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So funktioniert das Contact Tracing in Graubünden

Mit Contact Tracing sollen die Ansteckungen von Covid-19 nachverfolgt und entsprechend eingedämmt werden können. Die App ist noch nicht im Einsatz, zurzeit werden noch alle Personen telefonisch angerufen. RSO-Reporter Patrick Ulber hat die Leiterin des Contact Tracing im Kanton Graubünden, Nicole Patricia Dahmen, besucht.

Südostschweiz
29.05.20 - 10:36 Uhr
Leben & Freizeit
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Bald soll auch die Contact-Tracing-App zum Einsatz kommen, um die Dienststellen zu unterstützen.
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Contact Tracing ist der Schlüsselbegriff für die Nachverfolgung und somit die Eindämmung der Ansteckungen mit dem Coronavirus. Dabei ist das Ziel, die Infektionsketten zu unterbrechen, indem die Erkrankten und deren Kontaktpersonen umgehend in Isolation respektive in Quarantäne gesetzt werden können. Wie das genau abläuft und organisiert ist, erzählt Nicole Patricia Dahmen, Leiterin des Contact Tracing im Kanton Graubünden, im Interview mit Patrick Ulber.

Wie sieht ein Tagesablauf von Ihren Contact Tracern aus?

Die Hotline ist aufgeschaltet von 8 bis 17 Uhr. Wir treffen uns entsprechend vor 8 Uhr, um zu besprechen, was reingekommen ist, wir schauen die Aufgaben an, die anstehen und verteilen diese.

Wie läuft das genau ab, wenn Sie jemanden anrufen und sagen, dass er/sie Kontakt mit einer Covid-19 infizierten Person hatte?

Es ist alles unter absolutem Datenschutz. Wir dürfen da nichts über die Person sagen, mit der man Kontakt hatte. Wir rufen die Person an und sagen, dass sie Kontakt zu einer infizierten Person hatte. Dann gibt es einen Fragebogen, den wir systematisch abfragen. Wir bekommen die Informationen vom Arzt der erkrankten Person geschickt beziehungsweise die erkrankte Person muss ihre Kontaktpersonen angeben und wir telefonieren diese dann ab.

Was sind das für Fragen, die Sie den Leuten stellen?

Die Fragen sind nach den Symptomen der Person. Ob sie Symptome haben oder nicht. Wie es ihnen geht. Ob sie irgendwelche Bedürfnisse haben. Ob sie medizinische Hilfe brauchen etc.

Seit dem 11. Mai ist das Contact Tracing in Graubünden eingeführt. Wie viele Personen sind bei Ihnen aktuell im Einsatz?

Ich bin als Leiterin dabei und habe zwei Zivilschützer, die mich bei dieser Arbeit unterstützen. Am Anfang hatten wir drei Zivilschützer, konnten das dann aber etwas zurückfahren. Je nach Verlauf können wir die Massnahmen anpassen.

Was haben die Personen, die beim Contact Tracing arbeiten für einen Hintergrund? Sind die Zivilschützer einfach normale Zivilschützer oder haben diese einen medizinischen Hintergrund?

Das sind normale Zivilschützer. Diese werden entsprechend eingewiesen und eingeschult, bevor sie mit der Arbeit beginnen. Wir haben immer Kontakt zu der Kantonsärztin und ich habe auch einen medizinischen Hintergrund. Viele Dinge kann ich alleine klären und andere werden mit kantonsärztlicher Unterstützung geklärt. Wenn jemand medizinische Probleme hat, wird das im Fragebogensystem erfasst und die Person bekommt Hilfe.

Es soll bald auch die Contact-Tracing-App zum Einsatz kommen. Wie würde diese Ihre Arbeit unterstützen?

Die Leute können dann wählen, ob sie den persönlichen Kontakt haben wollen, wo wir jeden Tag mit ihnen telefonieren und Fragen stellen oder ob sie das über die App laufenlassen möchten. Sie können sich die App herunterladen und über eine Push-Meldung wird die Person am Morgen daran erinnert, den Fragebogen auszufüllen. Das wird dann in unser System eingeschleust und wir sehen dort alle Angaben, die die Person macht. Wenn jemand ein medizinisches Problem hat, Unterstützung braucht mit Lebensmitteln oder mit der Quarantäne oder der Isolation nicht zurechtkommt, dann sehen wir das und können ihnen helfen.

Es ist ein Stück weit also eine Erleichterung Ihrer Arbeit.

Genau, ja. Aktuell ist diese App aber noch nicht im Einsatz und wir telefonieren alle Personen ab.

Wie reagieren diese Leute, wenn Sie sie kontaktieren und sagen, dass sie Kontakt mit einer Person hatten, die das Coronavirus hat?

In der Regel sind sie nicht überrascht, weil sie von der erkrankten Person direkt informiert wurden, dass sie diese als Kontaktperson angegeben hat. Sie reagieren durchwegs positiv. Wir fragen sie dann, wie es ihnen geht und haben Verständnis für die Situation, indem wir sie dort abholen, wo sie gerade sind, mit allen Sorgen und Problemen. Dann fühlen sie sich geborgen. Natürlich ist es für sie hart, zehn Tage eingesperrt zu sein. Quarantäne ist per se nicht lustig. Bisher hat aber nie jemand reklamiert, dadurch, dass wir die Leute wirklich ernst nehmen, auch mit ihren persönlichen Anliegen. Sie dürfen uns erzählen, wie es ihnen geht und so weiter.

Dann liegt die Schwierigkeit also eher darin, eine Nummer dieser Person ausfindig zu machen, als der Umgang mit den Leuten selber?

Ja, es ist eher das Problem, dass die angegebene Telefonnummer nicht stimmt oder wenn es kantonsübergreifende Fälle gibt, diese den entsprechenden Stellen zuzuweisen. Es sind administrative Sachen, wo es Probleme gibt. Aber zwischenmenschlich finde ich das gar nicht problematisch.

(ulp/hin)

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