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Die Bedeutung und Bearbeitung von Verlust und Trauer

Das Thema Trauer passt nicht in unsere Gesellschaft. Sie scheint ein Ausdruck von Schwäche zu sein. Dabei ist sie eine positive, kreative Kraft. Über die Bedeutung und Bearbeitung von Verlust und Trauer wurde in einem Vortrag informiert und ausserdem Werkzeuge auf den Weg mitgegeben.

Mittwoch, 09. November 2016, 22:45 Uhr

“Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das weiss, dass es sterben wird. Die Verdrängung dieses Wissens ist das einzige Drama des Menschen.” Zitat Friedrich Dürrenmatt. Alles ist plötzlich anders! Das gilt z.B. bei Tod, Trennung, Scheidung, Arbeitsplatzverlust oder ähnlichen Verlustsituationen. So fing die systemische Beraterin Sophia Rickenbacher ihren Vortrag im Auftrag der Frauenzentrale an. Ziel ihres Vortrages war, den Zuhörerinnen und Zuhörern über Verlust und Trauer zu informieren und ihnen Werkzeuge auf den Weg mitzugeben.

Kaum Studien zu Trauer

Das Thema Trauer passt nicht in unsere Gesellschaft. Sie scheint ein Ausdruck von Schwäche zu sein. Dabei ist sie eine positive, kreative Kraft. Sie führt uns in unser Innerstes und hilft uns in unserem Wachstum. Man kennt heute die dramatischen Folgen nicht gelebter oder unterdrückter Trauer. Da das Thema wenig erforscht ist und kaum Studien auf den Universitäten gemacht worden sind, sind wir auf “learning by doing” angewiesen. Einzig durch die Hospizbewegung in den Sechzigerjahren von England aus, bekam das Thema etwas Raum. Damit liegen einige Erfahrungen, Beobachtungen und verschiedene Trauermodelle vor.

Trauer ist ein gesunder, psychohygienisch notwendiger Prozess der Verarbeitung von entscheidenden Veränderungen und Verlusten. Der akute Verlustschmerz ist eine Überforderung und es geht darum diesen Zustand zu stabilisieren, d.h. zu überleben was nicht zu überleben ist. Weiter ist es ein Realisierungsprozess mit Abschiedsritualen um die neue Situation "begreifen" zu können, was auch für Kinder sehr wichtig ist. Ausserdem sollte bei diesem Schmerz ein sicherer Ort gefunden werden, um den Schmerz ausleben zu können.

Der Trauerprozess

Erst wenn der Verlustschmerz verarbeitet ist, kommt die Trauer. Der Trauerprozess ist nicht vorhersehbar. Der Ablauf im Gehirn ist kaum steuerbar, da dieser hauptsächlich vom Reptiliengehirn geregelt wird. So kommt es häufig zu Erstarrung, Flucht oder Aggression. Es gibt auch einen verspäteten Trauerprozess. Es ist wie ein Schutz, weil man im Moment nicht klar kommt oder den neuen Zustand nicht annehmen kann.

Statt loszulassen oder abzulösen, wie das Freud einst forderte, wäre es viel wichtiger, eine innere Verbindung mit dem Verlust anzustreben, so Frau Rickenbacher weiter. Dabei helfen Fotos, Erinnerungen an gemeinsam Erlebtes oder innere Gespräch mit dem Verstorbenen. Im Trauerprozess ist alles normal. Die Sinnfrage, warum jemand gestorben ist, kommt meistens von alleine. Die Trauer ist ein Ausdruck der Liebe zum Verstorbenen.

Werkzeuge und Hilfe

Werkzeuge die eine Hilfe sein können, sind u.a. die Meridian Klopftechnik "EFT" (Emotional Freedom Technik), mit der bestimmte Punkte mit den Fingerspitzen geklopft werden. Dadurch werden Serotonin und Dopamin, körpereigene Glückshormone, ausgeschüttet. Weiter können die Finger gehalten werden - eine einfache Selbsthilfe-Übung aus dem Jin Shin Jyutsu. Die Finger haben verschiedene Bedeutungen und harmonisieren unterschiedliche Gefühle wie Trauer, Angst, Ärger, Sorgen oder Anstrengung. Sehr wichtig ist das Verständnis für sich selbst. Dabei kann dieser Satz hilfreich sein: Ich bin wie ich bin und nehme mich an, so wie ich bin.

Der Trauerprozess ist abgeschlossen, wenn Dankbarkeit im Vordergrund steht und an die Person ohne Schmerz gedacht werden kann. Frau Rickenbacher schloss ihren sehr berührenden und lebendigen Vortrag mit der Information, dass wenn es sich um komplizierte, chronische Trauer handelt, die mehr als zwei Jahre dauert, unbedingt Hilfe und Unterstützung gesucht werden sollte. Komplizierte Trauer kann auch entstehen, wenn nicht gelöste Konflikte zum Verstorbenen bestehen. Auch hier ist die systemische Aufstellungsarbeit eine grosse Hilfe. Ebenso wies sie auf Hilfe im Kanton hin, einschliesslich ihrer Person.

Die Zuhörerinnen und Zuhörer stellten im Anschluss Fragen, die sehr kompetent und einfühlsam von Frau Rickenbacher beantwortet wurden.

(Ann-Kristin Peterson)

Ort:
8750 Glarus
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