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Wer wird Jungunternehmer 2016?

Heute Abend findet das 
4. Jungunternehmerforum Graubünden in der Aula der HTW Chur statt. Es ist die Plattform für Firmengründer, Start-ups, KMU-Nachfolger und junge Führungspersönlichkeiten. Wir stellen Euch hier die Anwärter auf die Auszeichnung «Jungunternehmer 2016» vor.

Südostschweiz
25.10.16 - 12:25 Uhr
La Quotidiana

Drei Start-ups sind im Rennen um die Auszeichnung. Wir habe alle drei getroffen und stellen sie Euch hier vor.


Start-up 1: Regionale Delikatessen per Mausklick

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Franco Jenal ist einer von drei Finalisten für den Titel Jungunternehmer des Jahres. Er verkauft über den Online-Shop Buyfresh «Coolinahrig» Schweizer Spezialitäten von regionalen Produzenten.  

Mittlerweile bieten 70 Produzenten ihre Spezialitäten in seinem Online-Shop Buyfresh an. Bereits über 250 Kundinnen und Kunden haben sich bislang die Produkte per Mausklick bestellt. «Buyfresh ist ein Portal für beste regionale Spezialitäten», sagt Jenal. «Mit Delikatessen aus der ganzen Schweiz.» Angeboten wird zum Beispiel Boutefas vaudois, geräucherte Waadtländer Schweinswurst. Feigensenf mit Apfel. Waldbeerensaft. Oder Honigwein. 
Die Nahrungsmittel werden ressourcenschonend produziert, das Fleisch stammt aus artgerechter Haltung. «Es sind nachhaltige, ehrliche Produkte», so Jenal. Und im Online-Shop ist nicht immer alles zu haben. «Das Sortiment richtet sich nach der Saison», erklärt Jenal. «Spargeln gibt es nur im Frühling und Alpschweine im Herbst.» Verschickt wird die Ware direkt ab Hof. 

Punkten mit Transparenz

Jenal war lange Geschäftsführer des Wirtschaftsforums Graubünden und von Innozet, dem Unternehmensgründerzentrum in Grüsch. Jetzt ist er selber Jungunternehmer. Wichtig ist ihm und Firmenmitgründer Daniel Kohler dabei Transparenz. Von sämtlichen Produzenten gibt es deshalb ein Porträt ihres Betriebs. «So wissen die Kunden, woher die Nahrungsmittel stammen und wie sie produziert werden», meint Jenal. Ein Portal für Anbieter aus allen Landesteilen sei für die Konsumenten zudem einfach und bequem. 

Wer sind die Buyfresh-Kunden? Für Statistiken sei es noch zu früh, antwortet Buyfresh-Geschäftsführer Jenal. Der Spezialitäten-Shop ist erst seit gut 15 Monaten online. «Wir sehen aber, dass viele Kunden aus der Deutschschweiz stammen und tendenziell aus dem städtischen Raum kommen.» Sie entsprechen somit dem Geschäftsmodell, das auf qualitätsbewusste Konsumenten zugeschnitten ist: Feinschmecker, die sich gerne mit guten und schönen Dingen umgeben und ein Flair haben für handwerklich hergestellte, exklusive Produkte. 

Zugleich spricht Buyfresh junge, aufgeschlossene Menschen an, die Internet und Smartphone für die täglichen Bedürfnisse nutzen. Überhaupt ist Jenal überzeugt, dass künftig noch mehr Menschen rund um die Uhr 
digital einkaufen werden und sich Schweizer Kulinarik komfortabel frei Haus liefern lassen. Nach gut einem Jahr im Netz zeichnet sich ab, welche Produkte beliebt sind: «Für Mischpakete mit Angusbeef haben wir viele Bestellungen», sagt Jenal. Und auch Trockenfleisch laufe gut, so wie Single Malt aus dem Unterengadin. «Das zeigt, dass nicht nur 
das Nahrungsmittel zählt, sondern die Produkte mit Emotionen verbunden sind und die Geschichte dahinter wichtig ist.»

Bruderhahn in der Box

Das ist auch bei der Bruderhahn-
Aktion der Fall, die erfreuliches Echo ausgelöst hat: Männliche Küken, die gewöhnlich nach dem Schlüpfen getötet werden, zieht der Malanser Familienbetrieb Clavadetscher gross. Die Pouletstücke werden im Webshop in einer Bruderhahn-Box verkauft. Noch besteht ein Gutteil der Arbeit darin, neue Produzenten zu suchen, zu finden und die Produkte online zu stellen. «Die Produzenten bringen uns viel Wohlwollen entgegen», freut sich Jenal, «viele kommen aktiv auf uns zu.»

Als anspruchsvoll habe sich hingegen die Marketingarbeit erwiesen, bilanziert er. «Um einen Namen bekannt zu machen, braucht es einen langen Atem.» Buyfresh will sich weiter auf dem Markt festigen und sucht deshalb die Zusammenarbeit mit anderen Vermarktern. Mit Alpinavera und Culinarium arbeitet man bereits zusammen und auch mit der AOP-IGP (Spezialitäten mit Ursprungsgarantie und Spezialitäten mit Tradition). Mit Graubünden Viva führt Jenal intensive Gespräche. «Zusammenar-beit ist in dieser Branche das Gebot der Stunde», ist er überzeugt. «Gerade weil die Technik viele Möglichkeiten bietet und sich Websites leicht verlinken lassen.»


