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Es wird mehrsprachig parliert

Vergangene Woche fand im Kongresszentrum eine Tagung zur Thematik «Mehrsprachigkeit aus einer wissenschaftlichen, schulischen, wirtschaftlichen und politischen Perspektive» statt.

Davoser
Zeitung
16.11.23 - 12:00 Uhr
Ereignisse
Moderator Claudio Spescha (mitte) im Gespräch mit Regierungsrat Jon Domenic Parolini und Dagmar Rösler (Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz).
Moderator Claudio Spescha (mitte) im Gespräch mit Regierungsrat Jon Domenic Parolini und Dagmar Rösler (Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz).
zVg

Dabei wurden über 60 Forschungsprojekte sowie aktuelle Befunde vorgestellt und ihre schulische, bildungs­politische und gesamtgesellschaftliche Relevanz mit rund 260 Teilnehmenden diskutiert.

Organisiert wurde die Fachtagung von den pädagogischen Hochschulen aus den Kantonen Graubünden, Wallis und Tessin im Auftrag des Bundesamtes für Kultur und in Kooperation mit der EDK, der Kammer PH von Swissuniversities, der Arbeitsgruppe Fremdsprachen der Kammer PH und dem Institut für Mehrsprachigkeit. Ihr Ziel war es, bestehende Wissensbestände zu differenzieren, neue Perspektiven kennenzulernen und die schulische, bildungspolitische und gesamtgesellschaftliche Relevanz von Mehrsprachigkeit zu diskutieren.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion vom Donnerstag mit Vertretenden aus Politik, Bildung, Wirtschaft und Wissenschaft wurde auf der Bühne zwar mehrsprachig parliert, die sonst üblichen Kopfhörer mit der Simultanübersetzung fehlten aber. In dieser Runde ging man davon aus, dass die Teilnehmenden nicht nur über Mehrsprachigkeit sprechen, sondern es selber sind. Auf die provokante Frage des Moderators von Claudio ­Spescha (SRF) hin, ob man sich in Graubünden Romanisch und Italienisch ange-sichts des Fachkräftemangels überhaupt noch leisten könne, betonte Regierungsrat Jon Domenic Parolini die Bedeutung der verschiedenen Sprachen im Kanton Graubünden: «Trotz der zunehmenden Dominanz der englischen Sprache in unserer Gesellschaft nehmen die drei Kantonssprachen Deutsch, Romanisch und Italienisch im Berufsalltag einen ­hohen Stellenwert ein».

Praktiker braucht das Land

Benedikt Weibel, Unternehmer und ehemaliger SBB-Chef, erinnerte sich, wie seine Französischkenntnisse ihm einst einen Posten bei den französischen Staatsbahnen eingebracht hatten, und wies ausserdem auf die Bedeutung der Berufslehre hin: «Sie muss aufgewertet werden. Praktiker werden gebraucht.» Die Förderung der Mehrsprachigkeit sei eine dauernde Aufgabe, fand Susanne Hardmeier, Generalsekretärin der Konferenz der nationalen Erziehungsdirektionen. Der Austausch unter den Sprachregionen spiele dabei eine wichtige Rolle. «Dabei wird gegenseitiges Verständnis gefördert und der Wunsch gelegt, die andere Sprache lernen zu wollen.» Ähnlich argumentierte Délphine Etienne-Tomasini, Rektorin der Pädagogischen Hochschule Freiburg: «Mehrsprachigkeit erlaubt es, Diversität zu leben.» Heinz Rhyn, Präsident der Kammer PH von Swissuniversities und Rektor der PH Zürich betonte, dass man auf das setzen müsse, was funktioniere. «Sprachlabore waren ein Flop, Immersion funktioniert.» Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz warnte vor zu hohen Erwartungen. Das Ziel sei es, Freude an und Neugierde auf die fremde Sprache zu wecken. «Dazu müssen wir davon wegkommen, von Anfang an korrekte Sätze bilden zu wollen. Einfach mal anzufangen, ist wichtiger.» In einem waren sich die Podiumsteilnehmenden indes einig: Die Jugendlichen würden einen einfachen Zugang zur englischen Sprache finden, was sich im stetigen Anstieg des durchschnittlichen Kompetenzniveaus in den letzten Jahren zeige.

Dauernde Herausforderung

Die Forderungen der Politik nach raschen Erkenntnissen bezüglich effizientem und effektiven Fremdsprachenunterrichtes stelle die Forschung an den Hochschulen zuweilen vor grosse methodische Herausforderungen, lautet denn auch ein Fazit der Tagung. In der Strategie 2021 bis 2024 der Kammer der pädagogischen Hochschulen steht nämlich, dass der rasche gesellschaftliche Wandel und die damit verbundenen Veränderungen des Lehrens und Lernens sowie die steigenden Anforderungen an Bildungsfachleute eine Intensivierung der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit an pädagogischen Hochschulen erfordern. Entsprechend schloss der Rektor der PH Graubünden, Gian-Paolo Curcio, mit den Worten: «Einerseits haben wir den Expertinnen und Experten ermöglicht, Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in der nationalen ‹science community› auszutauschen, zweitens haben wir damit eine Standortbestimmung bezüglich der zehnjährigen Förderperiode des Bundes vorgenommen, welche als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung verwendet werden kann, und drittens ist das Erlernen einer zweiten Landessprache für die nationale Kohäsion in der Schweiz eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung. Die Dominanz des Englischen sowie die Entwicklung neuer Technologien zwingt uns dazu, die Lage laufend oder mindestens regelmässig neu zu beurteilen.»

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