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Überangebot an Mietwohnungen im Engadin

Im Engadin stehen immer mehr Mietwohnungen leer. Diese Situation drückt auch auf die Preise.

Südostschweiz
21.10.16 - 07:00 Uhr
La Quotidiana

Lang ist die aktuelle Dauermietliste der Tourismusorganisation Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG. Aktuell beträgt sie rund 90 Angebote von Mietwohnungen von Susch bis Samnaun. Für das Unterengadin ist das eine beachtliche Zahl.

Es sind auf den ersten Blick gute Angebote: meist renovierte, helle Wohnungen an schöner Lage. Die Preise liegen zwischen 600 Franken für ein Studio bis zu 1500 Franken für eine Viereinhalbzimmerwohnung – mit wenigen Ausnahmen.

Viele der Wohnungen sind ab sofort vermietbar, einige davon stehen schon seit Wochen auf der Liste. Im Unterengadin herrscht definitiv ein Überangebot an Mietwohnungen.

Die Arbeiterfamilien fehlen

Martin Lauber von Lauber Barbüda Treuhand sieht zwei Gründe, warum die Dauermietliste dermassen lang geworden ist: die Zweitwohnungsinitiative und die wirtschaftliche Krise. «Nach der Annahme der Zweitwohnungsinitiative im 2012 ist der Run auf die noch vorhandenen Zweitwohnungskontingente gross gewesen», erklärt er. Seither wurde viel gebaut und automatisch waren auch Erstwohnungen dabei, da in vielen Gemeinden ein gewisser Prozentsatz an Erstwohnungen erfüllt werden muss. 

Im Unterengadin sind zudem innerhalb kürzester Zeit  mehrere Hotels geschlossen worden, darunter auch der «Robinson Club Schweizerhof» in Vulpera. Ein Hotelier in Scuol hat ein eigenes Personalhaus gebaut. Diese Mieter fehlen jetzt. Hinzu kommt, dass das Baugewerbe in einer Krise steckt. Viele Handwerker und Bauarbeiter suchen sich Arbeit ausserhalb des Tals und ziehen weg. Ihre Familien nehmen sie mit.

«Wir haben zu viel gebaut»

Einer der führenden Firmen in der Immobilienbranche im Oberengadin ist Niggli und Zala AG. «Auch wir haben freie Wohnungen, aber es ist weniger dramatisch, als im Unterengadin», sagt Andry Niggli. Er stellt allerdings fest, dass die Preise kontinuierlich sinken, da die Nachfrage an Erstwohnungen kleiner wird. 

«Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten einfach viel zu viel gebaut», meint Niggli. Besonders intensiv sei die Bautätigkeit zwischen 2013 und 2016 gewesen, also nach Annahme der Zweitwohnugsinitiative. Die grossen Bauten werden erst jetzt fertiggestellt. «Wir haben dieses Überangebot selber produziert und jetzt haben wir ein Problem», ist das ehrliche Fazit des Fachmannes.

Immer mehr leere  Mietwohnungen 

Das Amt für Wirtschaft und Tourismus hat kürzlich die Statistik  zum Leerwohnungsbestand in Graubünden 2010-2016 publiziert. Auf Kantonsebene hat sich der Bestand an leerstehenden Wohnungen in dieser Zeitspanne verdoppelt. 632 Mietwohnungen standen am 1. Juni 2010 leer, am 1. Juni 2016 waren es 1394. Etwas besser sieht es bei den Wohnungen aus, die zum Verkauf standen. 2010 waren es 557 und 2016 waren es 1173. 

Die markantesten Unterschiede findet man in den Regionen  Maloja, Imboden, Surselva und Engiadina Bassa (siehe Grafik). (fh)

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