Start-up 2: Prickelnde Momente sind ihre Passion 

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Andrea Anhorn gehört zu den wenigen zertifizierten Hochzeitsplanerinnen im Kanton. Mit ihrer Geschäftspartnerin Olivia Derungs, einer Eventmanagerin, sorgt sie mit dafür, dass Anlässe überzeugen und Hochzeiten berühren. 

Doch, ein klein wenig angespannt sei sie am Vorabend eines Anlasses schon, sagt Olivia Derungs. Aber sobald sie loslegen könne, sei jegliche Nervosität verflogen. Strahlende Kunden, ergänzt ihre Geschäftspartnerin Andrea Anhorn, seien die schönste Belohnung: «Die Gastgeber dürfen sich zurücklehnen, denn wir halten alle Fäden in der Hand.»

Begeisternde Events, unvergessliche Anlässe und prickelnde Augenblicke sind das Geschäft der beiden Jungunternehmerinnen. Die leidenschaftlichen Organisatorinnen sind erst seit diesem Sommer im Geschäft. Und erfreut darüber, wie gut ihr Start-up-Unternehmen Eventfieber angelaufen ist. «Die Kundenanfragen liegen deutlich über unseren Erwartungen», sagt Anhorn. «Unsere Werbung findet grösstenteils auf Social Media statt, vieles läuft aber über Mund-zu-Mund-
Propaganda.» 

Zwei Macherinnen mit 
positivem Geist

Zugute kommt den beiden Geschäftsfrauen, dass sie sich auf starke Partnerschaften abstützen können: auf Catering- und Gastronomiebetriebe, Hotelfachleute, Floristen, Musiker, Dekorateurinnen. Zudem haben beide Frauen Erfahrung im Management im Allgemeinen, Eventmanagement im Speziellen und in der Gastronomie. Und sie scheinen sich bestens zu ergänzen: Die eine ist Macherin mit positivem Spirit, die andere der ruhige Pol und eine strukturierte Planerin, wie sich die beiden selber beschreiben. 

Ob sie persönlich zusammenpassen, haben die Frauen, die seit zehn Jahren befreundet sind, auf einer gemeinsamen Reise überprüft. Das Fazit fiel positiv aus. Und geschäftlich hätten sie ohnehin die gleichen Werte, meinen beide unisono.

Full Service aus einer Hand

Zu Eventfieber kommen genussorientierte Brautpaare und Privatpersonen aus der Ostschweiz, dem Liechtensteinischen und aus Zürich sowie kleinere bis mittlere Unternehmen, KMU etwa, die einen Firmenanlass planen. Oft fehlen die Ressourcen, um einen 
Anlass auf die Beine zu stellen, haben Anhorn und Derungs erfahren. Und die Kunden schätzen, dass sie alles aus einer Hand bekommen: Planung, Durchführung und Nachbearbeitung. Gleichzeitig haben sie bei diesem Full Service stets nur zwei Ansprechpartnerinnen.

«Die einen Kunden haben bereits eine feste Vorstellung von ihrem Fest», erklärt Derungs, «für andere machen wir Vorschläge für den Ablauf und 
suchen nach einem passenden Ort.» Das «Bestzeit Hotel» in Parpan sei beispielsweise eine solche Perle. Oder der «Pfrundstall» in Tomils, erwähnt Anhorn: «Mit der entsprechenden Dekoration lässt sich das Lokal bestens 
gestalten.» 

Vorrecherchen und -abklärungen machen einen guten Teil der Eventplanerinnen aus. «Das Fest ist dann gewissermassen das Dessert», meinen sie.

Freude, Fingerspitzengefühl – und edles Blech

Abheben von anderen Agenturen möchten sich die Wedding- und Eventplanerinnen mit einer persönlichen, mutigen und fachkompetenten Beratung. «Unser Do-how, Professionalität und individuelle Ideen sorgen dafür, dass ein Event begeistert und für Gesprächsstoff sorgt», sind Derungs und Anhorn überzeugt. Und sie betonen: «Wir inszenieren sowohl Grossveranstaltungen wie Privatpartys mit derselben Leidenschaft und kümmern uns mit Fingerspitzengefühl und Freude um Hochzeiten.»

Dabei kann Eventfieber nicht zuletzt mit einer exklusiven Fahrzeug-flotte auftrumpfen: einem Mustang, einem Pontiac und mit einem dreirädrigen Tuctuc samt Chauffeur. «Mein Vater ist ein passionierter Fahrzeugsammler», erzählt Anhorn. «Er stellt uns seine Flotte gerne zur Verfügung und chauffiert Kunden standesgemäss in schwarzem Anzug und mit Mütze zu ihrem Anlass.»


