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Fabio Celestini verspürt grosse Verantwortung

Basels Trainer Fabio Celestini hat schon viel erlebt im Fussball. Authentizität ist für ihn das Wichtigste, richtig zuhause fühlt er sich in Spanien. Bis 2026 bleibt er aber beim FCB.

Agentur
sda
16.03.24 - 05:00 Uhr
Fussball
Trainer Fabio Celestini ist beim FC Basel enorm gefordert
Trainer Fabio Celestini ist beim FC Basel enorm gefordert
KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Der FCB ist Celestinis sechste Station als Trainer, die fünfte in der Schweiz nach Lausanne-Sport, Lugano, Luzern und Sion. Er schätzt es sehr, wie stark die Leute in der Region Basel mit dem Verein verbunden sind, wie stark sie sich mit ihm identifizieren. Das bringe allerdings eine grosse Verantwortung mit sich, sagt der 48-Jährige im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Der Druck ist aktuell umso grösser, als die Basler den eigenen Ansprüchen weit hinterherhinken. Als Celestini den Job Ende Oktober übernahm, war das Team mit fünf Punkten aus elf Partien Tabellenletzter, der Rückstand auf den damaligen Vorletzten Stade Lausanne-Ouchy betrug fünf Zähler. In den ersten 14 Meisterschaftsspielen unter seiner Führung holte der FCB 26 Punkte, der Sprung in die Top 6, die nach 33 Runden zur Teilnahme in der Championship Group berechtigt, schien wieder möglich zu sein.

Schwierige Konstellation

Zuletzt setzte es jedoch inklusive des Scheiterns im Penaltyschiessen im Cup-Viertelfinal gegen Lugano drei Niederlagen in Serie ab, weshalb sich die neuntplatzierten Basler derzeit nach hinten orientieren müssen. Dennoch ist es für Celestini ein «grosser Unterschied» im Vergleich zur Situation bei seinem Amtsantritt. «Wir waren damals mit einem Bein in der Challenge League», blickt er zurück. Eine solche Konstellation sei schwierig für eine junge Mannschaft (die zweitjüngste der Super League), umso mehr bei einem grossen Verein wie der FCB, der sich schon lange nicht mehr in einer solchen Situation befunden habe.

Dazu kommt das klägliche Scheitern in der Qualifikation für die Conference League gegen den bescheidenen kasachischen Vertreter Tobol Kostanai. Ausserdem ist Celestini bereits der dritte Trainer der Basler in dieser Saison nach Timo Schultz und Heiko Vogel. «Es ist viel zusammengekommen», so Celestini. «Klar wollen wir mehr, wir müssen aber realistisch sein.»

Auffallend ist, dass der FCB gegen die drei Teams, die hinter ihm klassiert sind, in acht Partien nur einen Punkt geholt hat. Worauf führt Celestini das zurück? «Wir überlegen zu viel gegen diese Teams, denken, dass wir gewinnen müssen, statt einfach zu spielen. Junge Akteure sind in der Regel wild und mutig, das fehlt mir manchmal. Ich möchte eine proaktive Mannschaft haben.»

Kinder als Therapie

Celestini bringt auch viel Erfahrung als Spieler mit. Von 2000 bis 2010 war er in Frankreich und Spanien tätig, unter anderem lief er für Marseille auf. Das Schweizer Nationaltrikot trug er 35 Mal. «Ich habe gelernt, dass es nicht nur einen Weg gibt», sagt Celestini. Er sei nun offener. Nach dem Ende der Profi-Karriere blieb er dem Sport treu. «Ich kann nicht leben ohne Fussball, dieser ist meine Leidenschaft», sagt Celestini.

Es tat ihm allerdings gut, dass er zunächst Kinder trainierte. «Fünf-, Sechsjährige kommen immer mit Freude. Es gibt keine Polemik, keine Negativität. Das war für mich eine Art Therapie, ich war nach den Jahren als Profi etwas müde. Weil ich es aber liebe, zu vermitteln, kehrte ich ins Fussballgeschäft zurück.»

2013 ging Celestini als Assistent von Bernd Schuster zu Malaga. Nach einer Saison war angedacht, mit dem Deutschen nach Wolfsburg weiterzuziehen. Das Engagement der beiden kam jedoch im letzten Moment nicht zu Stande. In der Folge erhielt Celestini vom italienischen Viertligisten Terracina die Möglichkeit, als Trainer einzusteigen. «Es war ein komisches Projekt. Aber ich dachte, ich war noch nie in Italien tätig, also probiere ich es», erinnert er sich. «Es war eine super Erfahrung, ich lernte viel.»

Gelernt abzuschalten

2015 übernahm er dann bei Lausanne, für die Waadtländer arbeitete er drei Jahre als Trainer, so lange wie noch in keinem anderen Verein. Während der Zeit bei den Waadtländern fiel es Celestini noch schwer abzuschalten, das gelingt ihm mittlerweile. «Ich suchte damals stets nach Lösungen, was nicht funktionieren kann. Es braucht die Fähigkeit, den Off-Knopf drücken zu können. Wenn du das nicht schaffst, dann siehst du die Realität nicht mehr. Es ist wichtig, andere Dinge zu machen, nur so bist du am nächsten Tag wieder frisch.» Celestini mag es, ins Kino oder ins Theater zu gehen.

Das Entscheidendste in seinem Job ist für ihn, authentisch zu sein. «Sonst hast du keine Glaubwürdigkeit.» Entscheidet er sich für etwas, dann steht er, was immer auch passiert, mit voller Überzeugung dahinter. Deshalb antwortet er auf die Frage nach einem Spiel, ob er etwas anders hätte machen können, stets mit Nein. «Es gibt so viele Sachen im Fussball, die nicht kontrolliert werden können», stellt Celestini klar.

«Einfache» Zusammenarbeit mit Degen

Wenn jemand eine andere Meinung hat als er, bekundet er damit keine Probleme. Vielmehr bereitet ihm Mühe, wenn jemand nicht die Wahrheit sagt. «Ich bin transparent, ehrlich und eine starke Persönlichkeit», so Celestini. Genau das fordert er auch von seinem Gegenüber. Deshalb empfindet er die Zusammenarbeit mit dem temperamentvollen FCB-Präsidenten David Degen, der stets unverblümt ausspricht, was ihm durch den Kopf geht, als einfach.

Auch von Christian Constantin hält er viel, obwohl er bei Sion nach nur sechs Partien entlassen wurde. «Er sagte mir, dass die Mannschaft nicht die gleiche Werte habe wie ich und es deshalb nicht funktionieren könne. Wir hatten jedoch eine sehr gute Zeit zusammen, tranken jeden Freitag gemeinsam Kaffee», erzählt Celestini

Obwohl er in Lausanne geboren ist, bezeichnet er Spanien als sein Zuhause. «Ganz ehrlich, ich weiss nicht warum.» Jedoch verspürt er, wenn er in Madrid landet, ein Gefühl wie an keinem anderen Ort. Er hat dort während seinen fünf Jahren bei Getafe gelebt. «Es war sportlich eine fantastische Zeit.» Eine solche will er auch mit dem FCB wieder erleben, sein Ende Saison auslaufender Vertrag wurde am Freitag um zwei Jahre bis 2026 verlängert. Zuerst aber ist Abstiegskampf angesagt. Nächster Gegner ist am Samstag zu Hause Winterthur.

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