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Euro-Staaten einig über Griechenland-Hilfe

Die Euro-Staaten haben grünes Licht für die Aufnahme von Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm für das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland gegeben. Die Euro-Gruppe geht von einem Finanzbedarf von 82 bis 86 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren aus.

Südostschweiz
13.07.15 - 15:04 Uhr
Politik

Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Montagmorgen nach 17-stündigen Verhandlungen in Brüssel. Damit sei "alles bereit", ein drittes Hilfsprogramm "mit ernsthaften Reformen und finanzieller Unterstützung" auf den Weg zu bringen.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker betonte seinerseits, dass es "keinen Grexit geben" werde. Noch zum Auftakt der Gipfelberatungen hatte eine Euro-Auszeit Athens unter bestimmten Umständen in den Empfehlungen der Euro-Finanzminister gestanden, wenngleich in Klammern.

Italiens Premier Matteo Renzi begrüsst das Abkommen, drängt aber die EU-Partner jetzt zu einem stärkeren Engagement für Wirtschaftswachstum. Dies koste "weniger als grosse Investitionen für einen Rettungsplan".

Griechenland muss nun bis diesen Mittwoch zentrale Gesetzesvorhaben verabschieden. Laut der deutschen Kanzlerin Angela Merkel betreffen diese Reformen die Mehrwertsteuer, einen Umbau der Statistikbehörde Griechenlands und das Rentensystem. Die Verabschiedung dieser Reformen soll dann durch die drei Geldgeber-Institutionen EU-Kommission, Internationaler Währungsfonds (IWF) und Europäische Zentralbank (EZB) überprüft werden.

Parlamente müssen zustimmen

Vor Aufnahme der Verhandlungen über das milliardenschwere Programm sind aber noch Parlamentsbeschlüsse nicht nur in Griechenland, sondern auch in Deutschland und anderen Euro-Ländern notwendig. Vorher können die Gespräche über die Details des Programms beim Euro-Rettungsfonds ESM nicht aufgenommen werden, sagte Merkel.

Die Euro-Gruppe geht von einem Finanzbedarf für Griechenland in Höhe von 82 bis 86 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren aus. Ein erheblicher Teil von bis zu 25 Milliarden Euro werde für die Rekapitalisierung der Banken nötig sein, sagte die Kanzlerin.

Merkel machte deutlich, dass die deutsche Regierung den Bundestag darum bitten werde, den Verhandlungen über ein neues Rettungspaket für Athen zuzustimmen. Sie könne eine "Aufnahme von Verhandlungen aus voller Überzeugung empfehlen".

Streitpunkt Privatisierungsfonds

Griechenland droht der wirtschaftliche und finanzielle Kollaps und ein Ende der Euro-Mitgliedschaft. Athen hatte letzte Woche ein neues Hilfspaket der Euro-Länder beantragt, die dafür aber weitreichende Bedingungen stellten.

Einer der Streitpunkte zwischen Griechenland und den anderen Euro-Staaten war die Beteiligung des IWF am neuen Hilfspaket. Nach den Worten des österreichischen Kanzlers Werner Faymann akzeptierte Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras schliesslich dessen Beteiligung.

Am Ende blieb noch ein Streitpunkt übrig: ein von Deutschland geforderter 50-Milliarden-Euro-schwerer Fonds für Privatisierungen griechischen Staatseigentums. Erst ein weiteres Gespräch zwischen Tsipras und Merkel, dem französischen Präsidenten François Hollande sowie EU-Ratspräsident Donald Tusk am frühen Morgen brachte Diplomaten zufolge den Durchbruch. Vorgesehen sei, 12,5 Milliarden Euro für direkte Investitionen in Griechenland einzusetzen, sagte Merkel.

Tsipras sagte nach den Verhandlungen, es sei das Beste, was für sein Land möglich gewesen sei. Er habe in den Verhandlungen mit den Partnern im Ausland hart gekämpft. Er werde nun im Inland ebenso hart kämpfen, damit die Gipfelbeschlüsse umgesetzt würden, betonte Tsipras.

Hollande, der sich stark für den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone eingesetzt hatte, begrüsste die "mutige" Entscheidung von Tsipras. Zwischen ihm und Merkel hatte es vor dem Gipfel deutliche Differenzen in der Griechenland-Strategie gegeben.

Kein Schuldenschnitt

Ein von Griechenland ins Spiel gebrachter Schuldenschnitt komme jedoch nicht in Frage, betonte die deutsche Kanzlerin. Mit Blick auf die Schuldentragfähigkeit des Landes sagte sie, die Euro-Gruppe sei bereit, unter gewissen Bedingungen über längere Laufzeiten der Schulden Athens zu reden.

Die Einigung im griechischen Schuldenstreit führte zu einer Stärkung des Euro gegenüber dem Schweizer Franken: dieser hat sich abgeschwächt. Auch die Aktienmärkte in der Schweiz und Europa reagierten positiv.

Bereits am Montagnachmittag wollen die Euro-Finanzminister über eine Brückenfinanzierung beraten, denn Griechenland braucht dringend Geld. Auch eine Entscheidung der EZB zur Liquiditätssicherung griechischer Banken wird erwartet.

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