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«Reinhardt war unser grosses Vorbild»

Es biete sich nicht alle Tage die Chance, ein so super-spannendes Kommando zu übernehmen, sagt der frisch gewählte Bündner Polizeikommandant Beat Eberle im Gespräch mit der «Südostschweiz».

Südostschweiz
16.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Mit Beat Eberle sprach Peter Simmen

Herr Eberle, Sie waren erst bei der Polizei, dann während mehrerer Jahre bei der Armee, und sie kehren jetzt wieder zur Polizei zurück. Weshalb?

Beat Eberle: Wer sich meinen Lebenslauf genau ansieht, stellt fest, dass ich einige Führungsfunktionen innehatte. Einen Betrieb führen, das mache ich wirklich gerne. Die Ausrichtung des Betriebs ist dabei gegeben. Ich bin im Militär mit Friedensförderung engagiert und war zuvor bei der Militärpolizei – beides Funktionen, die im Kern mit Sicherheit zu tun haben, wie das Kommando bei der Polizei. Ich denke, es ist ein roter Faden in meiner Laufbahn erkennbar. Zudem bietet sich nicht alle Tage Gelegenheit, ein so super-spannendes Kommando zu übernehmen – und das erst noch in der richtigen Ecke der Schweiz.

«Die Perspektive ist nicht mehr gleich reizvoll»

Haben Sie Verbindungen nach Graubünden?

Wenn man in Flums wohnt und an der Grenze zu Graubünden aufgewachsen ist, kann man nicht keine Verbindungen nach Graubünden haben. Nicht nur, dass ich einen Grossteil meiner Militärdienstzeit in Graubünden verbracht habe, kulturell sind wir Sarganserländer den Bündnern näher als den Stadt-St.-Gallern.

Als oberster Chef der Friedenseinsätze im Ausland haben Sie doch bereits einen super-spannenden Job. Sie geben eine internationale Tätigkeit für des Polizeikommando in einem Bergkanton auf.

Meine aktuelle Tätigkeit ist sehr spannend, das ist so. Während meiner Arbeit als Polizeioffizier in Schwyz wurde ich vom Militär aus motiviert, mich für eine internationale Tätigkeit zur Verfügung zu stellen. Das hat mich damals sehr angesprochen. Ich hatte eine junge Familie und Kinder, die wir mit Blick auch auf die schulische Situation problemlos ins Ausland mitnehmen konnten. Meine aktuelle Funktion führe ich seit vier Jahren aus. Im Militär gibt es eine Art Rotationsprinzip. Das heisst, meine Zeit als Kommandant der Swissint läuft früher oder später sowieso ab. Wenn ich dann wieder einen internationalen Einsatz annehmen wollte, müsste ich wohl ohne Familie gehen. Meine Kinder sind in einer Phase, in der sie nicht mehr so einfach die Schule oder den Lehrbetrieb wechseln können. Die Perspektive ist also nicht mehr gleich reizvoll wie damals. Deshalb ist es für mich ideal, jetzt das Polizeikommando zu übernehmen.

Ihr Vorgänger ist unter tragischen Umständen aus dem Amt geschieden, begleitet von einem riesigen medialen Interesse. Mit welchen Gefühlen gehen Sie an Ihre neue Arbeit heran?

Ich habe mit der ganzen Geschichte absolut keine Berührungspunkte, das sehe ich als grossen Vorteil. Mir ist aber bewusst, dass die Nachfolge von Markus Reinhardt keine einfache ist. Er war sehr lange ein guter Kommandant und hat das Korps sicher stark geprägt. Zweitens sind die Umstände des Wechsels tragisch und ungewöhnlich. Das macht es sicher nicht einfacher. Ich habe mir die Frage gestellt, ob ich es schaffen kann, diese Hürde zu nehmen. Und ich bin zum Schluss gekommen – es ist möglich.

Sie hatten mit Herrn Reinhardt beruflich zu tun?

Ja, wir waren als Polizeikommandanten in denselben Gremien und hatten beruflich Kontakt. Zu dieser Zeit war er das grosse Vorbild unter den Kommandanten. Schon bei meiner Ausbildung zum Polizeioffizier war er einer der Instruktoren. Ich habe ihn sehr geschätzt.

