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Palmsonntag - Die grosse Freude vor dem grossen Finale?!

An diesem Palmsonntag wurden wir Kirchenbesucher in Schwanden überrascht mit unserem eigenen Glarner Logo – dem Glarner Tüechli. Diese wurden von der Vorbereitungsgruppe als Dekoration im Kirchenraum aufgehängt. So wie bei einem grossen Fest die Fahnen.

Mittwoch, 08. April 2015, 13:59 Uhr

Nach der Palmsegnung unter freiem Himmel erfuhren wir auch weshalb. Die Tropfen-Form auf dem Glarner Tüechli heisst «Palmette» (franz. Palmbäumchen) und stammt ursprünglich aus Kaschmir. Auch heute noch wird in Kaschmir die Palmette in allen Variationen verwendet. Die Form der Palmette ist sehr alt. Schon in der babylonischen Kunst spielt sie eine Rolle. Sie ist eine symmetrische Abstraktion eines eingerollten Palmblattes. Ganz langsam – wie bei uns das Farnblatt – rollt sich ein Palmblatt aus, entsteht etwas Neues, erwacht das Leben.

Wenn ein Mensch traurig ist oder trauert, so krümmt sich sein Innerstes nach innen, auch sein Äusseres richtet sich danach. Erst langsam mit der Zeit, die der Mensch dazu braucht, kann sich dann etwas in der Trauer verändern, wenn sich der Mensch, der Palmette gleich, öffnet und das Leben, seine Lebensgeschichte neu «aufgerollt» wird, sich neu entfaltet.

Der Palmsonntag ist nur der Anfang, das Kreuz an Karfreitag wird durch Jesu Tod und Auferstehung an Ostern für Christinnen und Christen zum Lebensbaum, zu einer ganz eigenen «Palmette» in ihrem Lebens-Teppich.

Diese Gedanken hat vor zwei Jahren Andrea Rhyner-Funk, Pfarrerin für Menschen mit Behinderung im Glarnerland, im Fridolin dargestellt und sie animierten Pfarrer Kohler und Katechetin Marion Zopfi, dieses tiefsinnige Symbol am Palmsonntag an unsere Gottesdienstbesucher heranzutragen. Kinder z.B. setzten diese Gedanken in einem Ritual um, indem sie Glarnertüechli vor die Ikone vor dem Altar legten und dieser Geste mit einem Wort einen Inhalt gaben: «Ich mach kein Unterschied zu Mensche mit anderer Huutfarb; ich bi bereit immer wieder vo neuem Fride z'mache» usw.

An dieser Stelle verliess ich mit meiner knapp dreijährigen Tochter Mirjam den Kirchenraum, da sie etwas Bewegung brauchte und nicht mehr ruhig sein mochte. Im Unti-Zimmer holten wir Papier und Farbstifte hervor für Mirjam. Sie verlangte jedoch, dass ich auch etwas zeichnen solle. In diesem ruhigen Raum fehlte mir zuerst die Idee für ein geeignetes Sujet. Mir gingen jedoch die Worte vom sich aufrollenden Palmblatt nicht mehr aus dem Kopf. So habe ich versucht diesen Vorgang, dies Geschehen aufs Papier zu bringen. Aktuell befinde ich mich selber in diesem Prozess von ganz Zusammengekrümmt bis (teilweise) aufgerollt. Es ist auch ein immer wieder loslassen bis zum endgültigen Loslassen. Dieses Sich-Aufrichten, dieses vollkommene Loslassen ist wie durch den Tod hindurchgehen bis zur Auferstehung. So entsteht am Ende aus aufgerollten «Blättern» etwas ganz Wunderbares. In dieser Hoffnung lebe ich… und das Glarnertüechli wird mir in Zukunft in vertiefter Art ein Begleiter sein.

Beatrice Loser

Ort:
8762 Schwanden GL
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