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Ins eiskalte Wasser geworfen

Andy Schmid steht am Donnerstag im WM-Playoff gegen Slowenien vor seiner ersten Bewährungsprobe als Nationaltrainer. Wie blickt er auf die erste Zeit im neuen Amt zurück?

Agentur
sda
09.05.24 - 05:00 Uhr
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Nationaltrainer Andy Schmid steht vor seinem ersten Ernstkampf
Nationaltrainer Andy Schmid steht vor seinem ersten Ernstkampf
KEYSTONE/MICHAEL BUHOLZER

Ursprünglich wäre Andy Schmid noch bis zum Saisonende Spieler bei Kriens-Luzern gewesen und hätte erst danach die Schweizer Nationalmannschaft trainiert. Jedoch beendete der 40-Jährige nach der EM-Endrunde im Januar in Deutschland seine bemerkenswerte Karriere, in der er fünfmal zum MVP der Bundesliga gekürt wurde. Und weil wegen der verpassten Ziele an der EM-Endrunde die Zusammenarbeit mit dem damaligen Nationaltrainer Michael Suter bereits im Februar endete, übernahm Schmid das Amt früher als geplant.

«Anders wäre es entspannter gewesen, da bin ich ehrlich, auch weil am letzten Freitag noch die Prüfungen des Berufstrainerlehrgangs anstanden und die Vorbereitung viel Zeit in Anspruch genommen hat», sagt Schmid im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Auch sonst wäre mir lieber gewesen, wenn die erfolgreiche Ära von Suter hätte zu Ende geführt werden können. So war für mich jedoch klar, dass ich nicht sagen kann, noch nicht bereit zu sein. Da ich zuvor keine Trainererfahrung hatte, wäre ich auch im Sommer ins kalte Wasser gesprungen. So war dieses nun halt noch ein paar Grad kälter. Aber klar, ich freue mich auf die Pause, da ich bislang keine Zeit hatte, mein Karriere Revue passieren zu lassen.»

Persönliches Happy End

Den Gedanken, nach der EM als Spieler aufzuhören, hatte Schmid schon vor dem Turnier. Gereift ist der Entscheid dann nach der 14:27-Kanterniederlage im Eröffnungsspiel gegen Gastgeber Deutschland. «Das war von den ganzen Gefühlen her einer der Tiefpunkte in meiner Karriere mit dem Nationalteam», erzählt Schmid. Von daher waren seine Topleistungen gegen Frankreich (26:26) und Nordmazedonien (27:29/Schmid erzielte zwölf Tore) Balsam für die Seele. «In jenem Land, in dem ich zwölf Saisons spielte, im Alter von 40 Jahren vor ausverkauftem Haus zeigen zu können, dass ich auf diesem Niveau noch bestehen kann, war für mich persönlich ein Happy End.»

Nun steht er vor ganz anderen Herausforderungen. Was ist für ihn die grösste Umstellung? «Als Spieler bist du einer unter vielen. Nun muss ich einerseits das grosse Ganze im Blick haben, und andererseits gilt es, die Individualitäten der Spieler zu akzeptieren.» Die grösste Aufgabe für ihn ist nun, ein System zu implementieren, das ohne ihn als Spieler funktioniert. «Das Ziel der nächsten Jahre ist, dass wir breiter aufgestellt sind», so Schmid.

Schmid betont, dass er die Spieler nie mit ihm vergleichen möchte. «Klar denke ich manchmal, das habe ich anders gemacht. Von dem muss ich mich aber distanzieren, das wäre sonst nicht fair.» Sein Ansatz ist, den Spielern Möglichkeiten aufzuzeigen, aus denen sie auswählen können. «Sie müssen für sich selber jene Alternative finden, mit der sie sich am wohlsten fühlen. Das ist das Entscheidende.»

Auf dem Papier klar unterlegen

Seine Feuertaufe als Nationaltrainer gab Schmid Mitte März gegen Weltmeister Dänemark (25:30). Nun steht bereits das WM-Playoff auf dem Programm. Es blieb also kaum Zeit, seine Ideen einzubringen, was ohnehin das Los der Nationaltrainer ist. Zudem erhielten die Schweizer mit dem EM-Sechsten Slowenien, der sich für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert hat, einen harten Brocken zugelost. Das Hinspiel findet am Donnerstag um 18 Uhr in Koper statt, das Rückspiel am Sonntag um 16 Uhr in Winterthur.

«Rein auf dem Papier sind sie uns überlegen, das kann man nicht schönreden», sagt Schmid. «Ich konzentriere mich allerdings nicht gross auf Slowenien. Mein Anspruch ist, dass wir unser Leistungsmaximum abrufen und einen deutlichen Schritt vorankommen.»

Erschwerend dazu kommt die Abwesenheit von Goalie Nikola Portner, der klaren Nummer 1 im Schweizer Team. Der Torhüter von Bundesliga-Leader Magdeburg ist nach einer positiven Probe auf Methamphetamine suspendiert worden. Für Schmid ist das Ganze surreal. «Das ist in erster Linie für Nikola extrem bitter. Mein grösster Wunsch für ihn ist, dass sich das Ganze klärt. Ich stehe ihm zur Seite, wenn er mich braucht - er ist unser Freund und Captain dieser Mannschaft.» Mehr konnte und wollte Schmid verständlicherweise nicht sagen.

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