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«Bottega Ventisei» in Glarus: Apulien auf dem Teller – modern und mit viel Sauce

Gastrokritiker Martin Mühlegg ist zu Gast in der «Bottega Ventisei» in Glarus. Der Hauptgang hat es in sich.

Südostschweiz
25.03.24 - 15:30 Uhr
Glarus
von Martin Mühlegg*

Typische italienische Küche nach traditionellen Rezepten, mit einer persönlichen Note: Dies verspricht die Website der mitten in Glarus gelegenen Bottega «Ventisei». Die Bewertungen im Internet sind hervorragend: Google gibt eine 4,8 (119 Bewertungen), Tripadvisor eine glatte 5, wenn auch bei nur 16 Bewertungen. Spätestens seit unserem Testessen im Restaurant «Kubli» trauen wir den Glarner Gastronomen sehr viel zu. Wir reisen also mit viel Appetit und noch mehr Zuversicht ins Tal der Linth.

Zum Apéro trinken wir einen erfrischenden Pinot Grigio aus dem Friaul (6.50 Franken pro Glas). Dazu naschen wir frittierte Teigbällchen und vertiefen uns in die Karte. Sie enthält zehn Vorspeisen, acht Gerichte mit hausgemachter Pasta und sechs Hauptgänge. Die Wahl fällt uns im positiven Sinne schwer. Es sind nämlich einige Kreationen darunter, die uns nicht traditionell italienisch vorkommen. Wir würden sie als zeitgemäss inszenierte apulische Küche mit einem internationalen Flair beschreiben. Das macht uns umso neugieriger – am liebsten würden wir gleich die ganze Karte durchprobieren. International ist auch das Interieur: Wir wähnen uns eher in der sehr gut ausgeleuchteten New Yorker-Filiale einer Pasta-Kette als beim Glarner Italiener.

Ich beginne mit einem Kartoffel-, Kürbis- und Walnussflan auf einem Käsefondue mit Steinpilzen (18 Franken). Die beiden Flan-Gugelhöpfe mit ihrem süsslich-nussigen Geschmack gefallen mir, das italienische «Fondue» ist (zum Glück) leichter und weniger rezent als die einheimische Version. Dazu gibt es reichlich Steinpilze an einer braunen Sauce. Auf dem rustikalen Teller mit dem braunen Rand ergibt sich ein schönes und nicht alltägliches Bild. Meine Liebste bekommt zur Vorspeise Auberginenbällchen auf einer Paprikacreme (16 Franken), die eigentlich eine Tomatensauce ist.

Zum Hauptgang möchten wir keinen Primitivo, aber der Brunello ist uns mit 14.50 pro Glas zu teuer. Die sympathische Gastgeberin empfiehlt uns den aus Apulien stammenden «Il Lemos» Susumaniello (7.50 Franken). Er sei kräftiger als ein Primitivo und werde uns gefallen, verspricht sie. Wir bereuen diese Wahl nicht, zumal wir zum Hauptgang recht schwere Kost bekommen werden.

Ich bekomme sehr feine mit Pecorino und Pfeffer gefüllte Ravioli (20 Franken). Zusammen mit (zu viel) Pistaziensauce und reichlich Stracciatella-Käse ist das Gericht ziemlich mastig. Zu den hausgemachten Orecchiette meiner Liebsten gibt es eine Kürbiscreme mit Steinpilzen und Amaretti-Crumble (21 Franken). Insgesamt haben wir uns im «Ventisei» sehr wohl gefühlt. Wir vermissten aber etwas die Leichtigkeit und die aromatische Raffinesse der mediterranen Küche. Besser akzentuierte Aromen und etwas weniger Sauce würden dem «Ventisei» gut bekommen.

*Martin Mühlegg ist Journalist und Lebensmittel­ingenieur. Für die Kolumne «Ä Guätä!» besucht er Restaurants der Region.

Gastrotipp

Restaurant: «Bottega Ventisei» in Glarus
Ambiente: Modern und urban eingerichtetes Lokal. Uns war es zu hell.
Service: Top – charmant, beherzt und kompetent – mit einem gesunden Schuss Stolz. Man merkt, dass sich das Team ins Zeug legt und mit Leidenschaft die apulische Küche zelebriert.
Preis-Leistungs-Verhältnis: Wir bezahlen für 3,5 Gänge (ohne Fleisch), 2,5 Gläser Wein und einen Grappa etwas mehr als 80 Franken pro Person. Wir finden das in Ordnung – vor allem die haus­gemachte Pasta ist preiswert.

Adresse und Öffnungszeiten: Hauptstrasse 26, 8750 Glarus; T 055 640 26 00; info@ventisei.ch, www.ventisei.ch
Di bis Do 11 – 14, 17.15 – 23 Uhr;  Fr und Sa 11 – 14, 17.15 bis 24 Uhr

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