×

«Musik macht man heute nur noch aus einem Grund: Spass an der Sache»

Nächste Woche veröffentlicht die Churer Band 11 AM ihr zweites Album mit dem Titel «Time To Follow». Die Realisierung und Promotion der CD haben sich als Kraftakt erwiesen, den die Gruppe wohl kein drittes Mal wiederholen wird.

21.02.13 - 01:00 Uhr
Kultur

«Eine CD zu produzieren, lohnt sich nicht – solche Tonträger interessieren heute nämlich kein Schwein mehr», sagt Ervin Janz missmutig, um im selben Moment gleich mehrere Exemplare des neuen 11-AM-Albums im CD-Format vor sich auszubreiten. «Wir haben es trotzdem getan, weil wir von der alten Schule sind und um den Konzertbesuchern etwas mitgeben zu können.»

Janz schreibt den Niedergang des Mediums CD nicht nur der fortschreitenden Digitalisierung der Musikwelt zu. Der 31-jährige Sänger, Gitarrist und Komponist der Churer Band 11 AM sieht auch den Mentalitätswandel der Hörer als Ursache einer Entwicklung, an deren Ende Tonträger so gut wie verschwunden sein werden. Die Hörer seien nämlich schlichtweg nicht mehr dazu bereit, Geld für Musik auszugeben, meint Janz. Mit seinen Aussagen stimmt er in den Chor all jener ein, die eine totale Entwertung musikalischer Arbeit feststellen. Janz für seinen Teil hat sich mit den derzeit vonstatten gehenden Umbrüchen in der Musikindustrie abgefunden: «Wenn man heute noch Musik macht, dann kann es nur einen einzigen Grund dafür geben: den Spass an der Sache.»

«Viel weniger Kompromisse»

Den Spass an der Musik verloren die 11-AM-Musiker Janz, Alexander Müller (Gitarre), Yves Zogg (Bass) und Andriu Maissen (Schlagzeug) nach ihrem ersten Album vor vier Jahren zwar nicht, vom Veröffentlichen von CDs hatten sie dennoch erstmal die Nase voll. «Nach dem ersten Album wollten wir einfach nur noch im Bandraum sein und Konzerte spielen», erzählt Janz. Hinter ihnen hätten Monate harter Arbeit gelegen, und nur dank Unterstützung der Stadt Chur und des Kantons Graubünden seien sie am Schluss auf eine schwarze Null gekommen. «Im vergangenen Jahr hat es uns dann doch wieder gepackt: Wir nahmen unser zweites Album in Angriff.»

Das Resultat mit dem Titel «Time To Follow» liegt nun vor – am 2. März taufen 11 AM ihre CD im «Palazzo» in Chur. Sie seien diesmal viel weniger Kompromisse eingegangen als noch beim Debütalbum, verrät Janz. Gerade einmal ein Song auf «Time To Follow» sei radiotauglich, der Stil der Lieder gehe in Richtung Progressive-Pop-Rock. «Es ist sicher nicht der Sound, den ein Durchschnittsteenie hören würde – es handelt sich eher um Musik für Erwachsene.» Die Melodien der neuen Lieder sollen laut Janz zwar ansprechen, aber sie sind auf eine Weise gespielt, dass sie auch einen Musiker aufhorchen lassen.

Zweite Plattentaufe in Zürich

Quasi im Alleingang kümmerte sich Janz um die Finanzierung und Promotion des Albums. So leitete er die Produktion eines Musikvideos in die Wege, das bereits im Internet zu sehen und der Radio-Single «Lost» gewidmet ist. Eine zweite Plattentaufe wird am 7. März in der Alten Kaserne in Zürich stattfinden. Grossformatige Plakate zieren des Weiteren die Churer Werbeflächen, und Flyer sind ebenfalls im Umlauf. «Das gehört für uns einfach dazu, obwohl es natürlich ebenfalls alte Schule ist, auf diese Weise die Werbetrommel zu rühren», findet Janz. Heute geschehe dies alles meist nur noch online. «Auch eine eigene Website ist eigentlich nicht mehr nötig, da die Leute per Facebook erreicht werden können.» Unter dem Strich sei die Veröffentlichung der CD samt Marketing sehr kompliziert, resümiert Janz. «Deshalb denke ich nicht, dass wir nochmals eine herausbringen.»

Für den ganzen Aufwand werde man natürlich auch belohnt, sagt Janz. «Und zwar an den Konzerten, wenn man merkt, dass die Musik funktioniert – oder auch nur dann, wenn einem auf der Strasse jemand mit einem T-Shirt begegnet, auf dem der Name deiner Band prangt.»

11 AM: «Time To Follow» (Musikvertrieb). Ab Freitag, 1. März, im Handel.

11 AM live: Samstag, 2. März, 20 Uhr, «Palazzo», Chur. Vorverkauf bei Laki Mi, Obere Gasse 5, Chur (20 statt 25 Franken).

Valerio Gerstlauer ist Leiter des Ressorts Entertainment & Kultur. Er arbeitet als Kulturredaktor vornehmlich für die Zeitung «Südostschweiz» und die Website «suedostschweiz.ch». Ausserdem ist er einmal in der Woche in der Sendung «Kulturtipp» auf Radio Südostschweiz zu hören. Mehr Infos

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu Kultur MEHR