×

«Das Wichtigste ist, darüber zu reden»

Mit dem kantonalen Projekt «Bündner Bündnis gegen Depression» soll die Bündner Bevölkerung zum Thema Depression aufgeklärt und sensibilisiert werden.

Südostschweiz
15.09.10 - 02:00 Uhr
Zeitung

Von Susanne Turra

Chur. – Bin ich jetzt depressiv? Diese Frage stellt sich mit Sicherheit jeder Mensch einmal im Leben. Vielleicht dann, wenn er traurig ist oder sich so leer und müde fühlt, dass er morgens gar nicht mehr aufstehen will. Depression ist also ein Thema, das alle angeht und – Depression kann jeden treffen. Dennoch will niemand darüber sprechen. Damit ist jetzt Schluss. Um die Bündner Bevölkerung über die Krankheit Depression zu informieren und sensibilisieren, hat die Regierung Anfang Jahr das Projekt «Bündner Bündnis gegen Depression» ins Leben gerufen. Seither wurden zahlreiche Aktivitäten und Veranstaltungen durchgeführt. Das Projekt soll zwei Jahre laufen – aktuell finden im Kanton zwei Aktionswochen zum Thema statt (siehe Kasten). Startschuss war am Montagabend im Auditorium des Bildungszentrums für Gesundheit und Soziales (BGS) in Chur.

Depression ist behandelbar

«Den Menschen soll bekannt sein, welche Symptome auf eine Depression hindeuten und was man dagegen tun kann», sagte Regierungsrätin Barbara Janom Steiner, Vorsteherin des Departements für Justiz, Sicherheit und Gesundheit, vor vollem Saal. Laut Untersuchungen ist der Anteil an depressionsbetroffenen Menschen in der Schweizer Bevölkerung hoch. Doch depressive Erkrankungen bleiben vielfach unbehandelt, obwohl sie behandelbar sind.Grund dafür sei einerseits, dass solche Erkrankungen für die Betroffenen wie auch für ihr Umfeld nicht ohne weiteres erkennbar seien, so Janom Steiner weiter. Andererseits fürchteten depressive Menschen, bei Bekanntheit ihrer Krankheit stigmatisiert zu werden – das heisst eine Charakterisierung durch negativ bewertete Merkmale zu erhalten, die zu sozialer Diskriminierung führt. Und genau in diesem Punkt liegt auch ein Ziel des Projekts. «Depression soll entstigmatisiert werden», sagte Janom Steiner. Und: «Depression soll genauso selbstverständlich als Erkrankung angesehen werden wie Bluthochdruck oder Diabetes.»Doch, bin ich jetzt depressiv oder nicht? So lautet immer noch die Frage, die allseits beschäftigt. «Wenn man nur ein bis zwei Tage traurig ist, redet man noch nicht von einer Depression», so Suzanne von Blumenthal, Chefärztin der Psychiatrischen Dienste Graubünden. Eine Depression erkenne man an der Veränderung der Gefühle, des Denkens und des Verhaltens einer Person. «Diese Veränderungen müssen aber mindestens zwei Wochen lang bestehen.» Und was sind die Ursachen für eine Depression? Eine Ursache könne sicherlich eine familiäre Häufung von Problemen oder Erbfaktoren sein, sagte von Blumenthal. Dabei handle es sich aber um ganz verschiedene Faktoren. «Es gibt kein eindeutiges Depressionsgen.»Weitere Ursachen können seelische Belastungen und neue Lebensphasen, aber auch mangelndes Selbstwertgefühl oder körperliche Krankheiten sein. Wichtig dabei sei, dass nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch die Angehörigen oft Hilfe benötigten, betonte von Blumenthal. Und: «Das Wichtigste ist, darüber zu reden.»

Theater zur Verdeutlichung

Diese Botschaft wurde den Anwesenden anschliessend von der Theatergruppe «Interaktives Theater Knotenpunkt Zürich» auf eindrückliche Weise näher gebracht. Das Stück «Mittendrin und voll im Nebel» liess das Publikum auf der Suche nach einem gesunden Umgang mit der Depression gleich selbst aktiv werden – es wurde darüber geredet.

Anlässlich der Aktionswochen vom 13. bis 24. September des Bündner Bündnisses gegen Depression finden folgende Informationsveranstaltungen statt: 15. September: Davos, Schweizerische Alpine Mittelschule, «Depression bei Kindern und Jugendlichen»; 16. September: Samedan, Spital Oberengadin, «Volkskrankheit Depression/Babyblues oder Depression?»; 17. September: Scuol, Gemeindesaal, «Volkskrankheit Depression/Depression im Alter»; 20. September: Ilanz, Aula Stadtschulhaus, «Burnout und Depression – Überschneidungen und Abgrenzungen»; 21. September: Thusis, Krankenhaus, «Volkskrankheit Depression/Die Rolle der Religion in Lebenskrisen»; 22. September: Chur, Brandissaal B12, «Depression bei Kindern und Jugendlichen»; 23. September: Soazza, Sala riunioni del Centro culturale, «Burnout o depressione? Differenze e similitudini»; 24. September: Poschiavo, Convento St. Maria, «Bambini e giovani depressi – cosa fare?» Alle Veranstaltungen beginnen um 19.45 Uhr und sind kostenlos. (st)

Weitere Infos unter www.bbgd.ch.

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Zeitung MEHR