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Gastrostreik in Bern - Lautstarker Wirte-Protest in der Innenstadt

Die Berner Gastro-Szene fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen. Mehrere hundert Wirte und Angestellte demonstrierten am Samstag gegen die ständig ändernden Corona-Massnahmen und die neue Sperrstunde um 19.00 Uhr.

Agentur
sda
12.12.20 - 16:33 Uhr
Politik

Auf mehreren Plätzen der Innenstadt sorgten sie für Lärm mit Küchenutensilien - vom Kochtopf bis zum Schwingbesen. «Wie können wir unsere Miete noch bezahlen?» stand auf einem der selbstgebastelten Transparente zu lesen. «Nicht mal bis acht, wo bleibt da mein Znacht?» lautete ein weiterer Slogan.

Zur Kundgebung aufgerufen hatte das «Kollektiv Gastrostreik Bern», dem sich bislang 140 Restaurant-Betreiber vor allem aus der Stadt Bern anschlossen. Manche Beizen blieben am Samstag aus Protest geschlossen - wieviele, konnten die Organisatoren auf Anfrage nicht sagen.

In einem offenen Brief zeigen sie ein «hohes Grundverständnis» für die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Die ständigen Regeländerungen seien aber für die Gastronomie kaum noch zu bewältigen.

«Schliessung oder sinnvolle Massnahmen»

Die Behörden sollten die Restaurants entweder ganz schliessen und fair entschädigen - oder aber «sinnvolle Massnahmen definieren, die ein anständiges Arbeiten zulassen». Zudem solle es 100 Prozent Kurzarbeitsentschädigung für Monatslöhne unter 4000 Franken geben.

Schliesslich sei die Gastronomie eine Tieflohn- und Teilzeitbranche. «80 Prozent sichern die Existenzen unserer Mitarbeitenden nicht.»

Ursprünglich war eine Platzkundgebung auf dem Bahnhofplatz geplant. Weil der Bundesrat am Freitag Demos mit mehr als 50 Menschen verbot, änderten die Organisatoren ihre Pläne. Das sei in Absprache mit den Stadtberner Behörden erfolgt, sagte Diego Dahinden, Pressesprecher des Kollektivs, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Die Demonstrierenden wurden vor dem Bahnhof in 50er-Gruppen aufgeteilt. Diese zogen dann durch die Stadt auf mehrere Plätze. Am meisten Leute - deutlich über 50 - hatte es auf dem Bundesplatz. Die Maskenpflicht wurde überall konsequent eingehalten. Die Polizei war mit einem grösseren Aufgebot präsent, blieb aber im Hintergrund.

Gebeutelte Berner Wirte

Im Kanton Bern müssen die Wirte schon seit längerem stärkere Einschränkungen hinnehmen. Ende Oktober verfügte der Regierungsrat eine Sperrstunde von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr früh. Ende November wollte der Regierungsrat die Restaurants ganz schliessen, liess sich aber nach Gesprächen mit der Branche auf einen Kompromiss ein.

Mit der Sperrstunde um 21.00 Uhr konnten die Berner Wirte nach eigenem Bekunden leben. Als der Bundesrat vor einigen Tagen den Beizenschluss um 19.00 Uhr aufs Tapet brachte, formierte sich der Widerstand im «Kollektiv Gastrostreik Bern».

Ohne schnelle und nachhaltige Hilfe könnten viele Lokale nicht mehr lange überleben, mahnt das Kollektiv in seinem offenen Brief. Die Gastronomie werde vernachlässigt, während andere Branchen dank Geld und Lobby bei den Behörden bevorzugt behandelt würden. Das sei «falsch und undemokratisch».

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