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Eine Frage des Willens

Gstaad-Überfliegerin Rebeka Masarova verzückt auch das Bündnerland weiter. Nach dem 7:6, 4:6, 6:1-Sieg am Freitag gegen die Schwedin Mirjam Björklund spielt die Höhenfliegerin der letzten Monate an der U18-EM in Klosters am Samstag um den Finaleinzug.

Südostschweiz
23.07.16 - 09:00 Uhr
südostschweiz

Von Marco Keller

Es war ein hartes Stück Arbeit am Freitag auf dem Centre Court. Rebeka Masarova Gegnerin zeigte sich so inspiriert wie in den letzten Tagen und erzeugte an der Grundlinie auf beiden Seiten enormen Druck. Und weil Masarova selber gleichzeitig relativ viele Fehler unterliefen, entwickelte sich eine ausgeglichene Partie, bei den oft entscheidenden wenigen Zentimetern hatte anfänglich die Skandinavierin die Nase vorn: Beim ersten Satzball blieb ein Drive von Masarova an der Netzkante hängen, beim zweiten spritzte Björklunds Aufschlag von der Aussenkante der Linie ab. Masarova liess sich aber vom unglücklichen ersten Satzverlust im Turnierverlauf nicht beirren und auch nicht, als es im zweiten Durchgang trotz 5:1 noch einmal eng wurde. Sie erhöhte die Kadenz und reduzierte gleichzeitig die Fehlerquote und konnte letztlich doch noch jubeln. Damit hat sie vor der heutigen Partie gegen die Russin Amina Anshba bereits Edelmetall auf sicher.

Die Partie am Freitag war beredter Beweis für die Richtigkeit einer These, die sich in in den letzten Tagen immer mehr abgezeichnet hatte: Rebeka Masarova verfügt nicht nur über enormes spielerisches Potenzial, sie ist vor allem auch gewillt, sich durchzubeissen. Niemand hätte es ihr übel genommen, wenn sie nach den körperlichen und mentalen Strapazen der letzten Woche mit enorm vielen neuen Eindrücken gar nicht nach Klosters gekommen wäre und nach Absprache mit ihrer Mutter und Trainerin Marivi stattdessen eine Pause eingeschaltet hätte. «Ich habe schon kurz gezögert», sagte sie, «aber ich habe mir dann auch gesagt, ich kann noch eine Woche länger spielen und dann Pause machen. Ich wollte unbedingt spielen und die Schweiz gut vertreten.»

Und das ist ihr auch gelungen. Sie polierte nicht nur die Bilanz der Swiss-Tennis-Girls massiv auf – für die anderen vier war die Startrunde auch gleich Endstation – sie tat dies vor allem, ohne ihr bestes Tennis abzurufen, wobei sie aber auch ihre mentalen Reserven anzapfen musste. Sie haderte nur in Ausnahmefällen mit sich und den Umständen und ihrer relativ hohen Fehlerzahl, sondern suchte immer wieder nach Lösungen. Erfolgreich. Und damit auch viel versprechend für die Zukunft, geht es doch im Tennis in erster Linie darum, dann Wege zum Sieg zu finden, wenn es nicht läuft.

Bald nur noch bei den Profis

Im Prättigau ist Masarova dem Ende ihrer Juniorenzeit wieder ein wenig näher gekommen. Die French-Open-Championne und Australian-Open-Halbfinalistin wird nun voraussichtlich auf U18-Stufe nur noch das US Open bestreiten und ansonsten versuchen, sich im WTA-Ranking weiter zu verbessern. Dort war sie vor einer Woche noch die Nummer 797, dank den aufeinanderfolgenden Siegen in Gstaad gegen die frühere Weltnummer 1 Jelena Jankovic (SRB), Anett Kontaveit (EST) und Annika Beck (GER) verbesserte sie sich direkt um 483 Positionen bis auf Rang 314 und ist damit bereits die Nummer 9 der Schweiz. Auf den Erfolgen im Berner Oberland will sie sich nicht ausruhen: «Das ist für mich nur Motivation, um noch mehr zu machen.» Swiss-Tennis-Herdcoach Yves Allegro traut ihr für die Zukunft viel zu: «Sie hat noch noch enormes Verbesserungspotenzial.»

Langfristige Planung

Ein solch kometenhafter Aufstieg, wie ihn Masarova seit Jahresanfang hinter sich hat, kann auch Gefahren bergen. Das Risiko nämlich, plötzlich zu schnell zu viel spielen zu wollen und auf dem langfristigen Weg nach oben Etappen auszulassen. Was sich dann in späteren Jahren rächen würde. Ihre umsichtige Mutter drückt deshalb auf die Tempo- und kurzfristig auch auf die Euphoriebremse: «Für die nächsten Jahre braucht sie noch mehr Stabilität im Körper und Schnelligkeit. Es ist ganz wichtig, dass wir jetzt wieder einen Aufbaublock einschalten.» Zu schneller Erfolg wäre aus ihrer Sicht sogar kontraproduktiv: «Wenn es zu schnell geht, erreicht sie bald ein Ranking, bei dem keine Zeit mehr bleibt, sich weiterzuentwickeln.»

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