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Das ist Musik in den Ohren der Genussmenschen

Eine Selbstdeklaration zu Beginn: Der Schreibende ist seit über einem Jahr stillstehender Raucher. Und insofern in steter Versuchung, wenn er irgendwo blauen Dunst riecht.

Südostschweiz
24.09.12 - 02:00 Uhr

Von David Sieber

Dennoch klingt auch in seinen Ohren das gestrige Nein des Souveräns zur Rauchverbotsinitiative wie Musik. Denn gebodigt wurde nicht einfach ein Volksbegehren, das etwas übers Ziel hinausschiesst. Gebodigt wurde das ideologische Konzept der Anti-Tabak-Taliban, die einfach nicht akzeptieren können, dass auch ungesund lebende Mitmenschen eine Existenzberechtigung haben. Das viel gehörte Argument, es gehe um die armen Angestellten im Gastgewerbe, die gegen ihren Willen zugequalmt werden, war vorgeschoben. Es ging schlicht und einfach darum, die Raucher endgültig zu Ausgestossenen zu machen, sie zu demütigen und am liebsten gleich zu entmündigen.

Das überdeutliche Nein ist aber kein Freipass für Raucher. Im Gegenteil. Sie sind gut beraten, in Gesellschaft ihre Geruchsemissionen auf ein Minimum zu beschränken. Das Pendel schlägt nicht zurück. Es schlägt nur nicht weiter aus. Der nächste Schritt hin zu einer genussfeindlichen Schweiz, deren Einwohnerinnen und Einwohner fremdgesteuert «gesund» leben, wurde verhindert. Vorerst. Denn die Gefahr ist nicht gebannt. Auf eidgenössischer Ebene ist noch immer ein Präventionsgesetz geplant. Und die Einführung einer Fettsteuer ist nicht einfach ein schlechter Witz, sondern Gegenstand ernsthafter Diskussionen.

Es ist gefährlich, wenn Gesundheitsgurus bestimmen wollen, was die Gesellschaft braucht. Sie sind mit dem gestrigen Urnengang nicht von der Bildfläche verschwunden. Sie müssen sich nicht einmal mit jeder Extremforderung durchsetzen, um Schaden anzurichten – indem sie zum Beispiel direkt und indirekt das auf Solidarität bauende Krankenversicherungsgesetz angreifen. Nicht auszuschliessen, dass das Ess- und Trinkverhalten der Menschen eines Tages prämienrelevant wird. Dann müsste der Trauermarsch gespielt werden. Dank dem Ja zum Musikbeschluss wäre wenigstens das kein Problem.

dsieber@suedostschweiz.ch

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