eigenbau gelungen ist, zeigen die Reaktionen der Flamenco-Künstler in Spanien. «Sie reissen sie mir jedes Mal buchstäblich aus der Hand und spielen darauf», erzählt Murk.Und noch einen bleibenden Wert hat Murks Begeisterung für den Flamenco gezeigt: eine CD mit Paco de Amparo und sechs jungen Künstlern. Das Werk mit dem Titel «Moroneando» ist im Juni erschienen und hat in Andalusien grosses Echo ausgelöst. Auf der CD ist Murk auch selber als Gitarrist zu hören – und bald wird er das auch auf der Bühne sein. «Wir bereiten eine Europatournee vor», verrät er. «Deshalb übe ich jetzt gerade fleissig.» Sagt er. Leidenschaftlich.

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