Start-up 3: Bettina Schlumpf springt ein, wenn
es eng wird

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Bettina Schlumpf ist eine Virtual Assistant: Sie unterstützt Unternehmen auf Stundenbasis bei zeitraubenden Aufgaben, übernimmt Ferienvertretungen 
oder baut Pendenzen ab. Ihre Dienstleistungen sind gefragt.


Es gebe nur wenig passende Bezeichnungen auf Deutsch für ihren Beruf, sagt Bettina Schlumpf, die sich Anfang Jahr als Virtual Assistant selbstständig gemacht hat. «Ich antworte deshalb manchmal lapidar ‘Bürojoker’, wenn mich jemand, fragt, was ich mache», meint sie. In den USA aber, erklärt sie, sei 
allen klar, was eine Virtual Assistant mache, und auch in England sei die Berufsbezeichnung gang und gäbe.

Die Dienstleistungen, welche die gelernte Direktions- und Personalassistentin anbietet, sind gefragt. «Ich entlaste Unternehmen und KMU auf Stundenbasis bei einem personellen oder zeitlichen Engpass und unterstütze Einzelunternehmer bei der Administration», erklärt Schlumpf. Dabei arbeitet sie entweder vor Ort, etwa bei einer Messe; in der Firma ihrer Kunden, beispielsweise wenn sie eine Ferienvertretung übernimmt; oder in ihrem eigenen Büro an der Churer Herrengasse 7. 

Motivation steigt unter Druck

«Oft bin ich das fehlende Puzzle-
teilchen, das es braucht, um eine Aufgabe oder ein Projekt termingerecht zu erledigen», fasst Schlumpf zusammen. Die Arbeiten, die sie übernimmt, decken eine grosse Bandbreite ab: Sie verschickt für ihre Kunden Newsletter und personalisierte Mails, bewirtschaftet die sozialen Medien und die E-Mail-Posteingänge, bringt die Homepage à jour, führt Budgets nach, aktualisiert Firmenpräsentation, erledigt administrative Arbeiten oder bereitet sämtliche Unterlagen für die Qualitätszertifizierung vor. 
Unter Zeit- und Termindruck läuft Schlumpf jedenfalls zu Hochform auf. Sie sagt: «Wenn der Druck steigt, arbeite ich umso motivierter.»
Zuweilen sind es auch schlicht Fleissarbeiten, etwa Adresslisten erfassen, die ihr Unternehmen übertragen. Schlumpf lächelt. Auch das mache sie gerne.

Aus den unterschiedlichsten Branchen kommen ihre Kunden. Und nicht nur Einzelunternehmen und KMU sind dabei, Schlumpf springt auch für Hotels und Restaurants ein, für Vereine und Tourismusdestinationen.

Die Fähigkeiten reichen 
für mehrere Chefs

Die 34-jährige Schlumpf war mehrere Jahre die persönliche Assistentin des ehemaligen Graubünden-Ferien-CEOs Gaudenz Thoma. Als sie vor über einem Jahr von einem mehrwöchigen Nepalaufenthalt zurückkehrte, stand sie vor neuen Tatsachen: Ihr Vorgesetzter teilte ihr mit, dass er sich beruflich neu orientiere. «Ich war zu
jener Zeit in Nepal, als die Erd-
beben das Land erschütterten», erzählt Schlumpf, «da macht man sich automatisch grundsätzliche Gedanken zum eigenen Leben.» Nach ihrer Rückkehr stellte sich zusätzlich die Frage, wie es mit ihrer Laufbahn weitergehen soll.

Der Gedanke, sich selbstständig zu machen, war Schlumpf schon früher gekommen; nur fehlte bis dahin die zündende Geschäftsidee. Jetzt schrieb sie ihre Vorstellungen nieder, notierte ihre Ideen, bis daraus ein Businessplan entstand, und liess sich schliesslich als Einzelfirma ins Handelsregister eintragen.

«Meine Stärken sind das vernetzte Denken, breit gefächertes Know-how, Berufserfahrung in verschiedenen Branchen und eine effiziente, strukturierte Arbeitsweise», sagt Schlumpf. «Irgendwann dachte ich mir, dass vielleicht mehrere Vorgesetzte von diesen Kompetenzen profitieren könnten.»

Geschickte Netzwerkerin

Ihre ersten Kunden kannte die Jungunternehmerin von früheren Tätigkeiten. Schlumpf ist aber auch eine gute Netzwerkerin. Bald trat sie dem KMU-Netzwerk Graubünden bei und dem Verband Frauenunternehmen. «Dieser Austausch ist wichtig», findet Schlumpf, «nicht zuletzt, um einen Firmennamen zu festigen.»

Von ihren Kunden hört die Perfektionistin oft ein erleichtertes «Sie haben uns echt geholfen», oder man dankt ihr, dass sie einer Führungskraft den Rücken frei hielt.

«Solche Rückmeldungen machen mich glücklich», meint Schlumpf. 
Der Zukunft schaut die mehrsprachige Dienstleisterin freudig entgegen: «Denn ich denke, dass ich noch 
manches Unternehmen beim erfolg-
reichen Wirtschaften unterstützen kann.»

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