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Damit aus Grischa kein «Radio Gaga» wird: So entsteht das Musikprogramm des Senders

Das Radioprogramm auf Radio Grischa ist alles andere als eine Zufalls-Playlist. Der Musikchef lüftet nun ein paar Geheimnisse.

Bündner Woche
19.03.25 - 05:00 Uhr
Leben & Freizeit
Vorprogrammiert: Moderatorinnen wie Jessica Müller tasten das eigens zusammengestellte Musikprogramm nur in Ausnahmefällen an.
Vorprogrammiert: Moderatorinnen wie Jessica Müller tasten das eigens zusammengestellte Musikprogramm nur in Ausnahmefällen an.
Livia Mauerhofer

von Andri Dürst

Er ist nie am Mikrofon von Radio Grischa zu hören, aber er trägt dennoch eine wichtige Rolle beim Sender: Musikchef René Lenherr. Denn rund 80 Prozent eines Radiotages bestehen aus der Musik. René Lenherr fasst das Ganze so zusammen. «Ein Radioprogramm ist natürlich immer ein Paket mit Redaktoren, Moderatorinnen, Inhalten wie Nachrichten, Informationen, Service-Leistungen und so weiter – das Ganze wird aber umrahmt vom begleitenden Musikprogramm.» Doch wenn der Musikmix nicht anspreche, werde es schwierig, die Hörerschaft zu halten. «Das Musikprogramm ist somit der Teppich, auf dem alle Inhalte platziert werden oder stehen.»

Ein verlässlicher Begleiter

Doch auf welche Musik stehen die Radiohörenden von Grischa genau? «Das Musikprogramm von Radio Grischa ist ein runder Mix mit Hits, Perlen und ausgewählten, stimmigen Songs. Das Schwergewicht liegt auf melodiöser, aktueller Popmusik sowie bekannten Nummern aus den letzten Jahrzehnten.» Das Programm solle tagtäglich und rund um die Uhr die Hörerschaft positiv sowie verlässlich begleiten, nicht altbacken klingen oder anecken und doch ab und an ein wenig überraschen. «Sei es mit Neuheiten oder ‹schönen› Songs, die man schon länger nicht mehr gehört hat», so René Lenherr. Zudem fügt er an: «Wir spielen im Schweizer Quervergleich viele heimische Produktionen – auch Mundart hat bei uns noch stärkeres Gewicht. Natürlich binden wir auch das Bündner Schaffen ein.»

René Lenherr ist seit 2008 Musikchef des Senders.
René Lenherr ist seit 2008 Musikchef des Senders.

Resonanz erhalten die Verantwortlichen einerseits durch direkte Rückmeldungen. «Ab und an kommen unterstützende Rückmeldungen, gerade auch von Gästen, welche in Graubünden eine schöne Zeit verbringen – Musik und Erlebnisse sowie Emotionen harmonieren stark. Ab und an gibt es Wünsche oder Fragen – im Grundsatz aber eher selten.»

Andererseits liefert die Radioforschung wichtige Zahlen. Und diese schauen für den Sender in der Südostschweiz erfreulich aus, wie der Musikchef ausführt: «Aktuell sind wir in der Schweiz der privat-wirtschaftlich betriebene Sender mit der drittlängsten Hördauer pro Tag – unsere Hörerinnen und Hörer konsumieren also täglich eine im Schweizer Vergleich hohe Dauer ‹Radio Grischa›, was aus meiner Sicht einhergeht mit einem durchhörbaren, verlässlichen Programm, das keine Abschaltfaktoren oder Hörklippen produziert. Wir sind ein runder Begleiter im Sendegebiet oder über unsere Streamingkanäle.»

Alles wird durchgeplant

Doch wie entsteht ein Musikprogramm genau? Die Zeiten, in denen aus dem Keller staubige Langspielplatten geholt werden mussten, sind logischerweise vorbei. Doch tatsächlich wurden früher im Studio noch Platten oder CDs abgespielt. «Heute läuft alles digital ab Harddisk und Computer», sagt der Musikchef. «Als Musikredaktor bewirtschafte ich aktiv und laufend das Programm und die spielbaren Songs – die Winter- oder Weihnachtszeit zum Beispiel klingt anders als ein Sommertag. Ich definiere, wie eine Radiostunde aufgebaut ist (80er-Song, Neuheit, Klassiker und so weiter). Aus den Stunden wird ein Tag zusammengestellt mit Regeln, was wann und wie oft auf dem Sender laufen darf.» Zudem bestimme der Musikredaktor im Grundsatz die Struktur der Musikdatenbank – wie viele 90er-Songs, wie viele aktuelle Hits planbar seien und so weiter. Und ein bisschen moderne Technik ist auch dabei: «Aus all den spielbaren Songs plant eine unterstützende Radio-Software den Radiotag mit rund 350 Songs.» Doch der Feinschliff sei nach wie vor «Handarbeit»: «Ich als Musikredaktor bearbeite jeden Tag, bevor er am Radio ausgespielt wird – ich stelle das Programm von Hand um, wechsle Songs aus, bringe den gewünschten Fluss sowie auch eine persönliche Note rein.» Natürlich gehöre es auch zum Job, Neuheiten zu hören und zu entscheiden, was ins Programm passe oder nicht.

Doch was ist mit den Moderatorinnen und Moderatoren? Dürfen diese nicht ein wenig am Programm «schrauben»? Im Normalfall nicht, meint René Lenherr. Es gebe aber Ausnahmen: Wenn sie ein Thema, eine Neuheit oder eine Künstlerin aufgreifen oder Musiker im Studio zu Gast haben, dürfen sie die entsprechenden Songs natürlich ‹von Hand› einspielen.» Im Grundsatz sei die Musik aber gesetzt und soll nicht angetastet werden. «Die Musik ist ein strategisches Element des Produkts Radio Grischa.» Früher sei dies anders gewesen, da habe jede Moderatorin und jeder Moderator eine Kiste mit seinen Songs und Platten gehabt. «Heute ist dies zentralisiert in einer Musikredaktion. Ziel ist ein einheitliches, konstantes Programm.»

«Hasssongs» einfach rausnehmen?

Nun wollen wir aber noch wissen, was der Musikchef persönlich am liebsten hört. «Keine einfache Frage», kommt es zurück. Aufgrund seiner Funktion wechsle sein Lieblingssong eher schnell und stark. «Aktuell gefällt mir die neue Single von Milow zusammen mit Florence Arman, ‹Castaways› ... oder die aktuelle ‹Not At This Party› von Dasha.» Und umgekehrt: Welches Lied kann er nicht mehr hören? «Wenn ich einen Song nicht mehr hören kann, könnte ich ihn ja rausnehmen», scherzt er. Doch er gehe dies mit Abstand an. «Ich mache nicht primär für mich Radio oder spiele, was mir gefällt. Ein passender oder aktuell gefragter Song darf laufen, auch wenn ich ihn nicht mag oder hören will.» Trotzdem habe er persönlich ab und an Mühe mit neuen Nummern, die alte, gesetzte Hits verbauen oder aufgreifen würden. Viel Herzblut scheint er für die täglichen Elemente «Grischa-Hits» von 10 bis 11 sowie «5 Hits aus 5 Jahrzehnten» um 15.30 Uhr zu haben. «Da kann ich mich ausleben und schöne Perlen einbinden.»

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