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Immer noch 291 Vermisste nach Fährunglück in Südkorea

Vor der südkoreanischen Küste ist eine Fähre mit mehr als 450 Menschen an Bord gesunken. Fieberhaft suchte ein Grossaufgebot an Rettungskräften nach fast 300 Vermissten. Die Küstenwache meldete, vier Tote seien geborgen worden.

Südostschweiz
16.04.14 - 18:48 Uhr

Seoul. – Trotz eines grossangelegten Rettungseinsatzes wurden am Mittwochabend noch immer 291 Menschen vermisst. Die Rettungskräfte rechneten kaum noch mit Überlebenden. Wegen der Wassertemperatur von zwölf Grad und der Wassertiefe seien die Chancen sehr gering, zitierte die Zeitung «The Korea Herald» die Einsatzkräfte.

Die Küstenwache befürchtete, dass zahlreiche Passagiere im Inneren des Schiffs eingeschlossen wurden. Die Behörden bestätigten bis zum Mittwochabend vier Tote. Dabei handelte es sich um zwei Schüler sowie eine Angestellte des Schiffsbetreibers. Über die Identität des vierten Toten lagen zunächst keine Angaben vor.

Luftaufnahmen im Fernsehen zeigten Helikopter über einem zu 45 Grad geneigten Fährschiff, dessen Bug im Meer verschwunden ist. Völlig verängstigte Passagiere mit Schwimmwesten kletterten in Schlauchboote, während das Wasser langsam die Kommandobrücke erreichte und die Fähre allmählich versank.

Möglicherweise Felsen gerammt

Die Fähre «Sewol» war auf dem Weg von Inchon auf die bei Touristen beliebte Insel Cheju in Seenot geraten. Die Ursache des Unglücks ist noch unklar, möglicherweise lief es auf einen Felsen.

Der Rundfunksender KBS berichtete unter Berufung auf einen Beamten der Küstenwache, dass das Schiff aus noch ungeklärten Gründen auf der vielbefahrenen Fährstrecke möglicherweise ausserhalb der normalen Route gefahren sei.

Gerettete Passagiere erzählten von einem lauten Schlag, bevor das Schiff Schlagseite bekommen habe. «Die Menschen rutschten alle zu einer Seite. Es war sehr schwer, rauszukommen», sagt ein Überlebender dem Fernsehsender YTN.

Die Crew habe die in Panik geratenen Passagiere wiederholt angewiesen, auf ihren Plätzen zu bleiben und sich nicht zu bewegen. Ein geretteter Schüler berichtet seinerseits, Gepäck und Warenautomaten seien ins Rutschen gekommen. «Alle haben geschrien, und viele haben ganz schlimm geblutet.»

Schlechte Sicht behindert Rettungsarbeiten

Nachdem die Besatzung um etwa 9.00 Uhr einen Notruf abgesetzt hatte, lief eine grossangelegte Rettungsaktion an, an der sich mehr als 100 Schiffe und Flugzeuge der Marine und Küstenwache sowie Fischerboote beteiligten. Starke Strömung und schlechte Sicht unter Wasser behinderten die Rettungsarbeiten. Auf Fernsehbildern ist zu sehen, wie Mitglieder einer Spezialeinheit der Marine nach dem gesunkenen Schiff tauchten.

Bislang wurden 164 Insassen gerettet, etwa die Hälfte davon Schüler. Dutzende von ihnen wurden verletzt. Sie wurden zur Nachbarinsel Jindo gebracht, wo sich stündlich immer mehr Angehörige einfinden. Staatspräsidentin Park Geun Hye drängte wegen der heranbrechenden Nacht zur Eile bei den Rettungsarbeiten. Sie sei «tief bestürzt», sagte Park.

Laut dem Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) befanden sich zum Zeitpunkt des Unglücks keine Schweizerinnen oder Schweizer an Bord des Schiffes. Dies hätten die südkoreanischen Behörden auf Nachfrage der Schweizer Botschaft in Seoul mitgeteilt. Bundespräsident Didier Burkhalter sandte laut dem EDA ein Beileidsschreiben an die südkoreanischen Behörden.

Die 1994 gebaute Fähre konnte den Berichten zufolge mehr als 900 Passagiere und 130 Autos aufnehmen. Das 6835-Tonnen-Schiff war 146 Meter lang und 22 Meter breit. Seit Anfang 2013 befuhr es die Strecke zwischen Inchon und Cheju. (sda)

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