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Schwangerschaftsabbruch bleibt im Fürstentum strafbar – droht nun die Abschaffung der Monarchie

In Liechtenstein bleibt der Schwangerschaftsabbruch strafbar. Alle Bemühungen für eine Legalisierung sind gescheitert. Das Parlament, der Landtag, hat das vorläufig letzte Kapitel in einem politischen Dauerbrenner geschrieben. Liechtensteinerinnen treiben in St. Gallen oder Chur ab.

Südostschweiz
26.04.12 - 16:30 Uhr

Vaduz. – Liechtensteinerinnen, die abtreiben, müssen mit Haftstrafen bis zu einem Jahr rechnen. Abbrüche sind nur in besonderen Situationen erlaubt, etwa wenn eine Frau vor schweren gesundheitlichen Schäden geschützt werden kann. Trotzdem treiben jährlich rund 50 Frauen ab und fahren dafür ins benachbarte Ausland, nach St. Gallen oder Chur.

Fünf Jahre lang wurde im Kleinstaat über die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs diskutiert, ohne dass am Status quo nur ein Deut geändert worden wäre. Die letzten Zeilen in diesem Politikum wurden im Landtag in Vaduz geschrieben. Gut ein halbes Jahr nach dem Nein des Stimmvolkes zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs wurde eine parlamentarische Initiative abgelehnt, die Straffreiheit für jene Liechtensteinerinnen verlangte, die im Ausland abtreiben liessen.

Keine Verurteilung bekannt

Der Vorstoss war umstritten. Ebenfalls ein Thema im Parlament am Mittwochabend war eine Motion, die eine Entkriminalisierung des Abbruchs unter Einführung einer Fristenregelung nach Schweizer Modell verlangte. Die gleiche Motion war schon im Oktober vom Landtag verworfen worden, worauf der Motionär seinen Vorstoss zurückzog.

Das Liechtensteiner Stimmvolk beschäftigte die Abtreibungsfrage im Herbst. Es lehnte eine Volksinitiative für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs unter Einführung einer Fristenregelung mit 52 Prozent Nein-Stimmen ab. Erbprinz Alois degradierte mit einer Äusserung vor der Abstimmung den ganzen Urnengang in den Augen vieler Liechtensteiner zur blossen Meinungsumfrage.

Fürstenhaus stellt Kardinalfrage

Alois kündigte sein Veto an, falls das Stimmvolk eine Fristenregelung annehmen sollte. Die in der Volksinitiative geforderte Gesetzesänderung wäre gar nicht in Kraft getreten. Das Verhalten des Fürstenhauses warf die Frage auf, wer von den beiden Souveränen in Liechtenstein letztlich das Sagen hat: das Fürstenhaus oder das Volk.

Womit ein neues Kapitel in der Liechtensteiner Innenpolitik aufgeschlagen wurde: Derzeit werden Unterschriften für eine neue Verfassungsinitiative gesammelt. Urnenentscheide des Volkes sollen nicht mehr durch das Veto des Fürstenhauses umgestossen werden können. Das Fürstenhaus lehnt die Volksinitiative ab und geht aufs Ganze. Die von den Initianten angestrebte Verfassungsänderung lasse sich nur über die Abschaffung der Monarchie umsetzen, liess Schloss Vaduz verlauten. (sda)

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