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Behördenreferendum: Nur einmal genutzt für Olympia

Graubünden entscheidet in einer Woche über die Abschaffung des Behördenreferendums. Dass am gleichen Tag über die Bildung von Reserven für die Olympiade abgestimmt wird, ist genau diesem Instrument zu verdanken.

Südostschweiz
25.02.13 - 01:00 Uhr

Von Ueli Handschin

Chur. – Um 300 Millionen Franken aus dem Vermögen des Kantons für die Winterspiele 2022 einzusetzen, braucht es eine Änderung des Gesetzes über den Finanzhaushalt des Kantons. Gesetzesänderungen fallen seit Inkrafttreten der neuen Verfassung am 1. Januar 2004 in die Kompetenz des Parlaments. Zuvor hatte das Volk zu jeder Gesetzesrevision befragt werden müssen.

Doch wurde ein ausserordentliches Behördenreferendum im Grundgesetz verankert. Es ermöglicht dem Grossen Rat, auch Geschäfte, die in seine abschliessende Kompetenz fallen oder dem fakultativen Referendum unterstehen, dem Volk zur Abstimmung zu unterbreiten. Mit den 300 Millionen Franken für Olympia hat das Parlament dies getan und damit die Frage einer Olympiakandidatur verbunden. Zuvor war das Behördenreferendum noch nie beschlossen worden.

Zunächst eine Mehrheit

Das Behördenreferendum wird am 3. März mit der Olympiavorlage also zum ersten Mal genutzt. Es wirkt wie eine Ironie der Gesetzesarbeit, dass über dessen Abschaffung in demselben Urnengang entschieden wird. Den Anstoss dazu gegeben hatte CVP-Grossrat Reto Loepfe. Er reichte im Juni 2009 den Auftrag ein, das Behördenreferendum sei aus der Verfassung zu streichen. Zuvor hatte das Parlament in derselben Session das Finanzausgleichsgesetz verabschiedet, es aber einmal mehr abgelehnt, dem Volk ein neues Gesetz vorzulegen.

Der Grosse Rat habe nie davon Gebrauch gemacht, womit sich das freiwillige Referendum als untaugliches Instrument erwiesen habe, argumentierte Loepfe.

Zudem gewährleiste die tiefe Hürde von 1500 Unterschriften für ein fakultatives Referendum die direkte Mitwirkung des Volkes, hiess es im Auftrag, den 75 Mitglieder des Rates unterzeichneten. Gegen den Willen der Regierung wurde der Vorstoss in der Dezembersession 2009 mit 61:32 Stimmen überwiesen.

Dann kommen Zweifel

Im Oktober letzten Jahres behandelte das Bündner Parlament die entsprechende Botschaft der Regierung. Inzwischen hatten sich die Ansichten in dieser Frage aber geändert. Die Mehrheit der Vorberatungskommission wollte von einer Streichung des Behördenreferendums nichts mehr wissen. Mit Hans Geisseler von der CVP stand nur noch ein Kommissionsmitglied hinter der Idee, und Peter Peyer vertrat die Forderung der SP-Fraktion, dass Quorum für den Beschluss eines Behördenreferendums von der einfachen Mehrheit auf einen Fünftel der Sitze im Rat zu senken.

Peyer unterlag mit seinem Minderheitsantrag demjenigen Geisselers. Damit ging es wieder um die Grundsatzfrage der Beibehaltung oder Streichung. Weniger knapp hätte sie das Parlament nicht beantworten können: 53 Grossräte sprachen sich für die Aufhebung, ebenso viele dagegen aus. Folglich musste Standespräsidentin Elita Florin-Caluori den Stichentscheid fällen. Sie hatte Loepfes Vorstoss mitunterschrieben, und sprach sich deshalb auch für die Abschaffung aus.

Schlussendlich klarer Entscheid

Die Teilrevision der Kantonsverfassung zuhanden der Volksabstimmung wurde schliesslich mit 76:20 Stimmen bei fünf Enthaltungen verabschiedet. In den Erläuterungen zum Urnengang wird nur dieses Schlussresultat genannt. Die deutliche Mehrheit verschleiert allerdings, wie umstritten das Geschäft im Grossen Rat tatsächlich war.

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