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Antikes Glasatelier in Churer Altstadt entdeckt

Einzigartiger Fund in Graubünden: Bei Sanierungsarbeiten in der Churer Altstadt hat der Archäologische Dienst einen römischen Glasofen aus dem 2./3. Jahrhundert «gerettet».

Südostschweiz
11.04.12 - 14:50 Uhr

Chur. – Für das ungeübte Auge mag es sich nur um einen Haufen unspektakulärer Steine handeln, der Kantonsarchäologe Thomas Reitmaier weiss es jedoch besser: «Bei den Ausgrabungen in der Süsswinkelgasse 9 sind wir auf einen typischen römischen Glasofen von ungefähr 40 bis 60 Zentimeter Durchmesser gestossen.» Es ist der erste Glasofen-Fund in Graubünden: «Wir haben zwar bereits ein römisches Handwerksviertel in der Altstadt vermutet, aber dies ist der erste konkrete Beweis und bedeutend für das historische Verständnis der gesamten Stadtentwicklung.»

Wegen der Feuergefahr waren Handwerkstätten wie Glasbrennereien oder Schmieden oft in eigenen Vierteln angesiedelt, erklärt der Archäologe. Dies hat sich im Falle Chur mit dem Fund nun bestätigt, denn die eigentliche römische Siedlung befand sich auf sicherer Entfernung im Welschdörfli, ennet der Plessur. Die Chance, in der Altstadt weitere Funde von Handwerkstätten zu finden, sei jedoch eher klein, denn «Schmieden und Töpfereien hinterlassen weniger Spuren, ausserdem wurden in den letzten Jahrhunderten fast alle Gebäude in der Altstadt unterkellert».

Nur in fünf Zentimetern Tiefe

Zu erkennen ist der Ofen an der Setzung der Steine und an der rötlichen Farbe des stark verbrannten Lehms. Weitere Indikatoren sind gefundene Glasreste wie beispielsweise Fäden, die von der Glaspfeife abgezwickt wurden, oder Glastropfen. «Glas ist einer der ältesten Kunststoffe. Nach Chur wurde es wahrscheinlich als Zwischenprodukt gebracht, denn die Rohstoffe sind hier nicht vorhanden.» Anschliessend sei es in den Öfen geschmolzen und zu verschiedenen Gefässen, Flaschen, Bechern und Schmuck verarbeitet worden.

Die Ausgrabungen in der Süsswinkelgasse sind nun abgeschlossen. Tiefer wird nicht gegraben. «Wir graben nur so viel wie notwendig, denn im Boden sind die Fundstellen am besten geschützt, und sollte hier einmal eine grosse Tiefgarage gebaut werden, dann würden wir natürlich tiefer gehen», erklärt der Kantonsarchäologe. Wenn in der Altstadt etwas saniert wird, dann werden «die Profis» vom Archäologischen Dienst grundsätzlich eingebunden, bevor alles mit schwerem Gerät angegangen wird, berichtet das «Bündner Tagblatt» in seiner Ausgabe vom Mittwoch. (so)

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