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Alt sein – diese Fragen beschäftigen die Betagten

Die Bevölkerung wird immer älter – wie gehen wir damit um und vor allem, wie werden alte Menschen in Zukunft wohnen?

Bündner Woche
11.04.24 - 04:30 Uhr
Leben & Freizeit
Die Bevölkerung wird immer älter. Das führt zu neuen Fragen. Zum Beispiel, wie man künftig im Alter wohnt.
Die Bevölkerung wird immer älter. Das führt zu neuen Fragen. Zum Beispiel, wie man künftig im Alter wohnt.
Bild Jasmin Klucker

von Jasmin Klucker

Das helle Licht fällt auf das weisse Lacken. Ein neues Leben ist geboren. Ein Wesen, das sein ganzes Leben noch vor sich hat. Eines, das seinen Weg noch finden darf. Anders ist es bei den Menschen, die schon einen langen Weg gegangen sind und jetzt darüber nachdenken, wie er weitergehen wird. ­Selbstständig sein ist oft nicht mehr möglich, und die Frage nach Hilfe ist nicht immer einfach. Die schnelle Entwicklung ist oft überfordernd, doch die Angebote für ­ältere Menschen werden immer zahlreicher. Viele von ihnen kämpfen dennoch mit Einsamkeit, da der Weg mit einem Partner oder einer Partnerin schon geendet hat. Besonders viele Frauen sind davon betroffen, dies aus dem Grund, dass sie oft länger leben als Männer. Es werden jedoch mehr Männer geboren. Im Laufe des 20. Jahrhunderts hat sich die Form der Alterspyramide (siehe Grafik) ständig verändert. Im Moment dominieren ganz klar die Babyboomer; mit dieser Generation sind die Menschen gemeint, die in den Jahren von 1946 bis 1964 – also nach dem Zweiten Weltkrieg – geboren wurden. Die Zahl der älteren Menschen wächst, während die Zahl der Jugendgeneration schwächer ausfällt, so das Bundesamt für Statistik.

Neues wird kommen

Wie und wo sollen ältere Menschen also in Zukunft leben, damit sie sich in der Gesellschaft immer noch willkommen und wertgeschätzt fühlen? Mit dieser Frage hat sich Claudio Senn Meili von Pro Senectute Graubünden auseinandergesetzt. Er meint, dass in Zukunft sicherlich noch mehr ältere Menschen in Alterswohnungen ziehen werden. Diese Wohnform erfreut sich schon heute grosser Beliebtheit. «Es werden sicherlich auch neue Wohnformen für ältere Menschen entstehen, jedoch erfordern diese immer private Initiativen und geeignete Rahmenbedingungen. Ältere Menschen müssen bereit sein, Altes für Neues zurückzulassen», erklärt Claudio Senn Meili. Oft lassen ältere Menschen Wohnungen oder Häuser zurück, in denen sie ihr halbes oder gar ihr ganzes Leben verbracht haben – ein Schritt, der viel Mut erfordert. Es bedeutet, vom gewohnten Weg abzuweichen und etwas Neues zu versuchen.

Apropos neu. In grossen Städten existieren bereits Wohnformen, in denen ältere Menschen mit Jüngeren unter einem Dach leben, eine Art generationsübergreifende Wohngemeinschaft. Die älteren Menschen profitieren so vom Austausch mit den Jüngeren, und die Jüngeren können von dem Wissen profitieren, das die Älteren in den Jahren gesammelt haben – ein Konzept, das Claudio Senn Meili sich auch in Zukunft in Graubünden vorstellen kann. Die jüngeren Menschen ziehen immer mehr weg von den kleinen Dörfern in den Tälern. Eine grosse Herausforderung durch diese Entwicklung besteht darin, dass die älteren Menschen oft zurückbleiben. Dadurch werden wichtige Einrichtungen wie der öffentliche Verkehr oder Einkaufsmöglichkeiten auch immer weniger.  

Wie sich die Alterspyramide im Laufe der Jahre verändert hat.
Wie sich die Alterspyramide im Laufe der Jahre verändert hat.

All diese Faktoren zwingen die Gemeinschaft dazu, älteren Menschen zu helfen. Sie zu unterstützen und sicherzustellen, dass sie nicht im Trubel des Geschehens auf dieser Welt untergehen. Wie kann man den älteren Menschen helfen, damit sie sich weniger isoliert fühlen? Ein Gedanke, der den meisten wahrscheinlich schon einmal durch den Kopf gegangen ist, als man nach dem Besuch einer älteren Person die Haustür hinter sich zuzog. Auf diese Frage hat Claudio Senn Meili eine klare Antwort: Als Privatpersonen sollten wir uns um die älteren Nachbarn kümmern, wenn sie dies wünschten und benötigten. «Wir als Organisationen sollten Angebote für soziale Teilhabe zur Verfügung stellen, ebenso Beratung und Unterstützung. Eine Vernetzung zwischen den Generationen ist wichtig. Ältere Menschen müssen in das alltägliche Leben eingebunden werden, um sich nicht alleine zu fühlen. Alleinsein kann zermürbend sein.» Ein Beispiel: Eine Dame, die bereits seit langer Zeit alleine lebt, sitzt auf ihrem braunen Sessel, schaut aus dem Fenster und wartet sehnsüchtig auf den Anruf ihrer Familie. Eine Stimme aus dem Telefon, die die Ruhe im Raum bricht. Sie würde sich so nicht mehr ganz alleine fühlen. Solche Gespräche, die die Einsamkeit nehmen, sind für ältere Menschen wichtig. Aber nicht nur das Alleinsein ist ein Problem. «Seniorinnen und Senioren brauchen je nach Situation zahlbare und verfügbare Unterstützungsleistungen, Barrierefreiheit, Nachbarschaftshilfe, soziale Teilhabe am Wohnort und eine Wohnsituation, die Sicherheit vermittelt», sagt Claudio Senn Meili.

Viele ältere Menschen erhalten Unterstützung von der Spitex, die es ihnen ermöglicht, in ihrem gewohnten Umfeld zu leben. Auf die Frage, wie sich in diesem Bereich die Situation verändern wird, antwortet Daniel Jörg, Co-Geschäftsleiter der Spitex Chur: «Die Bedürfnisse und der Bedarf unserer Kunden haben sich laufend weiterentwickelt. Die Spitex Chur hat auf diese Anforderungen reagiert und ihr Dienstleistungsangebot laufend weiterentwickelt.»

Viele Menschen machen es sich zur Aufgabe, für die älteren Menschen da zu sein und ihnen so gut es geht zur Seite zu stehen. Mit ihnen gehen wir den Weg weiter, bis er irgendwann endet. Und dann geht er weiter mit den Nachkommen, die auch eines Tages alt werden. Wenigstens das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Eine Konstanz, die Sicherheit gibt.

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