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Hinter jeder Briefmarke steckt eine Geschichte

Zu Besuch im Ferienpass-Kurs des Philatelisten Verein Rätia Chur. Es geht um eine lange Reise einer Postkarte.

Bündner Woche
16.07.23 - 11:00 Uhr
Leben & Freizeit
Den Geschichten der Briefmarken auf der Spur.
Den Geschichten der Briefmarken auf der Spur.
Lorena Tino

Von Lorena Tino

Die Geschichte einer langen Reise wird erzählt. Die Reise einer Postkarte, die vor 120 Jahren von der Schweiz nach Burma versandt wurde. Eisenbahn, Schiff, Maulesel und Boten waren dazu nötig. Etwa einen Monat dauerte die Zustellung dieser Postkarte. Erzählt wird die Geschichte von Urs Calonder im Ferienpass-Kurs des Philatelistenvereins Rätia Chur.

Von der Schweiz bis nach Burma

Was Philatelisten sind? Da sie viel mit Geschichte zu tun haben, klären wir die Herkunft des Begriffs und die Bedeutung. Philatelie kommt aus dem Griechischen und setzt sich zusammen aus phil (freundlich, liebend) und atélia (Freiheit von Abgaben, Diensten). Das verrät aber noch nicht allzu viel. Die einfache Erklärung wäre dann also, dass Philatelisten Menschen sind, die sich für die Geschichte und das Sammeln von Briefmarken interessieren. So wurde im Ferienpass-Kurs die Gelgenheit genutzt, Jugendlichen die Faszination des Briefmarkensammelns zu vermitteln. Mit Lupe, Pinzette und Katalog ausgerüstet, konnten die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kurses einen Überblick über die Grundlagen der Philatelie erlangen und lernen, worauf man bei Briefmarken achten muss. «Es ist nie einfach nur eine Marke. Jede Marke hat eine Geschichte zu erzählen, man muss ihr nur auf den Grund gehen», weiss Vereinspräsident Urs Calonder.

Wie die Teilnehmenden dieses Kurses habe er bereits als Kind angefangen, sich für Briefmarken zu interessieren und sie zu sammeln. Vereinskollege Beat Cantieni stiess in den Ferien bei den Grosseltern darauf. Beide sind schon seit vielen Jahren Mitglieder des Vereins und stets begeistert von der Philatelie. «Es ist Allgemein- und Weiterbildung. Immer gibt es wieder etwas Neues, worüber man sich austauschen kann. Es verbindet», äussert Beat Cantieni seine Begeisterung. Da sich alle Sammler und Sammlerinnen in den eigenen Sammlungen auf ein bestimmtes Gebiet oder eine gewisse Art Marken konzentrieren, ist der Austausch sehr vielfältig und lehrreich.

«Es ist Allgemein- und Weiterbildung. Immer gibt es wieder etwas Neues, worüber man sich austauschen kann.»
Beat Cantieni

Doch seit wann gibt es überhaupt Briefmarken? 1840 wurde erstmals die Briefmarke eingeführt, nämlich im Vereinigten Königreich. Ihr Name: «Black Penny». Nur wenige Jahre später ist die Schweiz ebenfalls mit der Einführung der Briefmarke nachgerückt. Zwar erst mal nur mit kantonal gültigen Marken, 1850 folgte dann aber die erste Nationale Briefmarke. Wie Urs Calonder erklärt, seien aber natürlich schon vor der Einführung der Briefmarke, Briefe versendet worden. Dies sind Faltbriefe, die inhaltlich sehr interessant und geschichtlich relevant sein können. «Diese Briefe nennt man vorphilatelische Briefe», ergänzt Beat Cantieni.

In der Kiste wühlen.
In der Kiste wühlen.
Durchs Album blättern.
Durchs Album blättern.
Gesucht und gefunden: Jetzt die Marke schön ins eigene Album einreihen.
Gesucht und gefunden: Jetzt die Marke schön ins eigene Album einreihen.

«Ich habe schon eine ganze Seite gefüllt», hört man im Hintergrund eine Teilnehmerin des Kurses freudig rufen. Denn in der Zwischenzeit hat sich der potenzielle Philatelistennachwuchs ans Durchwühlen von Briefmarkensammlungen gemacht. Alle dürfen vier Seiten ihres Albums mit Marken ihrer Wahl füllen. Wie die älteren Philatelisten und Philatelistinnen haben die Kinder schon eine Vorliebe für bestimmte Marken festgelegt. Tiere, Sport, Marken aus dem Geburtsort, aber auch von allem ein bisschen, sind die Antworten, wenn man danach fragt. So wird fleissig in den Kisten voll Briefmarken gewühlt, gesucht, gestaunt und gejubelt.

Neugierde lässt hoffen

Diese Neugier und Begeisterung lässt die Vereinsmitglider hoffen, das Interesse an der Philatelie bei den Jugendlichen geweckt zu haben und vielleicht in der Zukunft auch neuen Zuwachs für den Verein zu gewinnen. Seit einigen Jahren gibt es keine Jugendgruppe mehr, womit dieser Kurs nun der erste Versuch ist, die Philatelie wieder unter das junge Volk zu bringen. Der nächste Schritt wird das Durchführen von halbtägigen Kursen für Jugendliche sein, die monatlich stattfinden sollen. «Die Mitgliederzahl von 70 Personen hält sich stabil, doch es ist klar, dass wir alle älter werden und es wie überall Nachwuchs braucht», klärt der Vereinspräsident auf. Der 1905 gegründete Verein gehört zu den ältesten, noch aktiven Philatelistenvereinen der Schweiz. Dass es weitergehen werde, ist laut Urs Calonder gar keine Frage. Es werde sich aber sicher einiges verändern.

Der Wert einer Marke wird durch viele Faktoren festgelegt. Man würde meinen, seltene Exemplare sollten wertvoll sein, doch wenn diese nicht gesammelt werden, sind sie trotz Seltenheit keine Kostbarkeiten. Die Sammlung macht den Wert einer einzelnen Marke aus. «Man hat zu seiner eigenen Sammlung einen gewissen Bezug, der nichts mit dem Wert zu tun hat», führt Beat Cantieni aus. «Früher zählte die ‹Basler Taube› als Rolls-Royce der Briemarken, heute kann man sie zu einem geringen Preis kaufen», fügt Urs Calonder zum Verständnis an. Zudem sollen heute Briefmarken auch als Investitionen und Wertanlagen angeschafft werden, was das ganze Spiel nochmals verändert.

Der Ferienpass-Kurs neigt sich dem Ende zu. Die Alben wurden fleissig gefüllt, das Material eingesammelt und das neue Wissen gut abgespeichert. Nach und nach verabschieden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kurses.

Weitere Informationen rund um das Thema sind auf folgender Webseite zu finden: www.phila-raetia.ch

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