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Auch nach über vier Jahrzehnten noch in aller Munde

Diesen Glace-Klassiker kennt praktisch jedes Kind. Auch 46 Jahre nach ihrer Markteinführung ist die Rakete bei Gross und Klein gleichermassen beliebt. Die «Südostschweiz» war bei der Produktion in Rorschach dabei.

Südostschweiz
17.07.15 - 17:25 Uhr
La Quotidiana

«Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit.» Diese Worte sagte Neil Armstrong, als er vor über vier Jahrzehnten als erster Mensch einen Fuss auf den Mond setzte. Am kommenden Dienstag jährt sich die erste Mondlandung zum 46. Mal. Aber nicht nur die Worte des US-Astronauten hallen bis heute nach, auch ein Schweizer Produkt, das 1969 passend zu diesem Weltereignis auf den Markt kam, ist buchstäblich immer noch in aller Munde. Die Raketenglace von Frisco. Der beliebte Lutscher wurde damals in Anlehnung an die Mondlandung entwickelt. Wer die zündende Idee dazu hatte, bleibt bis heute ein Geheimnis.

«Seit Einführung der Rakete haben wir rund 368 Millionen Stück verkauft», rechnet Andreas Rodel, Marketingchef bei Frisco, hoch. «Jedes Jahr verkaufen wir rund acht Millionen Stück der Wasserglace.» Oder: Jeder Schweizer, jede Schweizerin gönnt sich einmal im Jahr eine Rakete. 2014 lag der Glacekonsum in der Schweiz pro Kopf bei 5,2 Litern. Knapp 43 Millionen Liter Speiseeis verkauften die Mitglieder des Verbandes Schweizerischer Glaceproduzenten Glacesuisse, dem auch Frisco angehört, im letzten Jahr. Im sogenannten Impulse-Geschäft, sprich an den Kiosken, sei die Rakete die beliebteste Glace. «Dicht gefolgt von unseren anderen Klassikern Winnetou und Extrême Cornet», so Rodel.

Bei Sonnenschein Lust auf Glace

Seit 1980 gehört Frisco zu Nestlé. Die Geschichte des Unternehmens geht weit zurück: 1886 gründeten die Brüder Wallrad und Philipp Bernhard die «Schweizerische Conservenfabrik Bernhard & Co.», die den Grundstein für den ersten Lebensmittel-Konservierungsbetrieb in Rorschach legte. Der ehemalige Angestellte Etienne Perret übernahm die Fabrik 1916 unter dem Namen Coro, später Roco. Der Durchbruch gelang ihm 1934 mit den ersten industriell hergestellten Dosen-Ravioli und 1942 mit der Produktion von Tiefkühlprodukten unter der Tochtermarke «Frisco Kühlobst & Gemüse AG». Vor 55 Jahren brachte Frisco die erste Glace auf den Markt. 1969 startete die Firma mit der Rakete durch. Zwei Jahre später fusionierten Frisco und Findus. Der Rest ist Geschichte.

«Eine Erfolgsgeschichte», wie Rodel betont. Wie wichtig ist ein guter Frühling, damit die Erfolgsgeschichte auch umsatzmässig stimmt? «Sehr wichtig», sagt er. «Wenn die Sonne scheint, haben die Menschen automatisch Lust auf Glace.» Hohe Temperaturen seien zwar gut, «Glaces werden aber bei Sonnenschein verkauft.» Im letzten Jahr war der April der umsatzstärkste Monat, danach ging es bergab – vom Sommer 2014 will Rodel nichts mehr wissen. Er hofft, dass es heuer besser wird. «2009 war das letzte gute Jahr.» Unvergesslich ist der Jahrhundertsommer 2003, der «einfach genial war». Fast Tag und Nacht hätten sie Glaces produziert und seien mit den Lieferungen kaum mehr nachgekommen.

20 000 Raketen pro Stunde

Derzeit herrscht noch kein Engpass. Produziert wird in zwei Schichten an sechs Tagen in der Woche, von morgens um 5 Uhr bis abends um 23 Uhr. Nachts fährt dann die Reinigungsequipe auf. Die Maschinen spucken im Minutentakt Extrême Cornet, Winnetou und Café-Glace im Becher aus, um nur einige zu nennen. «Rund 150 Produkte hat Frisco im Sortiment, und bei Mövenpick sind es nochmals so viele.» 120 Mitarbeiter sind für die beiden Glacemarken zuständig. Seit zwölf Jahren gehört Mövenpick zu Nestlé. Rund 22 Millionen Liter Glace (Frisco und Mövenpick) werden jedes Jahr her-gestellt und in der ganzen Schweiz sowie in Teilen Europas und in Russland verkauft.

Rodel macht einen Abstecher in die Produktion und zieht sich dafür um. Mit weissem Hygienemantel und speziellen Schuhen, Schutzbrille und -helm sowie Ohrstöpseln gehts rein. Süsser Orangenduft liegt in der Luft. Die Raketen-Produktion ist in vollem Gange. 532 Förmchen zählt die Linie, 14 Raketen können pro Bahn gleichzeitig produziert werden, 38 Bahnen sind es. Zuerst wird der Ananassaft in die Form gefüllt, danach läuft die Bahn bei minus ein Grad weiter, bevor Orangen-Glace dazugegeben wird. Das Eis läuft im Solebad zur nächsten Station, wo das Holzstäbchen hineingesteckt wird. Ganz zum Schluss taucht der Ananasspitz ins Schoggibad ein. «Pro Stunde stellen wir 20 000 Raketen her», sagt Elmar Hug, Leiter der Produkteentwicklung.

Seit 20 Jahren arbeitet er bei Frisco. Neben der Entwicklung von neuen Produkten war Hug in den letzten Jahren vor allem damit beschäftigt, bei den Glaces die künstlichen Zusatzstoffe durch natürliche Zutaten auszutauschen. Dabei durfte es beim Geschmack keine Einbussen geben. Über drei Jahre habe man beispielsweise an der Café-Glace getüftelt, bis der Geschmack mit den natürlichen Zutaten wieder derselbe war, wie jener mit den nicht natürlichen Zusatzstoffen.

Lagerung bei minus 28 Grad

Zurück zu den Raketen, die im Glacepapier verpackt vom Band laufen. In Zwölfer-Multipacks geht die Reise auf dem Förderband weiter ins Tiefkühllager. Dort stehen grosse Kartons für den Abtransport bereit. «Die Lutscher lagern wir bei minus 28 Grad», sagt Rodel. «Die heutige Produktion wird innerhalb von zwei bis drei Wochen auf dem Markt sein.» Die Nachfrage nach Raketen und Co. ist bei den derzeitigen Sonnenstunden gross. Der Beginn des Kapitels «Sommer 2015» der Frisco-Erfolgsgeschichte ist vielversprechend. (Denise Erni)

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