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China, Bahrain, die Ukraine und der Sport

Olympische Spiele in China, wo sich Tibeter verbrennen. Formel-1-Rennen in Bahrain, wo Regimegegner getötet werden. Und jetzt die Fussball-EM in Polen und der Ukraine, wo die kranke Oppositionsführerin Julia Timoschenko hinter Gittern im Hungerstreik ist.

Südostschweiz
02.05.12 - 02:00 Uhr

Von Patrick Nigg

In letzter Zeit haben Politiker, Menschenrechtler und Sportfunktionäre wieder häufig Gelegenheit, darüber zu streiten, ob Sport und Politik zusammengehören oder fein säuberlich auseinandergehalten werden sollen.

Die zweite Position vertritt, mit vielen anderen, Ueli Maurer: Mit Blick auf die wachsende Zahl europäischer Spitzenpolitiker, die der Ukraine während der Euro 2012 fernbleiben wollen, liess er gestern mitteilen, es sei falsch, Sportanlässe für politische Statements zu missbrauchen. Der Schweizer Sportminister hat allerdings auch leicht reden, denn dank der Nichtqualifikation seiner Mannschaft muss er gar nicht entscheiden, ob er hinfahren soll oder nicht.

Die erste Position vertreten viele – aus sportlichen wie wahltaktischen Gründen direkter betroffene – deutsche Politiker. Einige forderten gestern, die in der Ukraine angesetzten Euro-2012-Spiele ins Co-Gastgeberland Polen oder gleich nach Deutschland zu verlegen. Andere riefen die deutschen Fans auf, zu Hause zu bleiben. Besonders hübsch ein Vorschlag aus dem grünen Lager: Man solle hingehen und in den Stadien Schals in der Oppositionsfarbe Orange tragen.

Diese Beispiele zeigen: In der Theorie ist die Trennung von Sport und Politik einfach; in der Praxis weit schwieriger. Internationale Sportanlässe haben immer mit Politik zu tun, von der Vergabe bis zur Durchführung. Das hat auch sein Gutes. In China, in Bahrain und nun in der Ukraine lenken solche Anlässe die Aufmerksamkeit auf sonst wenig beachtete Missstände. Dies mit einer triumphalen Selbstinszenierung zu übertünchen, gelang selbst dem Überwachungsstaat China kaum. Der Regierung in Kiew wird es gar nicht gelingen. Dafür sind dank Euro 2012 schon jetzt zu viele Journalisten im Land – sogar Schweizer.

pnigg@suedostschweiz.ch

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