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Ein Drittel der MEM-Firmen schreibt rote Zahlen

Der starke Franken macht der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie weiterhin arg zu schaffen. Der Branchenverband Swissmem fordert deshalb mehr öffentliche Mittel für die Innovationsförderung.

Südostschweiz
24.02.12 - 01:00 Uhr

Von Hans Bärtsch

Zürich. – Schweizer Unternehmen, zumal solche in hochspezialisierten Bereichen, gehören zu den innovativsten weltweit. Das wird der hiesigen Unternehmenslandschaft von renommierten Organisationen immer wieder bestätigt. Doch: «Die Schweiz schafft es nicht, ihr Innovationspotenzial optimal auszuschöpfen.» Diese zentrale Aussage machte Swissmem-Präsident Hans Hess gestern an der Jahresmedienkonferenz des Verbandes der Schweizer MEM-Industrie in Zürich.

Konkret zielt Hess damit auf die Innovationsförderung der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) ab. Die KTI sei grundsätzlich ein «hervorragendes Instrument». Dass aber Ende letzten Jahres im Rahmen eines mit 100 Millionen Franken ausgestatteten KTI-Sonderprogrammes Hunderte von eingereichten Projekten nicht hätten behandelt werden können, sei für die betroffenen Unternehmen sowie die involvierten Hochschulen und Forschungsinstitute «enttäuschend und frustrierend». Hess fordert deshalb, die Mittel für die KTI permanent aufzustocken, auf «jährlich mindestens 150 Millionen».

Viel Arbeit, kein Verdienst

Warum sind Innovationen für die Schweizer Unternehmen, speziell für die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie so wichtig? Weil heute mehr als ein Drittel der MEM-Firmen rote Zahlen schreibt und von ihrer Substanz zehrt. Hauptgrund ist laut dem Branchenverband Swissmem die Frankenstärke, welche die Unternehmen im letzten Jahr zu massiven Preiszugeständnissen zwang, vor allem bei den in den EU-Raum exportierten Gütern und Dienstleistungen. Und das wiederum drückte auf die Margen.

Anders ausgedrückt: Aufgrund der 2010 starken Auftragszunahme (siehe Grafik), gab es im letzten Jahr mehr als genug zu tun – die Kapazitätsauslastung der MEM-Industrie lag bei knapp 90 Prozent und damit rund drei Prozent über dem langjährigen Durchschnitt. Folglich legten auch die Umsätze 2011 nochmals zu, um 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bloss verdient haben die MEM-Firmen kaum mehr etwas – oder schlimmstenfalls eben gar nichts mehr.

Neuerungen unabdingbar

Swissmem-Präsident Hess bezeichnete Innovationen als probatestes Mittel, um Kosten zu senken und höhere Preise durchzusetzen. Unterstrichen wurde dies von Franziska Tschudi, Chefin der Technologie-Zuliefergruppe Wicor in Rapperswil-Jona: «Viele Klein- und Mittelunternehmen können nur noch bestehen dank Neuerungen.»

Tschudi verdeutlichte anhand der Wicor, wie entscheidend Innovationen und deren Unterstützung für ein KMU sind. Ein in Zusammenarbeit mit der Empa, der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, bei der KTI eingereichtes Projekt sei zwar positiv beurteilt worden, hätte aber aufgrund des bereits leeren Fördertopfes nicht mehr unterstützt werden können. Eine Neueinreichung im laufenden Jahr sei zwar möglich, aber die zeitliche Verzögerung grundsätzlich ein Problem, denn: «Schnelligkeit ist fast alles», so Tschudi.

Vor einem schwierigen Jahr

Swissmem-Direktor Peter Dietrich rechnet für die MEM-Industrie mit einem schwierigen Jahr. Zumal keine Abschwächung des Frankens zu erwarten sei und die Prognosen für die Wirtschaftsentwicklung in der EU, wohin 60 Prozent der Exporte der MEM-Industrie gehen, «ebenfalls nicht ermutigend sind» (siehe untenstehenden Artikel). Die MEM-Branche würde für 2012 kein Wachstum erwarten.

Swissmem-Präsident Hess befürchtet weitere Produktionsverlagerungen ins Ausland. Und auch der Stellenabbau dürfte sich fortsetzen. Aktuell beschäftigt die MEM-Industrie rund 330 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erwirtschaftet etwa neun Prozent des Bruttoinlandproduktes. Die Branche ist für mehr als einen Drittel der schweizerischen Warenexporte verantwortlich.

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