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Jetzt geht es noch um die Steuermillionen

Innert weniger Wochen sind gleich mehrere Verfahren im Zusammenhang mit dem Bündner Unternehmer Remo Stoffel abgeschlossen worden. Die Resultate sind für Stoffel unterschiedlich.

Olivier
Berger
07.08.20 - 04:30 Uhr
Wirtschaft
Mal Sieger, mal Verlierer: Remo Stoffels Gänge vor Gericht sind nur teilweise erfolgreich.
Mal Sieger, mal Verlierer: Remo Stoffels Gänge vor Gericht sind nur teilweise erfolgreich.
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Zuletzt folgten die Schlagzeilen im Tagesrhythmus. Vor Wochenfrist wurde bekannt, dass der Bündner Unternehmer Remo Stoffel vor Bundesgericht abgeblitzt war: Stoffel hatte aufschiebende Wirkung für einen Rekurs gegen die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden verlangt (Ausgabe vom 31. Juli).

Bereits zwei Tage vor dem Entscheid des Bundesgerichts hatte die Zürcher Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte mitgeteilt, sie habe ihre Strafuntersuchung gegen Stoffel abgeschlossen (Ausgabe vom 29. Juli). Der Unternehmer wurde per Strafbefehl wegen Urkundenfälschung und Unterdrückung von Urkunden zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 180 Tagen sowie zu einer Busse von 10 000 Franken verurteilt.

Vier Tage in Haft verbracht

Zu letzterem Fall sind inzwischen weitere Details bekannt geworden. So wurde Stoffel im August 2019 – rund einen Monat nach Bekanntgabe seines Umzugs von Chur nach Dubai (Ausgabe vom 4. Juli 2019) – verhaftet; er musste vier Tage in Untersuchungshaft verbringen. Das schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) mit Verweis auf die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft.

Aus der Verfügung geht laut der NZZ weiter hervor, dass das vergleichsweise milde Urteil auch wegen Zugeständnissen von Stoffel zustande gekommen ist. Ausserdem wäre die Strafe nach der Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht höher ausgefallen, wenn der Fall vor Gericht verhandelt worden wäre.

Stoffel lässt sich in einer Mitteilung zitieren, der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft setze «einen Schlussstrich unter eine komplexe Transaktion, die vor 15 Jahren stattgefunden hat». In der Mitteilung wird betont, es seien gegen Stoffel keine Sanktionen wegen Steuerdelikten verhängt worden. Dies, obwohl die Untersuchung durch eine Anzeige der Zürcher Steuerbehörden ausgelöst worden sei. «Mittlerweile wurden sämtliche Steuerverfahren erledigt», heisst es in der Mitteilung weiter.

Jetzt muss Geld auf den Tisch

Ob das Zürcher Strafverfahren auch Steuerforderungen des Kantons Graubünden betroffen hat, will Toni Hess, Leiter des Rechtsdiensts und stellvertretender Leiter der Steuerverwaltung Graubünden, mit Hinweis auf das Steuergeheimnis nicht verraten. Auch zu Fragen nach dem vergangene Woche veröffentlichten Bundesgerichtsurteil zur aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde will sich Hess nicht äussern. «Auch hier gilt das Steuergeheimnis.»

Der Entscheid des Bundesgerichts steht im Zusammenhang mit einem Urteil, welches das Verwaltungsgericht Graubünden Mitte Juni gefällt hat und das inzwischen ebenfalls öffentlich einsehbar ist. Darin geht es um eine sogenannte Sicherstellungsverfügung, welche die Steuerverwaltung Graubünden im Juli 2019 erlassen hat. Gegen diese hat Stoffel Beschwerde erhoben.

Konkret verlangte die Steuerverwaltung Graubünden von Unternehmer Stoffel die Hinterlegung von knapp 51 Millionen Franken. Diese sollten als Sicherheit für die Bezahlung von Steuerforderungen aus den Jahren 2005 bis 2008 sowie aus dem Jahr 2019 dienen. Das Verwaltungsgericht hält in seinem Urteil fest, die Forderungen für das Jahr 2019 seien inzwischen sichergestellt; für die restlichen 50,1 Millionen Franken müsse Stoffel aber Sicherheiten hinterlegen.

Auch dass es sich beim Steuerpflichtigen in diesem Fall um Stoffel handelt, will Hess wegen des Steuergeheimnisses weder bestätigen noch dementieren. Sicherstellungen würden grundsätzlich in allen Fällen verlangt, in welchen sich Steuerpflichtige ins Ausland abmelden oder Vorkehrungen treffen würden, um Steuern nicht zu bezahlen, lässt er sich lediglich entlocken. Diese Anordnung der Steuerverwaltung könne beim Verwaltungsgericht angefochten und ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Vor Bundesgericht könne der Beschwerdeführer ausserdem aufschiebende Wirkung verlangen, um die Sicherstellung bis zum abschliessenden Entscheid nicht leisten zu müssen, so Hess. Just dies hat das Bundesgericht im vorliegenden Fall abgelehnt. Gemäss dem erwähnten Urteil des Verwaltungsgerichts muss Stoffel jetzt Werte von 50 Millionen Franken hinterlegen, um die Steuerforderungen von Bund, Kanton und Gemeinde abzusichern.

Millionen auf dem Spiel

Über die Forderungen, um welche es bei der Sicherstellungsverfügung geht, muss ebenfalls das Bundesgericht entscheiden. Konkret ist laut Stoffels Kommunikationsberater Peter Hartmeier eine Beschwerde zur Veranlagung für die Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern des Jahres 2005 hängig. Die folgenden Jahre bis 2008 befänden sich «im Stadium des offenen Veranlagungsverfahrens».

Sollte das Bundesgericht bis Ende des laufenden Jahres nicht über die Beschwerde gegen die Steuerveranlagung für das Jahr 2005 entschieden haben, drohen dem Kanton und der Stadt Chur schmerzhafte Einnahmenausfälle. Die Kantonssteuern für dieses Jahr belaufen sich auf 15,1 Millionen Franken, die Gemeindesteuern auf 14,3 Millionen Franken. Diese Forderungen verjähren Ende Jahr, wie die Regierung im Jahr 2018 zu einer Anfrage des damaligen SP-Grossrats Jon Pult schrieb. «Diese Frist steht nicht still und kann nicht verlängert werden. Sie läuft auch während eines Rechtsmittelverfahrens weiter», heisst es in der Antwort.

In einem anderen Steuerstreit hat Stoffel vor Bundesgericht verloren. Das Gericht entschied im Mai, dass Stoffels Immobiliengruppe Priora rund 60 Millionen Franken Verrechnungssteuer nachzahlen muss (Ausgabe vom 4. Juni).

Keine Verfehlungen bei Kauf

Entlastet wurde Stoffel im Fall des Verkaufs der Therme Vals. Im Mai gab die Staatsanwaltschaft Graubünden bekannt, dass sie das entsprechende Strafverfahren eingestellt habe (Ausgabe vom 14. Mai). Stoffel seien im Zusammenhang mit der Übernahme der Therme keine strafbaren Handlungen vorzuwerfen, lautete das Fazit des ausserordentlichen Staatsanwalts Beat Fehr.

Olivier Berger wuchs in Fribourg, dem Zürcher Oberland und Liechtenstein auf. Seit rund 30 Jahren arbeitet er für die Medien in der Region, aktuell als stellvertretender Chefredaktor Online/Zeitung. Daneben moderiert er mehrmals jährlich die TV-Sendung «Südostschweiz Standpunkte». Mehr Infos

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