Ist es von Vorteil, dass ein Externer die Nachfolge antritt?

Ich kenne die Überlegungen der Regierung, mich zu wählen, nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass es für jede Organisation von Zeit zu Zeit nicht schlecht ist, wenn eine Führungsperson von aussen dazukommt. Wenn jemand 26 Jahre eine Organisation führt, hinterlasst das wohl auch gewisse Spuren.

Heisst das, dass jetzt im Polizeikorps grundlegende Änderungen zu erwarten sind? Oder geben Sie sich dafür etwas Zeit?

Diese Zeit nehme ich mir. Ich bin am Tag der Wahl noch nicht in der Lage zu beurteilen, was nötig ist, um das Korps zu verbessern. Jeder Kommandant strebt danach, seine Arbeit so gut und so effizient als möglich zu machen. Der Kommandant muss die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, damit die Mitarbeiter Erfolg haben können.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil umschreiben?

Ich sehe mich als teamorientierten Chef, der die Mitarbeiter gerne zu Beteiligten macht und der wichtige Entscheide mit ihnen zusammen fällt. Das nicht, um Verantwortung abzugeben. Die Führungsverantwortung will ich wahrnehmen. Im Militär wie bei der Polizei gilt dasselbe. Wir haben einen Auftrag zu erfüllen, und der Führungsstil muss so sein, dass dieser Auftrag bestmöglich erfüllt werden kann.

Von Peter Simmen

Chur. – Die Wahl des neuen Bündner Polizeikommandanten war mit Spannung erwartet worden, jetzt liegt das Ergebnis vor: Mit dem 50-jährigen, in Flumserberg-Saxli wohnhaften Beat Eberle hat sich die Regierung für eine externe Lösung entschieden.Von den 17 eingegangenen Bewerbungen – darunter eine Bewerbung einer Frau – decke Eberle aus Sicht der Regierung das Anforderungsprofil am besten und am breitesten ab, sagte Regierungsrätin Barbara Janom Steiner auf Anfrage. Eberle bringe juristische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse mit, er verfüge über eine polizeiliche Ausbildung und auch über polizeiliche Erfahrung aufgrund seiner Tätigkeit als interimistischer Kommandant der Kantonspolizei Schwyz. Nicht zuletzt habe Eberle dank seiner verschiedenen Funktionen bei der Armee auch breite Führungserfahrung.Eberle ist seit 2007 vollberuflich im Militär tätig und kommandiert als Oberst im Generalstab das Kompetenzzentrum Swissint in Stans (Nidwalden). Das Kompetenzzentrum Swissint ist die nationale Kommandostelle sämtlicher friedensfördernder Auslandeinsätze der Armee. Swissint führt 280 Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten und Zivilpersonen in mehr als einem Dutzend Operationen in Europa, Afrika und Asien. Zuvor hatte Eberle das Kommando der Swisscoy in Kosovo inne (2000 bis 2002), diente dann im Rang eines Obersten im Generalstab als Militärattaché für das Baltikum in Schweden (2003 bis 2005) und war schliesslich für zwei Jahre Kommandant der territorialen Militärpolizei.Seinen beruflichen Werdegang begann Eberle mit dem Studium der Rechte in St. Gallen und Bern, das er 1992 mit dem Anwaltspatent abschloss. Von 1995 bis 1997 war er als selbstständiger Anwalt tätig. Dann arbeitete er als Polizeioffizier bei der Kantonspolizei Schwyz: von 1997 bis 2000 als Stabs- und Kripochef, von 2000 bis 2002 als Kommandant ad interim. Eberle war auch politisch aktiv. Von 2005 bis 2008 vertrat er als Mitglied der CVP seinen Wahlkreis im St. Galler Kantonsrat.Als Nachfolger von Markus Reinhardt wird Eberle die Führung des 400-köpfigen Korps der Bündner Kantonspolizei am 1. Januar 2011 übernehmen. Reinhardt, der die Kantonspolizei 26 Jahre kommandierte, nahm sich im letzten Januar kurz vor Beginn des WEF in Davos das Leben. Er war alkoholkrank.

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