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Schüler servieren ihre Geschichten im «Café»

In der Bibliothek Uznach lesen Schüler ihre Geschichten nicht einfach wie in einer Lesestunde vor. Nach dem Prinzip des «Café litteraire» nimmt eine Serviertochter die Geschichten-Bestellung auf – und der Autor serviert sie am Tisch. 

Südostschweiz
21.01.16 - 09:00 Uhr

von Elmedin Hasanbasic

Ein Mädchen mit langen, schwarzen Haaren schreitet an den Tisch. Sein Name: Sonam. «Ich bin heute Ihre Serviertochter», erklärt die Neunjährige. Sie verteilt eine Menükarte und bittet um die Bestellung. 

Das erscheint etwas ungewöhnlich, denn die Szene spielt sich nicht etwa in einem Café, sondern in der Bibliothek in Uznach ab. «Das ist ein Café litteraire», klärt die Serviertochter auf. 

Von Engeln und Piraten

Und das geht so: Statt Getränke und Esswaren bestellt der Gast eine Geschichte. Der Autor kommt an den Tisch, erzählt seine selbst geschriebene Geschichte und anschliessend wird darüber diskutiert und philosophiert. 

Ungefähr so entstand vor etwa 350 Jahren in Paris die Erfolgsstory des «Café litteraire».

Doch während dort grosse Schriftsteller zu ihren Vorlesungen luden, war es gestern Abend in der Uzner Bibliothek eine etwas weniger berühmte, dafür sehr sympathische Equipe: die 3.-Klässler vom Uzner Schulhaus Letzi.

Während mehrerer Monate befassten sich die Schüler mit den Themen Piraten und Engel. «Dazu schrieben sie dann Geschichten», erklärt Lehrerin Monika Wieduwilt.

Was möchten Sie bestellen?

Die Geschichte der neunjährigen Aleksandra beispielsweise handelt von einem Engel, der seinen Freund vermisst – und wie manchmal in der grossen Literatur kennt auch diese Geschichte kein Happy End.

Dann folgt Geschichte um Geschichte der restlichen Autoren. Dabei zirkulieren die Autoren von einem Tisch zum anderen und servieren ihre selbst geschriebenen Storys der interessierten Zuhörerschaft.

Zufriedene Lehrkräfte

Am Ende sind es dann Daumen mal Pi 20 «Menü-Geschichten», die pro Tisch bestellt werden. Im Restaurant wäre das wohl zu viel des Guten – hier, 
im Uzner «Café litteraire», sättigen die kurzen Geschichten hingegen vollauf.

Nach einer kurzen Verpflegungspause mit Früchten, Gebäck und Getränken werden die Rollen getauscht. Serviertochter Sonam schlüpft in die Rolle der Autorin, und Aleksandra nimmt an ihrer Stelle die «Menü-Bestellungen» auf.

Nach Abschluss des zweistündigen Programms sind die Lehrerinnen Sabine Schwarzenbach und Monika Wieduwilt zufrieden mit ihren Schülern. «Ein gelungener Nachmittag», fassen sie zusammen.

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