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«Zu Hause ist Grillo der Chef»

Geissbock Bino aus der Wart bei Sool ist einer der Superstars der Erfolgsserie «Wilder». Der «Südostschweiz» gewährt er einen exklusiven Blick in sein Zuhause im Glarnerland. Und er erzählt erstmals vom Trauma in seiner Kindheit, das seinen Werdegang geprägt hat.

Sebastian
Dürst
12.12.17 - 06:59 Uhr
Leben & Freizeit

Er ist trotz seines Erfolgs als Schauspieler immer derselbe geblieben: Als wir Bino für eine Homestory anfragen, sagt er sofort zu. «Klar, fahren sie in der Wart einfach bis zum zweitletzten Gaden»*, sagt er am Telefon. Gerne öffne er die Gadentür zu seinem Leben abseits des roten Teppichs.

Wobei das mit der Gadentür so eine Sache ist. Eine solche gibt es nämlich in der Männer-WG von Bino nicht. «Brauchen wir nicht», sagt der «Wilder»-Star. Er und seine 19 Kollegen seien so oder so fast den ganzen Tag draussen. Bino und einige Kollegen haben sich sogar Hochbetten aus Holz gezimmert, auf denen sie auch im Winter draussen übernachten.

«Bino ist auf dem Boden geblieben. Er übernimmt in der WG immer noch jedes Ämtli ohne Meckern.»

Der Junggeselle lebt in einer reinen Männer-WG, den Stall könnte man sich deshalb als Saustall vorstellen. Bino zeigt uns aber ein heimeliges und funktionell ausgestattetes Haus mit Terrasse und Kräutergarten auf der Hinterseite. Trotzdem: Stressen die Mitbewohner nicht manchmal und wäre ein eigenes Haus nicht angenehmer? «Mir gefällt es hier, und wir sind wirklich eine super Truppe», sagt Bino. Diese Truppe sieht sich nicht nur zu Hause, sondern auch bei der Arbeit regelmässig: Alle 20 Böcke sind bei Werner Bleisch angestellt und arbeiten als Packziegen. «Mir gefällt der soziale Aspekt dieser Arbeit», erzählt Bino. Im Job habe man viel mit Kindern zu tun. Über seinen Chef sei er auch zum Film gekommen. «Das soll aber ein Hobby bleiben», betont er.

In der ersten «Wilder»-Folge hatte Bino seinen bisher grössten Auftritt: Er stürmte wild in eine Versammlung. Zuhause in der Warth offenbart sich aber sein wahres Wesen: «Ich bin ein richtiger Softie», verrät er. Hier im Gaden ist nämlich nicht er als grösster Bock der Boss. «Früher war ich gern der Chef im Stall, aber jetzt macht das Grillo», sagt er. Grillo ist mit seinen fünf Jahren gerade einmal halb so alt wie Bino.

Und kaum hört Grillo seinen Namen, kommt er auch schon angerannt, rammt seine Hörner in Binos Hörner. Es kracht laut, wir erschrecken. Grillo lacht: «Kein Problem, das ist nur eine Rangelei unter Freunden. Das passiert fast täglich.» Und auch Bino bestätigt: «Natürlich gibt es auch Streit in der WG, dann krachts halt rasch. Und dann ist alles wieder in Ordnung.» Bino habe sich trotz seinem Schauspiel-Erfolg überhaupt nicht verändert, sagt Grillo. «Er ist auf dem Boden geblieben und übernimmt in der WG immer noch jedes Ämtli ohne Meckern.»

Heu nur in bester Qualität

Die Böcke von der Wart sind ein eingespieltes Team, wenn es ums Essen geht. Und haben eine klare Linie für die Ernährung.

Bino: «Meist gibt es bei uns nur Heu. Aber das dafür aus heimischem Anbau und in bester Qualität.» – Grillo: «Genau, aber zwischendurch gönnen wir uns auch ein Bier oder etwas Tabak.» – Bino: «Psst. Das müssen nicht alle wissen.»

Wir wollen es wissen. Wie geht das genau: Profi-Transporteure, deren Kapital ihre Gesundheit ist, konsumieren Suchtmittel? «Wirklich nur selten, aber zwischendurch etwas Tabak oder ein Bier liebe ich», sagt Bino.

Bino ist ein Muskelprotz. 125 Kilo bringt er auf die Waage. Stolz zeigt er seinen gestählten Körper. «Die frische Luft, viel Bewegung, gute Ernährung», so sein Geheimrezept. Hinter dem Gaden gibt es einen Kräutergarten, in dem unter anderem chinesischer Chili wächst. «Ich mag es beim Essen scharf. Und es reinigt die Verdauung.»

Ein Wohn-Ess-Badzimmer

Das Esszimmer ist gleichzeitig auch Wohnzimmer, wie uns Bino erklärt. Und: Auch das Badezimmer. «Wir achten sehr auf unser Aussehen, aber das haben sie sicher schon bemerkt», sagt Grillo mit einem Schmunzeln. Stolz zeigt er seinen gepflegten Bart. «Bino erkennt sich im Spiegel und kann so kontrollieren, wie sein Bart aussieht», meint Grillo etwas neidisch. Er hingegen müsse nach jeder Sägemehl-Kur den Kopf umständlich nach hinten werfen, um das Ergebnis zu kontrollieren. Mit dem Sägemehl lassen sich die Böcke die Bärte von ihrem Manager einreiben, damit sie frisch und geschmeidig bleiben.

Sind die Bärte dann bereit, stellen sich die 20 Geissböcke gern auf der Terrasse vor dem Haus auf. «Hier kommt öfters eine Geissenherde vorbei, dann stehen wir natürlich immer ganz artig in Reih und Glied, um die Damen zu begrüssen», sagt Bino.

Vom Chef gerettet

Am Abend macht Bino gerne einen Spaziergang um sein Anwesen. «Diese Stimmung, einfach unglaublich», sagt er, als er uns in den Garten ob dem Gaden führt. Bino wird plötzlich nachdenklich. «Ich war für den Metzger bestimmt. ‘Nicht für die Zucht geeignet’, haben sie gesagt», gesteht er. Dass sein Leben an einem seidenen Faden hing, habe ihn geprägt, und er komme oft hierher, um über sein Schicksal nachzudenken. «Mein Boss Werner Bleisch hat mein Talent erkannt und mich gerettet. Meine Erfolge widme ich deshalb auch ihm», sagt Bino und trippelt langsam zurück zu seinen Kollegen.

Mehr Bilder aus Binos Haus: suedostschweiz.ch/Bino

*Natürlich ist Geissbock Bino nicht so gesprächig, wie in diesem Artikel dargestellt. Die Informationen stammen von Manager Werner Bleisch. Sie stimmen aber alle.

Heute Abend kommt die letzte Folge

Die SRF-Krimiserie «Wilder» endet heute Abend: Die sechste und letzte Folge mit dem Titel «Abgrund» wird um 20.05 Uhr auf SRF1 ausgestrahlt. SRF verspricht ein dramatisches Finale, ein klärendes Gewitter, aber auch unangenehme Wahrheiten. Ob Bino noch einmal zu sehen ist, wollten weder er selbst noch der Sender verraten.

Sebastian Dürst ist Redaktionsleiter der «Glarner Nachrichten». Er ist in Glarus geboren und aufgewachsen. Nach Lehr- und Wanderjahren mit Stationen in Fribourg, Adelboden und Basel arbeitet er seit 2015 wieder in der Heimat. Er hat Religionswissenschaft und Geschichte studiert. Mehr Infos

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