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Klares Votum gegen Rumantsch Grischun

Die Gemeinde Surses kehrt an den Schulen zum Idiom zurück. Zwei Drittel der Stimmberechtigten haben eine entsprechende Volksinitiative an der Gemeindeversammlung vom Freitag angenommen.

Südostschweiz
25.07.20 - 15:24 Uhr
Politik
Magazin Punts
Die ersten Sursetter Schülerinnen und Schüler werden bereits ab dem Schuljahr 2021/22 in Surmiran unterrichtet.
NADJA SIMMEN

Eine der letzten Bastionen der romanischen Schriftsprache Rumantsch Grischun ist gefallen. Am Freitag hat die Gemeindeversammlung von Surses beschlossen, dass an den Schulen künftig wieder Surmiran unterrichtet wird. Der Entscheid fiel mit 213:141 überraschend deutlich.

Die ersten Sursetter Schülerinnen und Schüler werden bereits ab dem Schuljahr 2021/22 in Surmiran unterrichtet. Dies gilt allerdings nur für die erste Klasse. Jene Kinder, welche schon jetzt die Schule besuchen, werden weiterhin Rumantsch Grischun lernen.

Für Gemeindepräsident Leo Thomann war der Beschluss keine Überraschung. Für die Gemeinde Surses sei bereits der Entscheid des Grossen Rates 2011 ausschlaggebend gewesen, sagt er. Damals hatte die Regierung dem Kantonsparlament beantragt, die Idiome weiterhin zu unterstützen. «Deswegen sind die grossen romanischsprachigen Regionen Surselva und Engadin zum Idiom zurückgekehrt», sagt Thomann gegenüber Radio Südostschweiz. «Wir sind die einzigen, die Rumantsch Grischun noch unterrichten. Warum sollten wir das weiterführen?»

Entscheid mit Signalwirkung?

Der Entscheid von Surses könnte auch für die anderen Mittelbündner Gemeinden Signalwirkung haben. In Alblula und Lantsch/Lenz sind gleichlautende Volksinitiativen hängig. Über sie stimmt das Volk Ende August ab. Sollten sich auch Albula und Lantsch/Lenz für die Rückkehr zum Idiom entscheiden, würde Rumantsch Grischun lediglich noch in drei gemischtsprachigen Gemeinden als Schulsprache verwendet: Chur, Domat/Ems und Trin.

Der Sursetter Gemeindepräsident geht davon aus, dass auch Albula und Lantsch/Lenz künftig wieder Surmiran in den Schulen unterrichten werden. Der Schulrat der beiden Gemeinden unterstütze den Unterricht im Idiom.

Klar ist: Verschwindet Rumantsch Grischun aus dem Bündner Lehrplan, muss der Kanton entsprechende Lehrmittel für die verschiedenen Idiome bereitstellen. Das sei eine Herausforderung, sagt Thomann, der sich seinerseits gegen die Initiative stark gemacht hatte. «Wir haben im Surmiran nicht so viele geeignete Übersetzer.» Ausserdem müssten sich Lehrkräfte aus dem Engadin oder Oberland Surmiran zuerst noch aneignen. Alles in allem «ein schwerer Schlag für das Romanische», wie er sagt.

Erfreut über den Ausgang der Abstimmung zeigten sich die Initiantinnen und Initianten. «Ich war von der Deutlichkeit des Entscheids überrascht», sagte Martina Ardüser vom Initiativkomitee am Samstag auf Anfrage. Im Vorfeld der Gemeindeversammlung habe sie einen knapperen Ausgang erwartet. Der Entscheid zeige, «dass Rumantsch Grischun in der Bevölkerung nicht akzeptiert» werde. Nach der Rückkehr von Surses zum Surmiran sei klar: «Rumantsch Grischun als Alphabetisierungssprache ist gescheitert.» (obe/jas/cao)

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