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Wenn aus Spass getötet wird

Was reizt Menschen daran, als Touristen im Dschungel Afrikas Grosswild zu jagen? Dieser Frage geht der österreichische Autor und Regisseur Ulrich Seidl in seiner Doku «Safari» nach.

Südostschweiz
06.12.16 - 05:34 Uhr
Kultur

Der Schock kommt am Ende: Zum Finale seiner Dokumentation «Safari» zeigt der Österreicher Ulrich Seidl quälend lang und detailliert den Todeskampf einer Giraffe und schliesslich das Ausweiden des Tieres. Die schier endlos anmutende Szene «krönt» hier den Urlaubstrip von Europäern, die in Afrika als Touristen ihre Lust am Töten von Grosswild ausleben.

Ehe der Autor und Regisseur Seidl das qualvolle Sterben und dann auch noch brutale Zerstückeln des im Leben schön und stolz anmutenden Tieres in kühler Direktheit zeigt, schleicht er sich sozusagen auf Samtpfoten an sein Thema heran: die Entlarvung des Menschen als die grausamste Bestie auf Erden.

Zunächst zurückhaltend, in seinen Fragen jedoch immer drängender werdend, beobachtet er Deutsche und Österreicher auf der Jagd in Dschungel und Savanne. Anfangs hat man als kritischer Betrachter den Eindruck, Seidl mache es sich etwas zu leicht. Denn das Jägerlatein und die Rechtfertigungen, die das Grüppchen der von ihm Begleiteten von sich gibt, wirken oft einfach nur dümmlich und lächerlich. Doch je mehr Seidl auf Beobachtungen setzt, umso schärfer wird die Entlarvung einer Profit bringenden Tourismusindustrie.

Es geht um mehr als das Töten

In Dokumentationen und filmischen Essays wie «Tierische Liebe», «Der Busenfreund» oder «Im Keller» und in Spielfilmen, etwa «Hundstage» und «Import Export», hat Seidl immer wieder auf die Abgründe der sogenannten Zivilisation geblickt. Auch mit der vor einigen Jahren herausgekommenen «Paradies»-Trilogie über die Sehnsüchte unterschiedlicher Frauen erregte er international Aufmerksamkeit.

«Safari» wirkt am stärksten, wenn der Regisseur nicht auf die Brutalität des Jagens fokussiert, sondern auf die Selbstverständlichkeit, mit der Menschen das Töten von Tieren als Spass betrachten. Da ist etwa ein Mann, der das gerade abgeschossene Gnu tätschelt und vom Sportsgeist des Gegners faselt – so als hätten die Zwei eben mal eine Partie Schach miteinander gespielt. Mehrfach ist zu hören und erleben, dass die Jäger ihr Tun in verdrehtem Denken als Dienst zur «Erneuerung der Natur» missdeuten.

Zum Ende hin weitet sich der Blick dann über das Thema Jagd hinaus: Kurze Momentaufnahmen belegen schlaglichtartig, dass sich die von Seidl begleiteten Mitteleuropäer den Afrikanern ganz selbstverständlich überlegen fühlen. Spätestens dann wird der von Jagd-Gegnern sowieso kritisch verstandene Report des Tötens aus Spass zum konturenscharfen Bild der sogenannten westlichen Welt. (sda)

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