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Glarner wollen Trump und Erdogan kein Geld bringen

Die Glarner reisen in diesem Jahr bewusst. Politisch und wirtschaftlich instabile Länder werden gemieden. Badeferien im Mittelmeerraum und Individualreisen hingegen liegen im Trend. Auf Ferien in der Türkei wird wegen Präsident Recep Erdoğan verzichtet, die USA-Buchungen sind wegen Donald Trump rückläufig.

Paul
Hösli
08.07.17 - 09:21 Uhr
News
Emirates A380 Flugzeug Kondensstreifen
Glarner fliegen nicht mehr gern in die USA oder in die Türkei.
YANIK BUERKLI

Die Glarnerinnen und Glarner verreisen nicht einfach so. Sie machen sich Gedanken über die wirtschaftliche oder politische Stabilität einer jeweiligen Region, bevor sie sich für eine Destination entscheiden. So ist es nicht verwunderlich, dass auch in diesem Jahr Badeferien im Mittelmeerraum sehr beliebt sind. «Griechenland, speziell Kreta läuft super. Mallorca, Zypern und Ibiza sind sowieso die Dauerbrenner, auch wenn Ibiza im Vergleich vor von zwei Jahren einiges teurer wurde», erklärt Franziska Koerfer von Rhyner Travel.

Wieder im Trend ist Portugal, «hier profitieren die Schweizer natürlich auch von den Preisen», so Koerfer weiter. In die gleiche Kerbe schlägt ihr Kollege Reto Steinacher vom Reisebüro Glärnisch: «Mallorca läuft sensationell, die Spanier haben erfolgreich ihr Image aufpoliert», so der Reisefachmann.

Die Leute meiden die Türkei wegen Erdogan

Eine Erholung des Markts im Mittleren Osten zeichnet sich hingegen nicht ab, wie Franziska Koerfer weiss. «Die Buchungen in die Südtürkei gehen gleich null. Ägypten hingegen erlebt einen leicht positiven Trend, dieser ist aber sehr überschaubar. Für Tunesien oder auch Marokko gilt das Gleiche wie für die Türkei.»

Interessant ist, dass viele die Türkei nicht wegen der Anschläge oder Unruhen meiden, sondern wegen Präsident Recep Tayyip Erdoğan. «Die Leute wollen nur wegen ihm kein Geld in die Türkei bringen», so Franziska Koerfer. Dasselbe gelte auch für die ansonsten bei Herrn und Frau Glarner sehr beliebten USA und ihrem umstrittenen Präsidenten Donald Trump. Speziell die ältere Generation würde sich laut Koerfer eher bewusst machen, wer denn nun an der Macht eines Landes stehe und verzichte daher auf eine Buchung.

Fittnesscamps und Motorrad-Touren

Ein neuer Stern am Reisehimmel zeichnet sich laut Koerfer und Steinacher nicht ab. Destinationen wie Kanada, Rundreisen in Irland oder Schottland, die nordischen Länder, speziell Island, sind bei den Glarnern weiterhin im Trend. «Beliebt ist etwa auch die traditionelle norwegische Postschifflinie Hurtigruten.» Diese Schiffe fahren 2700 Kilometer der norwegischen Westküste von Bergen nach Kirkenes ab. Bei den Städtereisen kristallisieren sich laut Franziska Koerfer zwei Favoriten heraus: Hamburg und Barcelona.

Das Reisebüro Glärnisch geht mit den Perfect Tours nun schon seit Jahren einen weiteren Weg. Einen erfolgreichen, wie Reto Steinacher bestätigt. «Die Individualreisen sind extrem beliebt. Seien es nun die Eventreisen, wie etwa die Schneemobiltour in Finnland, die Fitnesscamps auf Mallorca oder unsere Touren mit den Harley-Davidson-Motorrädern.» Zusammen Spass haben, dies sei das Hauptargument für eine Buchung dieser Art von Reisen. Viele sind laut Steinacher bereits Stammkunden, «diese kommen immer wieder. Wir sind sehr zufrieden»

Reto Steinacher ist aber auch ein grosser Sportfan, speziell der Fussball hat es ihm angetan. Nicht verwunderlich also, dass Perfect Tours mehrere Sportreisen im Angebot hat. «Viele Fussballfans wollen neben dem Spiel auch sonst noch etwas erleben, deshalb sind Besuche in Barcelona und Madrid sehr beliebt. Das Spiel ist dann jeweils das Supplement», sagt er schmunzelnd. Aber auch Partien in den höchsten Spielklassen in Deutschland oder England werden oft gebucht.

Neben diversen Fussballspielen gibt es im Angebot einen Besuch des Super Bowls, also das Endspiel im American Football, oder Eishockey- und Basketballspielen in den USA. Diese Reisen dauern bis zu zwei Wochen, in welchen rund zehn Spiele besucht werden können, je nach Interesse.

Des einen Freud, des anderen Leid

Die Firma Tödi Reisen in Glarus hat sich auf Busreisen spezialisiert. Des einen Freud, des anderen Leid, «wegen des schönen Wetters derzeit müssen wir Stornierungen entgegennehmen», so Erika Anderegg. Ansonsten würden sich die Buchungen in einem ähnlichen Rahmen wie im Vorjahr bewegen. Bewegen tut das Busunternehmen auch der schwere Carunfall am Montag in Bayern, wo 18 Menschen ums Leben gekommen sind. «Da leidet man natürlich schon mit. Zum Glück gibt es aber nicht oft solch schwerwiegende Unfälle.» Angst habe man aber immer ein wenig, so Anderegg. «Ich bin dann jeweils froh, wenn die Saison ohne Zwischenfall zu Ende geht.»

Paul Hösli ist Redaktor bei den «Glarner Nachrichten» in Ennenda. Wenn er keine Artikel über das regionale Geschehen verfasst, produziert er die Zeitung. Zudem ist er der Stellvertreter von Ruedi Gubser für das Ressort Sport. Er ist seit 1997 bei der «Südostschweiz», im Jahr 2013 wechselte er intern von der Druckvorstufe in die Redaktion. Zuerst in einem 40-Prozent-Pensum und seit 2016 zu 100 Prozent. Mehr Infos

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Das ist auch vernünftig und richtig so, wenn man seine Ferienpläne nach den politischen und gesellschaftlichen Kriterien - vergleichbar mit der Schweiz - ausrichtet und so letztlich Länder mit "anderen" Gepflogenheiten meidet. Da sollte sich die Schweizer Wirtschaft ein Beispiel nehmen - allerdings auch im gegenläufigen Weg -, wenn auch dort die Abläufe längerfristig vor sich gehen; aber ich denke, dass das besonders wichtig ist.

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